Das Thema Insektenzucht ist derzeit in aller Munde. Als eiweißreiches Futter für Nutz- und Heimtiere sind Insekten geeignet. Aber rechnet es sich, sie anstelle von Schweinen oder Puten in hiesigen Ställen zu „mästen“?
Zucht von Insekten: Das große Krabbeln im Putenstall?
Viele Tierhalterinnen und Tierhalter sind aktuell auf der Suche, wie sie ihren Betrieb zukunftsfähig machen können. Sauenhalter und -halterinnen denken an einen Ausstieg wegen fehlender Perspektiven, Putenmäster und -mästerinnen, weil sie die Geflügelpest und ihre Folgen fürchten.
Derzeit wird viel über das Thema Insektenzucht berichtet. Hierbei geht es in erster Linie um die Schwarze Soldatenfliege. Deren Larven sind sehr eiweißreich und dürfen als Alternative etwa zu Soja im Geflügel- oder Schweinefutter eingesetzt werden. Einen Platz erobert haben sie sich schon im lukrativen Heimtierfuttermarkt. Dieser Markt ist aber begrenzt.
Es geht um die Schwarze Soldatenfliege
Um die Larven der Schwarzen Soldatenfliege bei Nutztieren als Eiweißfutter einsetzen zu können, müsste eine gewisse Verfügbarkeit da sein. Wäre das über eine Produktion in hiesigen Ställen möglich? Die wichtige Frage für Landwirte dabei: Ist die Insektenzucht wirtschaftlich möglich?
Mit dieser Frage befassen sich aktuell auch große namhafte Firmen der Agrarbranche. So bietet ein Tochterunternehmen vom Stallausrüster Big Dutchman, „Better Insect Solutions“, in einer Kooperation das Komplettpaket an von Mastanlage für den landwirtschaftlichen Betrieb, Belieferung mit Junglarven und Abnahme der gemästeten Larven. Auf einer Veranstaltung am Firmensitz in Vechta-Calveslage gab es jetzt Informationen aus erster Hand.
Die Zahl von rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern spiegelte wider, wie groß das Interesse an diesem Thema zurzeit ist. Neben Landwirten waren Berater/-innen und auch Vertreter/-innen der Futtermittelwirtschaft vor Ort.
Die Schwarze Soldatenfliege (Hermetia Illucens) ist eine ursprünglich in Südamerika beheimatete Art, die sehr anpassungsfähig ist. Sie benötigt viel Wärme. Die weibliche Fliege legt 450 bis 900 Eier und stirbt dann ab. Die Eier schlüpfen nach vier Tagen, die Junglarven werden nach fünf Tagen an den landwirtschaftlichen Betrieb geliefert und eine Woche später - gemästet und getrocknet oder gefroren - wieder abgenommen.
Das macht der Kooperationspartner „FarmInsect“. Der ist ebenso für den Nachschub an Junglarven zuständig – ein schwieriges Geschäft, das am besten bei den Spezialisten aufgehoben ist.
Einbaubar in vorhandene Ställe
Aus 1 kg Eiern werden im kurzen Lebenszyklus 5 t Mastlarven. Gearbeitet wird mit einem Kistensystem. Die Kisten – mit Futter und Junglarven befüllt – bleiben auf dem landwirtschaftlichen Betrieb eine Woche in sogenannten Klimakammern und sind dann „erntereif“. „Better Insect Solutions“ und „FarmInsect“ arbeiten mit einem standardisierten, modularen System, das auch für den Einbau in bestehenden Ställen gedacht ist. Der Stallausrüster konnte für die Entwicklung des Produktionssystems für die Insekten auf bestehende und bewährte Technik zurückgreifen, die entsprechend modifiziert wurde – Isolierung, Klimaführung, Lüftung, Heizung, Abluftreinigung etc.
Die Larven haben einen sehr hohen Wärmebedarf. Interessant dürfte die Kombination mit einer Biogasanlage sein. Zum einen, wenn Abwärme genutzt werden kann. Zum anderen kann der Reststoff, wenn die fertigen Larven aussortiert sind („Fraß“), sehr gut über die Biogasanlage verwertet werden.
Der Gasertrag von 1 t Fraß entspricht annähernd dem Gasertrag von 1 t Maissilage. Das Biogas gilt als CO2-neutral.
Erste Emissionsmessungen Insektenzucht
Für einen Bauantrag, bzw. eine Nutzungsänderung für bestehende Ställe müssen die Emissionen berücksichtigt werden. Laut „FarmInsect“ haben erste Messungen ergeben, dass eine „Masteinheit“ von 150 t Jahresproduktion Larven dem NH3-Anfall von 45 Schweinemastplätzen/Jahr entspricht.
Für die Insektenzucht spricht ihre Nachhaltigkeit. Die Futterverwertung ist noch effizienter als bei Geflügel, Wasser- und Landverbrauch sind, bezogen auf das erzeugte Protein, niedriger. Und das Insektenprotein wird regional erzeugt.
Verschiedentlich kam die Frage auf, ob künftig Lebensmittelreste als Futter für die Insektenlarven verwendet werden könnten oder zum Beispiel Gülle. Das wäre im Sinne von Nachhaltigkeit sicherlich sehr zu begrüßen, scheint aber aktuell noch nicht in Reichweite zu sein.
Fazit: Die regionale Produktion von Eiweißfutter aus Insekten ist politisch sicher gewollt. Ob sie sich für den einzelnen Betrieb bei einer Investition ab etwa 800.000 € rechnen kann, hängt von vielen Faktoren ab. Ein Teilnehmer sagte es so: „Habe ich nicht mehr genutzte Putenställe und daneben eine große Biogasanlage mit Wärmeüberschuss, sieht die Rechnung ganz anders aus, als wenn ich alles neu auf der grünen Wiese bauen muss.“
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