Das Zweinutzungshuhn nicht von vornherein abtun

19 März 2023
Zweinutzungshuhn
Zweinutzungshuhn

"Bio-Legehennen sind von konventionellen Legehennen kaum noch zu unterscheiden. Daran hat sich in den letzten 20 Jahren wenig geändert. Aber mit dem Zweinutzungshuhn kann sich der Bio-Geflügelsektor in Zukunft stärker profilieren", sagt die niederländische Geflügeltierärztin Vera Bavinck.

"Verbannen Sie das Zweinutzungshuhn nicht gleich aus Ihrem Kopf, nur weil es sich heute nicht lohnt", sagt die Geflügeltierärztin Vera Bavinck. "Unterschätzen Sie nicht die Macht einer guten Geschichte. Mit der richtigen Geschichte könnte die Haltung von Zweinutzungshühnern ein schöner Nischenmarkt für den Biosektor werden. Zweinutzungshühner, deren Hennen Eier mit Futter aus Restströmen legen und deren Hähne für den Fleischkonsum geschlachtet werden, sind eine großartige Geschichte. Eine kleine Gruppe von Verbrauchern ist bereit, über 50 Cent pro Ei und über 20 Euro pro Kilo Hähnchen von einem Zweinutzungshuhn zu bezahlen. Diese Gruppe ist im Moment sicherlich noch nicht groß, aber sie könnte wachsen, da immer mehr Verbraucher ein größeres Bewusstsein für Lebensmittel entwickeln."

Bavinck hat viele Jahre lang als Tierärztin für die Geflügelpraxis Avivet gearbeitet. Vor zwei Jahren gründete sie zusammen mit ihrem Kollegen Roland Bronneberg das Unternehmen Fair Poultry. Bavinck und Bronneberg betreuen als Tierärzte die Legegeflügelbetriebe, sind aber auch an Projekten wie der Haltung von Zweinutzungshühnern beteiligt.

297 Eier in 75 Wochen

"Gemeinsam mit einer Gruppe von Geflügelzüchtern und Menschen aus der Geflügelindustrie wollen wir eine Legehenne einsetzen, die nicht nur gut Eier legt, sondern auch Küken hervorbringt, die ausreichend wachsen. Ziel ist es, eine Alternative für die Tötung von Eintagsküken im Legesektor zu finden", erklärt Bavinck. "Gleichzeitig wollen wir eine Henne halten, die weniger Eier legt und auch weniger Kollateralschäden durch das Legen erleidet, zum Beispiel Brustbeinfrakturen. Gemeinsam mit einer Gruppe von Geflügelzüchtern untersuchen wir, ob diese neuen Hühnerrassen in Zukunft in größerem Umfang gehalten werden können."

Dazu hält Fair Poultry in Mobilställen seit mehr als einem Jahr Zweinutzungshühner der Herkunft Sasso Silver und verfolgt deren Leistungen. "Die Hennen legen nicht so viele Eier wie konventionelle Hühner. Nach Angaben des Zuchtunternehmens Hendrix Genetics sind es 297 Eier in 75 Wochen", sagt Bavinck. "Die Eierproduktion unserer Hühner liegt derzeit bei etwa 70 Prozent. Im Mobilstall erhalten die Hühner zusätzlich zum Tageslicht eine moderate Zusatzbeleuchtung. Wenn wir den Hühnern etwas helleres Licht geben, bleibt die Eierproduktion hoffentlich etwas länger über 70 Prozent und wir können die Legedauer verlängern.

Ein Huhn, das viel aushält

Die Hähne von Zweinutzungsrassen haben eine deutlich höhere Futterverwertung als Masthähnchen aufzuweisen. "Herkömmliche Masthähnchen haben eine Futterverwertung von 1,4. Bei den Hähnen der Zweinutzungsrassen liegt sie bei 5,6 bis 6 bei einem Schlachtgewicht von 2,65 Kilo und einem Lebendgewicht von 1,6 Kilo nach 14 bis 16 Wochen", so Bavinck. Die Eier und das Fleisch müssen daher zu deutlich höheren Preisen verkauft werden.

Dennoch sieht Bavinck Potenzial. "Gemeinsam mit Hendrix Genetics wollen wir ein Huhn züchten, das viel aushalten kann. Die Legehennen von heute sind Spitzensportler. Wenn das Futter oder das Klima nicht optimal ist, sieht man das direkt an den Ergebnissen. Einige Bio-Legehennenställe sind schon etwas älter. In diesen Ställen ist es manchmal schwieriger, ein optimales Stallklima zu schaffen. Als Tierärzte sehen wir zum Beispiel auch, dass bestimmte Legerassen anfälliger für infektiöse Bronchitis (IB) sind."

"Wir wollen eine Rasse züchten, die auch mit minderwertigem Futter wie Reststoffen - zum Beispiel aus dem Gartenbau - Eier legen kann und deren Hahn auch eine ordentliche Fleischproduktion hat. Die niederländische Viehwirtschaft ist in hohem Maße von der Einfuhr von Futtermittelrohstoffen abhängig. Die Preise für ökologische Futtermittel beispielsweise sind wegen des Krieges in der Ukraine in die Höhe geschnellt. Für die niederländische Viehwirtschaft ist es gut, weniger abhängig von Rohstoffimporten zu sein."

Tom Schotman
Bild: Geflügelnews

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