Klimaneutrale Geflügelprodukte?

26 März 2024
Energie
Hähnchen

In jeder Tierhaltung entstehen auch immer klimaschädliche Gase. Diese lassen sich zwar ein Stück weit reduzieren, doch um Klimaneutralität zu erreichen, braucht es noch mehr: ein gesamtbetriebliches Energiekonzept.

Bei Emissionen aus der Tierhaltung denken viele Menschen vor allem an Gerüche, Stäube und Ammoniak. Wenn es um Klimagase geht, stehen jedoch Methan und Lachgas im Fokus. Über Klimagase in der Geflügelproduktion sprach Prof. Wolfgang Büscher von der Universität Bonn bei der Frühjahrstagung der Deutschen Vereinigung für Geflügelwissenschaften im März in Vechta.

Methan- und Lachgasemissionen haben – anders als Ammoniak – bisher keine Relevanz für die einzelbetrieblichen Genehmigungsverfahren, sondern sind vielmehr gesamtgesellschaftliche Herausforderungen. „Ammoniak hat eher eine Umweltrelevanz, Lachgas dagegen ist klimarelevant“, sagte Büscher. Die größte Quelle für klimarelevante Gase aus der Tierhaltung ist zwar global gesehen die Rinderhaltung, aber auch in der Geflügelproduktion entstehen relevante Mengen an Treibhausgasen. Und je größer die Geflügelbranche eines Landes, umso größer ist natürlich auch der Anteil der Treibhausgase aus diesem Sektor.

Kaum belastbare Datengrundlage

Dabei ist es jedoch schwierig, die emittierten Mengen an Treibhausgasen im Detail anzuschauen, denn es gibt wenig aktuelle und vor allem wenig belastbare Daten. „Besonders dann, wenn wir verschiedene Haltungsverfahren oder unterschiedliche Produktionsrichtungen miteinander vergleichen wollen, wird es schwierig konkrete Zahlen zu finden“, sagte Büscher.

Grundsätzlich stehen Geflügelprodukte, vor allem im Vergleich zu Rindfleisch, zwar sehr gut da, wenn es um die Klimabelastung geht. Auch die Futterverwertung von Geflügel ist vergleichsweise hoch. „Aber dennoch kommen wir niemals in den Bereich der pflanzlichen Produkte“, da ist sich Büscher sicher. „Wenn wir mit Ersatzprodukten aus dem Bereich konkurrieren, ist es schwierig, konkurrenzfähig zu sein.“

Möglichkeiten, die Emissionen aus der Geflügelproduktion zu senken, gibt es dennoch. Von einer hält Prof. Büscher jedoch wenig: „Die Abluftreinigung, die Wunderwaffe der Genehmigungsbehörden, bringt überhaupt nichts in Bezug auf klimarelevante Gase“, sagte Büscher. Stattdessen mache die Abluftreinigung die Problematik nur noch heftiger, weil sie jede Menge Energie verbrauche. Für eine möglichst klimaneutrale Tierhaltung braucht es daher andere Maßnahmen.

Die Hauptquelle für Klimagase in der Geflügelproduktion ist immer – egal in welchem Haltungsverfahren – das Futter. Und da, wo die Futterverwertung und die Futtereffizienz am höchsten sind, dort ist der Klimafußabdruck am geringsten. Gänzlich verhindern lassen sich Klimagase jedoch nie und allein durch Emissionsminderungen lässt sich keine Klimaneutralität erreichen. Stattdessen kann jedoch eine Bilanzierung des gesamten landwirtschaftlichen Betriebes helfen.

Produktion von Wärme und Strom anpassen

Dafür muss die Energienutzung optimiert werden und der Anteil zugekaufter Treibstoffe und Strom minimiert oder selbst produziert werden.
Sowohl in der Eiererzeugung als auch in der Mast macht einen Teil des energetischen Aufwands die Ventilation aus. Den größten Aufwand stellt jedoch die Wärme in der Aufzucht dar. Daher ist es sinnvoll, die Haltungsverfahren wärmetechnisch zu optimieren. Es müsse mehr Wert auf Wärmedämmung und Wärmeschutz in den baulich, technischen Anlagen gelegt werden oder effizientere Energieerzeugungssysteme zum Einsatz kommen, sagte Büscher. Selbsterzeugter Strom oder feste Absprachen mit Biogasproduzenten aus der Nachbarschaft würden ebenfalls einen Beitrag leisten. Es gehe also vor allem um den technischen Bereich. „Das hat gar nichts mit Emissionsminderung zu tun, sondern das sind technische Konzepte des Einzelbetriebes“, sagte Büscher. Die seien erforderlich, um die Klimaneutralität rein rechnerisch erreichen zu können.

Anzustreben sei dafür eine einfache einzelbetriebliche Klimabilanz. Diese Herangehensweise sei eine neue technologische Herausforderung. „Wir haben das in den Konzepten unserer Gebäudeentwicklung vielleicht auch nicht ernst genug genommen, weil die zugekaufte Energie immer sehr günstig war“, gibt Büscher zu bedenken.

Klimaneutral entlang der gesamten Produktion

Zukünftig müssten alle Produzenten in der Kette – von der Brüterei bis zum Schlachtunternehmen – in ihrem eigenen Betrieb versuchen, eine Klimaneutralität anzustreben. Daraus ließe sich dann am Ende, entlang der gesamten Kette eines Produktes, ein seriöser und valider Klimafußabdruck ableiten.

Im Sinne einer konsequenten Vergleichbarkeit sollten dafür vorhandene DIN-Normen für die Kalkulation genutzt werden. Nur so entstünden nachvollziehbare Werte, anhand derer sich Produkte auch tatsächlich vergleichen lassen.

Der Weg zu einer klimaneutralen Geflügelhaltung gehe derzeit also vorrangig über die Vermeidung fossiler Brennstoffe und über „CO2-Äquivaltene-Gutschriften“ für die Strom-Erzeugung, da ist sich Büscher sicher.

Land und Forst / Leonie Jost
Bild: ZDG

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