Christian Dürr (FDP): „Puten-Pläne von Özdemir sind keine gute Idee“

23 März 2023
Pute
Christian Dürr

Das Puten-Eckpunktepapier des Landwirtschaftsministeriums sorgt für massive Kritik der Branche. Schützenhilfe gibt es jetzt von prominenter Politiker-Seite: FDP-Fraktionschef Christan Dürr nennt das Papier „absurd“.

Ginge es nicht um ein so ernstes Thema, könnte man vielleicht von einer „Familienfeier“ sprechen: Vorgestern trafen sich viele wichtige Akteure der deutschen Putenbranche auf dem Moorgut Kartzfehn im Landkreis Cloppenburg (Niedersachsen). Hier hat Europas größter Putenvermehrer mit gleichem Namen seinen Sitz. Die Inhaberfamilie Dr. Barbara und Thomas Storck hatte eingeladen, um über das Puten-Eckpunktepapier zu diskutieren. Es ist bekanntlich Ende vergangenen Jahres vom grünen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vorgestellt worden. Kritiker sind sich einig, dass das Eckpunktepapier mit seinen deutlich reduzierten Besatzdichten das Ende der Putenhaltung in Deutschland bedeuten würde. In anderen EU-Ländern liegen die erlaubten Besatzdichten deutlich höher bzw. es gibt gar keine Regelungen.

Prominenter Gast in Kartzfehn war der Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Christian Dürr. Sein Wahlkreis befindet sich in der Region, er war lange Jahre Abgeordneter im Niedersächsischen Landtag.

Dürr: Eckpunkte-Papier Puten ist Bärendienst für Tierschutz

Christian Dürr stellte in Kartzfehn schnell klar, wo er steht in Bezug auf das Puten-Eckpunktepapier: Nämlich nicht auf der Seite seines Koalitionspartners Cem Özdemir von den Grünen. Dürrs Fazit: Özdemir wolle zwar mehr Tierschutz, erreiche aber mit dem vorgelegten Putenpapier genau das Gegenteil: „Das Papier wäre ein Bärendienst für den Tierschutz.“ Unverständnis zeigte er auch dafür, dass Özdemirs bisher nicht den Dialog mit der Branche gesucht habe: „Man muss miteinander sprechen“.  

Gruppenbild vor der Kartfehner Pute: Die Inhaberfamilie Dr. Barbara und Thomas Storck hatte eingeladen, um über das Puten-Eckpunktepapier zu diskutieren.

Die Argumente, die die Vertreter der Branche in Kartzfehn vortrugen, stießen beim FDP-Politiker auf offene Ohren. Ihre Statements gaben dort ab: Heinz Bosse, Geschäftsführer Moorgut Kartzfehn, Bettina Gräfin von Spee, Vorsitzende des Verbandes Deutscher Putenerzeuger (VDP), Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), Dr. Albert Hortmann-Scholten, Marktexperte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Onno Osterloh, Putenaufzüchter, Landkreis Oldenburg, Markus Göken, Putenmäster Landkreis Cloppenburg, Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender PHW-Gruppe und Bernd Kalvelage, Senior-Chef Heidemark.

Putenhalter Onno Osterloh etwa machte seinem Unverständnis darüber Luft, warum die vor etwa zehn Jahren von Branche, Wissenschaft und Tierschutzverbänden erarbeiteten freiwilligen Vereinbarungen auf einmal nicht mehr ausreichen sollen: „Wir sind vorangegangen, das war eine gute und nachhaltige Sache. Die Amtsveterinäre arbeiten mit den Vorgaben, wir werden in jedem Durchgang kontrolliert.“ Die Initiative Tierwohl (ITW), an der sich heute ca. 80 % der Putenmäster beteiligen, reduziert die Besatzdichte nochmal um 10 %. „Wenn das Eckpunktepapier mit den deutlich darunter liegenden Besatzdichten kommt, ist ITW mit seinem System der Extra-Bezahlung von Seiten des Lebensmittelhandels hinfällig,“ ergänzte Putenmäster Markus Göken.

Es gibt einen EU-Fahrplan zu Regelungen der Putenhaltung

Die VDP-Vorsitzende Bettina Gräfin von Spee appellierte noch einmal an Dürr, keine nationalen Alleingänge zu unterstützen, sondern stattdessen in Brüssel Druck zu machen bezüglich einheitlicher EU-Regelungen: „Es gibt dort schon einen Fahrplan für die Putenhaltung. Bis Ende 2025 soll die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) ein wissenschaftliches Gutachten erstellen. Auf dessen Grundlage sollen dann EU-Regelungen für Puten aufgestellt werden.  

Auf die schon heute schwierige Situation der Vermarktung wies Peter Wesjohann hin. Deutsches Putenfleisch sei ohnehin schon teuer geworden infolge Corona-Krise und Ukraine-Krieg. Unterhalb der ITW-Besatzdichten sah er keine Chancen für die deutsche Erzeugung: „Die Regale im Supermarkt werden nicht leer bleiben, sie werden aus dem Ausland bestückt werden,“ warnte er.

ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke führte das Thema Versorgungssicherheit an. Es könne nicht sein, gerade angesichts der Erfahrungen des Ukraine-Krieges, sich in neue Abhängigkeiten bei Nahrungsmitteln zu begeben – und das ohne Not. Ripke war in Kartzfehn jedoch zuversichtlich, dass die Özdemir-Pläne zumindest in ihrer jetzigen Form nicht in einer Verordnung münden. Zur Agrarministerkonferenz in Büsum, die heute und morgen stattfindet, hat Nordrhein-Westfalen einen Antrag gestellt, dass es vor Festlegung von neuen Anforderungen erst einmal eine Folgenabschätzung geben müsse. Und: Die Grünen allein würden Neuregelungen nicht durch den Bundesrat bringen können.

Christa Diekmann-Lenartz
Bild: Brandt, Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V.

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