Es ist noch nicht lange her, da konnten Berater guten Gewissens – bei passenden betrieblichen Verhältnissen – einen Neueinstieg in die Legehennenhaltung befürworten. Doch heute sind andere Zeiten.
Neueinstieg: Zeitenwende auch in der Eiererzeugung

Die Freilandhaltung von Legehennen kann man für Niedersachsen durchaus als „Erfolgsstory“ beschreiben. Bis zum Aus der Käfighaltung in Deutschland 2007 war die Eiererzeugung zum größten Teil in fester Hand gewerblicher Unternehmen. Danach boten sich auf einmal Chancen auf einen Neueinstieg für Landwirte.
Investitionskosten steigen drastisch an
Diese Chance wurde von vielen Betrieben insbesondere in der Region Emsland/Grafschaft Bentheim genutzt. Es wurde in die Freilandhaltung investiert und es konnten gute Unternehmergewinne generiert werden. Die Situation hat sich jedoch mit der Corona-Krise, aber spätestens seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs, deutlich gedreht.
In erster Linie sorgen die massiv gestiegenen Futterpreise dafür, dass selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen keine schwarzen Zahlen mehr geschrieben werden können. Für konventionelles Futter sind die Preise dabei noch stärker gestiegen als für Ökofutter. Für die nächste Zeit ist hier keine nennenswerte Erholung zu erwarten. Und auch andere Direktkosten im Betrieb haben sich erhöht. Auf der anderen Seite ist aber der Erlös für Eier nicht gestiegen, so dass die Betriebe einen massiven Einbruch der Deckungsbeiträge zu verzeichnen haben.
Was heißt das für Betriebe, die heute mit einem Neueinstieg in die Eiererzeugung liebäugeln? Die gibt es nämlich in Niedersachsen durchaus. Eigentlich spricht die Marktsituation auch dafür: Eier haben einen guten Ruf, sind günstig, der Verzehr steigt noch an und der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt bei nur etwa 73 %. Aber wer neu einsteigen will, muss als Erstes einen Stall bauen. Die Baukostensteigerung liegt in diesem Bereich bei etwa 40 % im Vergleich zu vor fünf Jahren. Hinzu kommt ein Zinsniveau, welches momentan von Woche zu Woche steigt. Ganz aktuell werden Zinssätze zwischen 2,5 % bis zu 3 % genannt. Die Investitionskosten steigen also drastisch an.
Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Bauwillige gestalten sich momentan sehr schwierig, da es viele Unwägbarkeiten, wie die eben genannte Entwicklung der Futterpreise gibt. Dennoch sind im Folgenden Kalkulationen für einen Neueinstieg berechnet worden – bei aktuellen Marktpreisen. Auch die Entwicklung der Marktpreise ist kaum vorauszusagen. Ausgegangen wird von einer durchschnittlichen Legedauer von 70 Wochen. Viele Betriebe schaffen heute, insbesondere mit weißen Hennen, deutlich mehr bis teilweise über 85 Legewochen. Das verbessert die Wirtschaftlichkeit deutlich.
Auch die angenommene Eierleistung von 405 Eiern je Henne ist Durchschnitt. Sehr gute Betriebe schaffen heute deutlich höhere Leistungen. Allerdings wird es für die Hühnerhalter eine Herausforderung, die hohen biologischen Leistungen bei knapper werdenden Rohwaren und Veränderungen der gesetzlichen Bestimmungen zu halten. Nur bei sehr gutem Herdenmanagement und mit entsprechendem zeitlichen Aufwand können Haltungsfehler vermieden und überdurchschnittliche Eierleistungen erreicht werden.
Bei den 1. Wahl-Eiern muss zukünftig in der Bioproduktion mit erheblich weniger Eiern kalkuliert werden, da bei Wurmbehandlungen je nach Präparat Wartezeiten einzuhalten sind. Die Eier können nur als Bodenhaltungseier verkauft werden. In der Kalkulation wurde mit vier Entwurmungen je sieben Tage kalkuliert. Je nach Bedarf kann die Anzahl der nötigen Entwurmungen je Durchgang deutlich höher liegen. Geplant mit aktuellen Eierpreisen von 16 Cent (EU-Bio) bzw. 10,20 Cent je Ei (konventionell), ergeben sich Eiererlöse von 59,52 € bzw. 40,15 € je Henne.
