Das Vogelgrippe-Virus ist bei Wildvögeln inzwischen endemisch. Damit steigt die Gefahr eines Eintrags in Nutztierhaltungen. An Standorten mit vielen Wildvögeln kann eine akustische Vergrämung helfen, diese fernzuhalten. Das Moorgut Kartzfehn testet die „Vogelscheuche 4.0“.
Auf den ersten Blick fällt es kaum auf, was die Putenbrüterei Moorgut Kartzfehn an ihren Versuchsställen in Bösel (Niedersachsen) installiert hat: Eine akustische Vogelabwehr soll im Sinne von Vorbeugung gegen eine Vogelgrippe-Infektion Wildvögel von den Ställen fernhalten. Das Gerät mit dem Namen „BirdAlert“ (=Vogelalarm) erkennt Vogelarten an ihren Lauten in einem Umkreis von maximal einem Kilometer.
Panikrufe der eigenen Spezies vertreiben Wildvögel
„Nähert sich zum Beispiel eine Gruppe Wildgänse unseren Ställen, erkennt ‚BirdAlert‘ sie an ihren Tönen und startet sofort ein Programm mit passenden Panikrufen, in diesem Fall also Wildgänse-Panikrufen“, erklärt Daniel Diephaus das System. Er ist Tierarzt und Forschungsleiter beim Moorgut Kartzfehn.
Das Gerät, die sogenannte Detection-Box mit Außenmaßen von ca. 30 x 30 x 60 cm, ist an der Giebelseite der Ställe außen installiert. Nur ein Netzanschluss ist nötig. Für die Wiedergabe der Panikrufe sind vier Lautsprecher angebunden, die oben an einer Stange etwas über Firsthöhe angebracht sind. Die Warnrufe werden nur ausgesendet, wenn zuvor die entsprechenden Vögel vom System erkannt wurden. Sonst arbeitet das Gerät lautlos. „BirdAlert“ erkennt zum Beispiel Möwen oder Gänse – Vogelarten, die aktuell häufig mit der Vogelgrippe in Verbindung gebracht werden.
Ein Gewöhnungseffekt wird vermieden
Das Programm variiert dabei die Dauer der Panikrufe, ihre Intensität und den Abstand zwischen den Rufen. So wird ein Gewöhnungseffekt vermieden. „BirdAlert“ ist ein selbstlernendes System, das sich selbst immer weiter optimiert. Gesteuert und überwacht wird es über eine App.
Das Moorgut Kartzfehn hat die Vogel-Vergrämung nicht nur an seinen Versuchsställen installiert, sondern ebenso an seinen Elterntier-Standorten. Daniel Diephaus kann auf alle Anlagen vom PC, Laptop oder Handy aus zugreifen. Vom Hersteller gibt es zudem regelmäßige Updates des Programmes.
Ein zusätzliches Vorsorge-Instrument
„BirdAlert“ ist für Kartzfehn eine zusätzliche Vorbeugungsmöglichkeit gegen eine Vogelgrippe-Infektion: „Wir haben aus den beiden schlimmen Vogelgrippe-Wintern 2020/21 und 2021/22 viel gelernt, die Biosicherheit wurde hochgefahren. Auch wenn es im vergangenen Winter wenig Ausbrüche in Nutztierhaltungen gab, müssen wir weiter alles tun, um eine Infektion zu verhindern.“
Das gelte, so der Tierarzt, insbesondere für wertvolle Zuchttiere. Und: „Was regionale Sperrungen und Transportverbote infolge eines Vogelgrippe-Eintrags bedeuten, haben wir erfahren müssen.“
Bei aktuellen Vogelgrippe-Fällen Wildvögel beteiligt
Bei den letzten Vogelgrippe-Ausbrüchen in Deutschland spielten höchstwahrscheinlich Einträge durch Wildvögel eine Rolle, auch deshalb setzt der Putenvermehrer nun das „BirdAlert“-System ein.
Daniel Diephaus konnte sich von der Wirksamkeit der Vergrämung bereits selbst überzeugen: Ein Wildgänseschwarm änderte nach Auslösung des „BirdAlerts“ seine Flugrichtung und drehte vor Überfliegen eines Elterntierstalles ab. Ihn überzeugte auch die Referenzliste des in Schleswig-Holstein ansässigen Herstellers Ornitec, der für die Vogelvergrämung noch andere „Werkzeuge“ wie ein Schalldruck- oder ein Elektrosystem anbietet: Zum Beispiel ist die Elbphilharmonie im Hamburger Hafen mit ihrer markanten Außenfassade dank Ornitec möwen- und taubenfreie Zone.
Reagieren
Geflügelnews lädt Sie ein, auf Artikel zu reagieren und schätzt Reaktionen mit Inhalt. Die Redaktion behält sich das Recht vor, beleidigende oder kommerziell motivierte Reaktionen ohne Angabe von Gründen zu entfernen.