Die Vogelgrippe ist in der geflügeldichten Region Weser-Ems (Niedersachsen) zur ständigen Bedrohung geworden. Dies gilt insbesondere für den Landkreis Cloppenburg. Als Reaktion auf die jüngsten zwei Ausbrüche wurde hier außerhalb der Sperrzone ein Wiedereinstallungsverbot für Puten erlassen – um das Virus „auszuhungern“.
Anfang Dezember gab es im niedersächsischen Landkreis Cloppenburg den ersten Fall von Geflügelpest dieses Winters. Betroffen war ein Putenbetrieb. Wenige Tage später folgte ein zweiter, dieses Mal mit 9.000 Putenhähnen.
Der Landkreis Cloppenburg hat daraufhin nicht nur die notwendigen Restriktionszonen eingerichtet, bestehend aus der Schutzzone mit einem Radius von mindestens 3 km und der Überwachungszone mit einem Radius von mindestens 10 km. Darüber hinaus wurde ein Wiedereinstallverbot für Puten in der zuletzt betroffenen Gemeinde und zwei Nachbargemeinden erlassen. Auch dort dürfen - unabhängig vom Restriktionsgebiet - keine Putenküken und Jungputen eingestallt werden.
Wildvögel und Wind größte Risiken
Es ist bekannt, dass viele Zugvögel inzwischen den Winter über in Norddeutschland bleiben und nicht mehr weiterfliegen. Die Geflügelpest ist in der hiesigen Wildvogelpopulation heute endemisch. Die Wildvögel tragen das Virus in sich, sterben aber nicht daran und können es weiterverbreiten.
Somit gelten Wildvögel als sehr großer Risikofaktor für den Eintrag in eine Nutztierhaltung. Putenställe sind besonders gefährdet, weil sie in der Regel Offenställe sind. Im Landkreis Cloppenburg gibt es eine hohe Dichte an Putenmastställen.
Dr. Karl-Wilhelm Paschertz ist Leiter des Veterinäramtes Cloppenburg. Er hält es für möglich, dass bei den beiden jüngst betroffenen Putenbeständen neben Wildvögeln ebenso Wind für den Eintrag verantwortlich gewesen sein kann und beide Faktoren ein großes Risiko darstellen. Infizierte Tiere in einem Stall erzeugen riesige Virusmengen und scheiden sie aus.
Diese Viren können durch den Wind in andere Ställe gelangen und dort wieder Tiere infizieren: „In einer Region mit vielen nah beieinander liegenden Offenställen ist diese Gefahr besonders groß.“ Darüber hinaus seien Personenkontakte nicht gänzlich auszuschließen, unter anderem, weil teilweise mehrere Standorte von einer Person betreut würden, so Dr. Paschertz.
Wiedereinstallverbot zunächst für 30 Tage
Der Landkreis hat nun bereits nach den beiden ersten Fällen dieses Winters reagiert und das Wiedereinstallverbot für Puten erlassen. Es betrifft nur die Gemeinden, in denen es eine insgesamt hohe Dichte an Putenställen gibt. Das Wiedereinstallungsverbot gilt für zunächst 30 Tage und erweitert das ohnehin geltende Einstallungsverbot in der Sperrzone (hier für alle Geflügelarten).
Damit sowohl betroffene Betriebe als auch die Brütereien bzw. Aufzuchtbetriebe Vorkehrungen treffen konnten, gab es eine Frist von einer Woche bis zum Inkrafttreten. In der Hahnenmast werden in Niedersachsen die Tiere größtenteils in separaten Betrieben aufgezogen und kommen erst anschließend in die Mastbetriebe. Durch die lange Vorlaufzeit bestand genügend Zeit, um sich auf die Situation einzustellen, das Töten von Küken zu vermeiden und Unterbringungsalternativen für Jungputen zu suchen. Damit wurde einem Wunsch der Wirtschaftsbeteiligten entsprochen, so der Veterinäramtsleiter.
Nach seiner Information werde man jetzt schauen, wie sich die Geflügelpestsituation vor Ort entwickelt: „Gibt es weitere Fälle, werden wir das Wiedereinstallungsverbot verlängern. Bleibt es ruhig, könnte es am 11. Januar 2025 zusammen mit der Sperrzone wieder aufgehoben werden.“
Hohe Kosten auch bei den Versicherungen
Die Geflügelpest hat in den vergangenen Jahren auch bei den Versicherungen erhebliche Kosten verursacht. Die VTV/R+V als ein großer Versicherer in diesem Bereich hat vor zwei Jahren die Reißleine gezogen und ihre Geflügelverträge angepasst. Es gab Änderungskündigungen. In den Neuverträgen wurden die Grundbeiträge erhöht. Zudem gibt es seitdem eine risikoorientierte Staffelung nach Bundesland. In Niedersachsen wurden die Beiträge für putenhaltende Betriebe um einen Faktor von bis zu 2,5 erhöht gegenüber dem übrigen Deutschland.
Das jetzt im Landkreis Cloppenburg erlassene Wiedereinstallungverbot ist auch ein Fall für die Ertragsschadensversicherung. Die Tierseuchenkasse trägt die wirtschaftlichen Einbußen dieser Anordnung nicht. Die können durch das Verschieben der Einstallrhythmen und den Wegfall von Mastrunden ggf. groß sein.
Viele Betriebe mit Ertragsschadensversicherung
Jürgen Enneking von der R+V berichtet, dass die ersten Schadensmeldungen von betroffenen Betrieben im Landkreis Cloppenburg bereits eingegangen seien: „Gerade in der geflügeldichten Region Cloppenburg hat nach meiner Einschätzung der größere Teil der Geflügelbetriebe eine Ertragsschadensversicherung“, sagt er. Je nach gewähltem Selbstbehalt, der zwischen 1 und 3 Prozent des Jahresumsatzes beträgt, bleiben aber natürlich auch Kosten beim Betrieb. Er hofft, wie mit Sicherheit auch die Betriebe der Region, dass es bei den 30 Tagen Wiedereinstallverbot bleibt und es nicht verlängert werden muss: „Dann hält sich der Schaden noch in Grenzen.“
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