Die Agrarpolitiker haben aktuell keine oder nur unzureichende Antworten auf die Herausforderungen der Landwirte, sagt Wolfgang Schleicher, Geschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG). Doch Schuldzuweisungen helfen nach seiner Ansicht nicht weiter. Die Politik muss sich endlich klar zu den Landwirten bekennen. „Es braucht einen „Ruck“ auf allen Ebenen der Politik und in der Gesellschaft!“, schreibt Schleicher im folgenden Statement:
„Die Bauernproteste haben das Land aufgerüttelt. Es geht um viel mehr als „nur“ um das drohende „Aus“ für den ermäßigten Steuersatz auf Agrardiesel. Es geht darum, unter welchen Bedingungen unsere heimischen Landwirte – die auf dem europäischen Binnenmarkt sowie Weltmarkt konkurrieren müssen – ihre Arbeit machen dürfen und wie diese Leistung honoriert wird.
Schuldzuweisungen sind fehl am Platz
Jeder spricht nun davon, dass in der Agrarpolitik in den letzten Jahrzehnten viele Fehler gemacht wurden, die nun den Landwirten zur Last gelegt werden. Selbst diese Erkenntnis für sich betrachtet ist nicht neu. Es gibt und gab wissenschaftliche Beiräte sowie verschiedene Kommissionen und zu guter Letzt die verschiedenen Agrarfakultäten in Deutschland, die bei der Analyse der Situation in der Landwirtschaft stets darauf hingewiesen haben, dass die aktuelle Agrarpolitik keine oder nur unzureichende Antworten auf die Herausforderungen in der Landwirtschaft bietet.
Schuldzuweisungen sind aber fehl am Platz genauso wie das Deuten mit dem Finger auf Vorgänger oder das Narrativ „Ich hab’s ja schon immer gesagt, dass es so nicht geht.“ Scheinbar weiß jetzt jeder, was zu tun gewesen wäre – die letzten 30 Jahre. Es bleibt nur die Frage: Wieso wurde nichts gemacht, wenn alle wussten, dass es falsch läuft? Weder der Landwirt in den bayerischen Alpen noch die Betriebe an Nord- oder Ostsee hätten Verbesserungen abgelehnt. Das ist sicher.
Bauern wollen ihr Geld am Markt erwirtschaften
Wenn die legitimen, demokratischen sowie anständig und respektvoll durchgeführten Demonstrationen – die in keiner Weise herbeigeredete Umsturzpläne zum Anlass haben – irgendeine Wirkung entfalten sollen, dann braucht es jetzt den vielbeschworenen „Ruck“ oder das „Unterhaken“ auf allen Ebenen der Politik und in der Gesellschaft. Es braucht das klare Bekenntnis: Ja, wir wollen Bäuerinnen und Bauern in Deutschland, die unsere Lebensmittel produzieren. Nötig ist dafür, dass man den Bäuerinnen und Bauern in Deutschland zuhört und sie einbindet. Sie sind der Maßstab für die Beratungen für eine künftige Agrarpolitik und nicht die verklärenden und realitätsfernen Sichtweisen ideologischer Nicht-Regierungsorganisationen. Bevor aber sofort wieder mit einem im Schaufenster hängenden, politisch motivierten Geldscheck als „Schmerzmittel“ für die Landwirtinnen und Landwirten gewunken wird, muss eines vorab endlich anerkannt werden: Bauern wollen keine Subventionen, sie wollen ihr Geld am Markt erwirtschaften.
Gemeinsame Agrarpolitik der EU ist ausreformiert
Verschiedene Schritte sind für den nötigen Aufbruch erforderlich. Zum ersten ist auf europäischer Ebene dafür zu sorgen, dass beim einzig vollständig vergemeinschafteten Politikbereich, bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), von Seiten der Europäischen Kommission endlich für eine einheitliche Umsetzung in den 27 Mitgliedstaaten gesorgt wird. Ohne Reset bei agrarpolitischen Fragestellungen auf EU-Ebene werden keine spürbaren Entlastungen für die Betriebe eintreten! Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU ist ausreformiert und ist von Grund auf zu konzipieren.
Strengere Maßstäbe bei Agrar- und Lebensmittelimporten
Zum zweiten ist es nötig, dass bei Agrar- und Lebensmittelimporten aus Drittstaaten in die EU künftig ein strengerer Maßstab angesetzt wird. Nur Erzeugnissen, die europäische Standards erfüllen, kann die zollfreie Einfuhr gewährt werden. Für alle anderen Produkte sind entsprechende Zölle ergänzt durch restriktiv gehaltene Einfuhrquoten im Rahmen eines öko-sozialen Außengrenzschutzes vorzusehen. All jenen, die nun sagen, ein derartiges Vorgehen wäre nicht WTO-konform, wird der Blick nach Kanada empfohlen. Entgegen der Praxis in der EU müssen sich die kanadischen Landwirte größtenteils ohne Subventionen der Regierung auf dem internationalen Markt behaupten.
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