Ab 2024 kann eine Geschlechtsbestimmung im Brutei von Legehennen und anschließende Sortierung bis zum 12. Bruttag erfolgen. Zur Geschlechtsbestimmung wurde viel geforscht und entwickelt. Welche Verfahren haben sich bereits etabliert?
Ein Urteil, dass das Bundesverwaltungsgericht 2019 verkündete, hatte für die Eierbranche hierzulande sehr weitreichende Folgen: Das bis dato praktizierte routinemäßige Töten der männlichen Eintagsküken von Legerassen sollte unterbunden werden, weil es nicht dem Tierschutz entspricht.
Seit ein paar Wochen gibt es nun die ab 2024 geltende Neuregelung: Nach einer Geschlechtsbestimmung im Brutei vor dem 13. Bruttag müssen die männlichen Embryonen nicht weiter ausgebrütet werden.
Zwei verschiedene Methoden
Dafür gibt es zwei Wege: Methoden, bei denen über ein winziges Loch in der Schale Brutflüssigkeit (Allantois) entnommen und untersucht wird (das Loch wird sofort wieder verschlossen) und optische Methoden, die ohne ein Öffnen der Schale arbeiten.
Einige Verfahren haben schon den Weg in die Brütereien gefunden, einige sind noch in der Entwicklung. Die konträr diskutierte Bruderhahnaufzucht könnte nun ins Hintertreffen geraten. Vor allem die mangelnde Nachhaltigkeit dieses Verfahrens steht in der Kritik. Nach Aussage von Carmen Uphoff von der Firma „Respeggt“ wird in den Niederlanden und Italien auch im Biobereich heute bereits die Geschlechtsbestimmung angewendet. Grund dafür sei, dass der Lebensmittelhandel (LEH) dort tierwohlbewusst einkaufe und auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung achte. Bruderhahnmast komme in diesen Ländern aufgrund der ungünstigen CO2-Bilanz nicht in Frage.
Auch Jörg Hurlin vom „Cheggy“-Anbieter AAT, sieht die Biobranche gefordert durch das Verbot des Kükentötens. Nachhaltigkeitskriterien und Ressourceneinsatz werden nach seiner Einschätzung auch dort zu bewerten sein. Nachfolgend ein Überblick über Geschlechtsbestimmungsverfahren, die in der Praxis im Einsatz sind:
Seleggt (Respeggt/HatchTech)
Das „Seleggt“-Verfahren ist Teil des Dienstleistungsangebots von „Respeggt“, die als Partner für den LEH die Belieferung von Eiern ohne Kükentöten (OKT) organisiert. Ursprünglich war REWE Mitbegründer von „Respeggt“. Diese Anteile hat die HatchTech Gruppe aus den Niederlanden übernommen. HatchTech bietet Brüterei-Technologie an.
Beim „Seleggt“-Verfahren wird bei den Bruteiern mit einem Präzisionslaser ein winziges Loch in die Schale gebohrt. Dann wird eine geringe Menge der Allantoisflüssigkeit entnommen. Das bei weiblichen Embryonen enthaltene Geschlechtshormon wird per Farbmarker erkannt.
Durchgeführt wird das „Seleggt“-Verfahren aktuell an zwei Standorten in den Niederlanden und einem in Deutschland. Zusätzlich wird es derzeit in Norwegen installiert.
Wie Carmen Uphoff, „Respeggt“, informiert, finden derzeit viele Gespräche in Deutschland statt: „Erst seit der finalen Gesetzesänderung können die Brütereien über die Zukunft nachdenken,“ sagt sie. Im deutschen Biobereich hielten die Verbände vielfach weiter an der Bruderhahnmast fest, so ihre Einschätzung. Angewendet wird das „Seleggt“-Verfahren zwischen dem 8. und 11. Bruttag. Die Fehlerquote liegt bei 1 %. Seit dem Start von „Seleggt“ im Jahr 2019 wurden über 63 Mio. Bruteier analysiert.
PLANTegg
Das „PLANTegg“- Verfahren wurde in Kiel von Prof. Dr. Michael Kleine und Team entwickelt. Dabei wird ebenfalls eine winzig kleine Menge Flüssigkeit aus dem Brutei entnommen und mittels PCR das Geschlecht bestimmt. 2020 implementierte die niederländische Brüterei Ter Heerdt, ein Tochterunternehmen der deutschen EW-Group, das Verfahren an seinem Standort in Zevenaar. Der „Output“ der inzwischen zwei Systeme dort liegt bei bis zu 200.000 weiblichen Bruteiern pro Woche. Die Geschlechtsbestimmung erfolgt am 8. bis 11. Tag, die Trefferquote liegt bei über 99 %.
„Die Geschlechtsbestimmung erfolgt überwiegend für den deutschen Markt“, berichtet PLANTegg-Geschäftsführer Prof. Dr. Kleine. Jedoch auch in den Niederlanden gibt es inzwischen OKT-Eier zu kaufen. Zunächst kooperierte PLANTegg mit Aldi Deutschland, das eine große Werbekampagne für seine „Vorreiterrolle“ bei den OKT-Eiern fuhr. Diese exklusive Zusammenarbeit wurde jedoch 2021 beendet.
PLANTegg und die Brüterei Ter Heerdt haben ihre Zusammenarbeit Ende letzten Jahres bis Ende 2025 verlängert.
Cheggy (AAT)
Das „Cheggy“-Verfahren von AAT, einem Tochterunternehmen der EW-Group, arbeitet optisch und ist nur bei braunen Hennen anwendbar. Hierbei werden Bruteier durchleuchtet und das Geschlecht wird anhand der Gefiederfarbe erkannt.
Ende vergangenen Jahres wurde „Cheggy“ in der Bio-Brüterei Dorum von Gudendorf Ankum (Lohmann) in Betrieb genommen. Daneben sind in sechs anderen EU-Ländern insgesamt neun „Cheggy“-Anlagen in Betrieb.
Bislang wurde „Cheggy“ am 13. Bruttag angewandt. Aktuell wird auf Tag 12 umgestellt. Laut AAT-Geschäftsführer Jörg Hurlin schlüpfen dann ein paar mehr Hähne. Die Genauigkeit des Verfahrens nehme vor dem 13. Tag ab. Ab dem 12. Bruttag sei eine sichere Unterscheidung möglich, für die jedoch noch bessere Kameratechnologien notwendig seien. Im Schnitt aller Herden liegt die Trefferquote von „Cheggy“ bei über 96 %. Bis heute wurden an die 100 Mio. Bruteier geschlechtsbestimmt. Wie AAT betont, zeichnen sich die optischen Verfahren der Geschlechtsbestimmung als besonders umwelt- und ressourcenschonend ab, da fast keine Verbrauchsmaterialien benötigt werden.
AAT plant aktuell den Markteintritt von „Cheggy“ nicht nur in europäischen Ländern, sondern auch in Großbritannien, Australien und den USA.
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