Podiumsdiskussion zum Zweinutzungshuhn: Ei und Fleisch gehören zusammen

08 Februar 2024
Zweinutzungshuhn
Zweinutzungshuhn

Anlässlich des Tages des Zweinutzungshuhns, der am 22. Januar 2024 bereits zum dritten Mal stattfand, diskutierte ein prominent besetztes Podium in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin über die nächsten Schritte auf dem Weg zu dem Öko-Huhn mit Zukunft. So zumindest lautet eine Zukunftsvision. Der Dialog zum Tag des Zweinutzungshuhns macht deutlich: Das Zweinutzungshuhn braucht ein verbindliches Engagement entlang der gesamte Wertschöpfungskette.

Der Neuland e.V. und die Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ) hatten wichtige Vertreter aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Tierschutz, Politik und Lebensmittelhandel zum Dialog über die Frage eingeladen, wie das Zweinutzungshuhn einen Beitrag zur Tierwohldebatte und Ernährungswende leisten kann und was es dazu aus Politik und Wirtschaft braucht.

Es herrschte Einigkeit darüber, dass weitere Aufklärung insbesondere in Richtung der Verbraucher nötig ist, um das Zweinutzungshuhn als zukunftsweisendste Form der Geflügelhaltung bekannter zu machen. Dem Handel und seiner Kommunikationshoheit bei Lebensmitteln wurde dabei eine besonders verantwortungsvolle Rolle gegenüber der Gesellschaft zugeschrieben.

Ganze Wertschöpfungskette gefragt

„Solange Ei und Fleisch von der Zucht über die Vermarktung bis zu den Verbrauchern nicht als Einheit begriffen werden, wird das Zweinutzungshuhn nicht zum Standard in der Bio-Erzeugung werden.“, betonte Inga Günther, Geschäftsführerin der ÖTZ. Um das Engagement des Naturkostfachhandels am Beispiel der Kampagne „1 Cent für die Zucht“ auszuweiten, sei nun die ganze Wertschöpfungskette gefragt. Über die beiden Anbauverbände Bioland und Demeter sowie vom Naturkostfachhandel seien bereits über 1,6 Millionen Euro in den Aufbau der Strukturen geflossen. Jetzt gehe es darum, den Lebensmitteleinzelhandel in die Verantwortung zu nehmen und ein verbindliches Engagement am Beispiel der Naturkostpioniere einzufordern.

„Wenn sich der LEH engagiert, ist die Abnahme der Produkte gesichert“

Für die Ausweitung von Zweinutzungshühnern in der Produktion von Ei und Fleisch sind aus Sicht der Landwirte Markteinführungsprogramme und Informationskampagnen nötig, um den Mehrwert der Produkte abseits der Direktvermarktung auch im Ladenregal des Lebensmitteleinzelhandels kommunizieren zu können. Christine Bremer, Betriebsleiterin von Bio-Hof „Heide-Geflügel“, machte am Beispiel der Fleischvermarktung deutlich, wo die Grenzen ihres Engagements liegen: “Solange ich die Hähne nicht genauso gut wie die Eier verkauft bekomme, muss ich sie über den Anbau unserer Kartoffeln quersubventionieren und jährlich eine weitere Tiefkühltruhe anschaffen.”

Dr. Matthias Schmutz von der Lohmann Breeders GmbH bestätigte diese Aussage mit seinen Erfahrungen aus der Schweiz, wo sich der Lebensmittelhändler Coop in der Vermarktung von Produkten der Linie Lohmann Dual engagiere: “Sobald es ein eindeutiges Commitment von Seiten des Handels gibt, ist die Abnahme der Produkte gesichert.”

LEH – mehr als Pilotprojekte derzeit noch nicht drin

Der deutsche Lebensmittelhandel nimmt sich dieses komplexen Themas nur zögerlich an und ist für ein verbindliches Commitment zur Förderung noch nicht bereit. “Wir pilotieren in einem ersten regionalen Projekt das Zweinutzungshuhn”, sagte Katharina Bornhold von der Rewe Group. Isabell Kuhl von Alnatura berichtete, dass sinnvolle Maßnahmen, wie die Förderung von Zweinutzungshühnern, bei Alnatura ein zentrales Anliegen der Qualitätsentwicklung seien.

Zwar seien laut Kathrin Jäckel, Geschäftsführerin des Bundesverband Naturkost und Naturwaren e.V. (BNN), in den letzten Jahren 1 Cent pro gehandeltem frisch Ei an die ÖTZ geflossen, damit sich das Zweinutzungshuhn langfristig etablieren könne. Das genüge jedoch nicht. Es müssten zudem zusätzliche Anreize, zum Beispiel Tierwohlprämien, geboten werden.

„Königsweg“ Zweinutzungshuhn

Dr. Ophelia Nick, Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), appellierte an die Anwesenden den „Königsweg“ Zweinutzungshuhn weiter auszubauen. Die Verstetigung der aufgebauten Strukturen müsse mit Ende der öffentlichen Projektförderungsmöglichkeiten im Mittelpunkt der Bemühungen stehen.

Jochen Dettmer, Vorstandssprecher von Neuland e.V., betonte in seinem Schlusswort die Notwendigkeit eines Politikmixes, um das Marktsegment nachhaltig zu erschließen. Dazu gehöre neben der Verstetigung der Zucht, die Änderung des Tierzuchtgesetzes sowie eine einzelbetriebliche Förderung und Stärkung der Wertschöpfungskette durch Markteinführungs- und Informationskampagnen.

Geflügelnews, Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ)
Bild: Finn

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