Gastkommentar zu den Bauernprotesten: „Wir müssen reden“

12 Januar 2024
Deutschland
Funk Christian

Die Bauernproteste stoßen größtenteils auf Verständnis. So auch in Nachbarbranchen wie dem Gastrogewerbe. Redakteur Christian Funk brachte in seiner Fachzeitschrift „foodservice“ das Thema auf den Punkt. Hier sein (etwas gekürzter) Kommentar.

Die Situation ist festgefahren. Und das nicht nur an Autobahnauffahrten bundesweit. Die Bauern demonstrieren gegen die von der Ampel-Regierung geplanten Kürzungen der Agrar-Subventionen. Und während nicht wenige Stimmen fordern, die Steuervergünstigungen für die Landwirte beizubehalten, finden andere das Agrardiesel-Aus durchaus verkraftbar. Und die Bevölkerung? Scheint die Proteste wesentlich weniger stark zu stören als die der Klimakleber.

Ich finde ja, dass die Proteste und diverse Diskussionen derzeit nicht zielführend sind. Egal, wie laut geschrien wird, keiner hört genau hin. Im Grunde geht es doch um etwas ganz anderes: Der Frust hat sich in den vergangenen Jahren aufgestaut, weil die Landwirte einer permanenten Überlastung ausgesetzt sind. Sie müssen sich mit überbordender Bürokratie auseinandersetzen, es mangelt an Planungssicherheit und sie erzielen für ihre Produkte nicht die Preise, die sie eigentlich verlangen müssten.

Kostenweitergabe für Bauern unmöglich

Das ist doch das Problem. Wirtschaftsminister Robert Habeck bringt andere Lösungen ins Spiel: Faire Preise, gute Bezahlung für anspruchsvolle Arbeit, für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Tierschutz, direkte Vermarktung. Seiner Ansicht nach sollte man die Debatte jetzt nutzen, um ernsthaft und ehrlich genau darüber zu diskutieren.

Das ist ein guter Vorschlag. Und ich finde, wir müssen jetzt nicht nur reden (und auch zuhören), um diese fairen Preise zu erreichen. Wir müssen das Bewusstsein der Konsumenten für die Produkte steigern. Denn ohne ein solches Bewusstsein werden diese Ziele niemals erreicht werden.

Gastgewerbe kennt Problem

In der Gastronomie kennen wir das Problem schon lange. Ich kann mir bei Stichworten wie Ernährungswende, 30 Prozent Bio, regional/saisonal und vor allem faire Preise gerade ein kollektives Augenrollen unserer Leserschaft bildlich vorstellen. Und die Frage der Tischgäste, bzw. Konsumenten kann ich auch schon hören: "Und wie soll ich das bezahlen?" Klar, Kosten lassen sich durch eine Debatte im Zuge der Bauernproteste nicht wegdiskutieren. Aber vielleicht lässt sich ja bei dem Einen oder Anderen ein Bewusstseinswandel herbei diskutieren.

Nehmen wir ein aktuelles Beispiel unserer Nachbarn aus Österreich. In einer Studie untersucht der Verein "Land schafft Leben" die Produktionsbedingungen von Lebensmitteln. Ein Beispiel daraus ist mir hängen geblieben: Der heimische Tomatenanbau während der Saison verursacht ein Zweihundertsechzigstel der CO₂-Emissionen im Vergleich zur außersaisonalen Glashaus-Anzucht. Puh. Ich bin ja der Meinung, dass heimische Tomaten im August auch zweihundertsechzig mal besser schmecken... Und wenn das für den Tischgast nicht den fairen Preis wert ist, doch dann bestimmt zumindest die Diskussion.

Christian Funk, Portal für Gemeinschaftsgastronomie | gvpraxis (food-service.de)
Bild: Deutscher Fachverlag

Reagieren

Geflügelnews lädt Sie ein, auf Artikel zu reagieren und schätzt Reaktionen mit Inhalt. Die Redaktion behält sich das Recht vor, beleidigende oder kommerziell motivierte Reaktionen ohne Angabe von Gründen zu entfernen.