Auch andere Kosten steigen
Bei der Berechnung des Deckungsbeitrags kommt auf Erlösseite der fast zu vernachlässigende Schlachthennenerlös hinzu (siehe Tabelle 2). Auf der Kostenseite schlagen an variablen Kosten die Junghenne, das Futter und sonstige Kosten wie Tierarzt, Reinigung und Desinfektion oder Ein- und Ausstallen zu Buche. Zukünftig wird es auch bei diesen Kostenfaktoren eher nach oben gehen. Die Problematik des Bruderhahns wurde in dieser Planung als „kostenneutral“ vernachlässigt. Allerdings sollte dieser Kostenpunkt im Auge behalten werden. Es besteht die Gefahr, dass die gestiegenen Kosten vom Vermarkter nicht über die Eierpreise weitergegeben und die zusätzlichen Anforderungen als „deutscher Standard“ eingepreist werden. Am Ende der Planung steht ein Deckungsbeitrag von 14,37 € bzw. 5,64 € je Tier. Umgerechnet auf ein Jahr sind das 10,63 € bzw. 4,17 € je Henne.
Die sonstigen Kosten (siehe Tabelle 3) setzen sich zusammen aus Arbeits- und Unterhaltungskosten, Versicherung, Nutzungskosten für die Auslauffläche und Zinsen für das Umlaufkapital. In Tabelle 4 sind die aktuellen Investitionskosten für einen Stallneubau mit 15.000 Plätzen aufgeführt. Der Kapitaldienst liegt bei der EU-Ökoerzeugung jährlich bei rund 140.000 €, bei der Freilandhaltung bei gut 108.000 €. Gegenüber der Kostensituation vor fünf Jahren sind das Steigerungen von 46 % bzw. 42 %!
Höhere Eiererlöse nötig
Tabelle 5 zeigt auf, welcher Eiererlös nötig wäre, um heute einen neuen Stall wirtschaftlich betreiben zu können. Hierbei wurde ein zu erwartender Unternehmergewinn von 25.000 € einbezogen. Von den 17,4 Cent bzw. 12,9 Cent je Ei als Durchschnittspreis (1.+.2 Wahl) sind wir derzeit weit entfernt, wodurch der Unternehmergewinn ein sehr deutliches Minus verzeichnet (-34.179 € bzw. -94.816 €). Bei diesen Zahlen lässt sich keine Wirtschaftlichkeit in der Freilandproduktion rechnen.
Um einen Einstieg in diesen Betriebszweig rentabel gestalten zu können, müssten die Eierpreise in der Biohaltung um 2 Cent und in der Freilandhaltung um 3 Cent steigen. Für bestehende Betriebe mit eventuell bezahltem Stall oder zumindest deutlich niedrigeren Kapitalkosten sieht die Rechnung natürlich etwas anders aus. Potenzielle Neueinsteiger dürften bei der aktuellen Situation aber Probleme haben, ihre Bank zu überzeugen.
Viele Unwägbarkeiten
Schwer zu prognostizieren ist die Entwicklung auf dem Eiermarkt. Zum einen ist bei einem Selbstversorgungsgrad von 73 % durchaus noch Potenzial für deutsche Eier vorhanden. Aber hierzulande könnte die Bereitschaft, hochpreisige Nahrungsmittel zu kaufen, zurückgehen.
Eine etwas andere Rechnung tut sich für Betriebe auf, die für einen Stallneubau AFP-Mittel erhalten. Das Antragsverfahren 2022 wird voraussichtlich in den Frühsommer verschoben. Der Zeitraum geht jeweils nur über zwei Wochen. Die Ausstattung des Fördertopfes ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen, für viele Antragsteller waren keine Mittel mehr vorhanden. Auch in diesem Jahr muss damit gerechnet werden, dass die Fördersumme nicht für alle Betriebe ausreicht.
Im Ranking erhält jeder Antrag nach klar definierten Kriterien eine entsprechende Punktzahl. Hier spielen Haltungsart, Viehbesatz in der Region, aber auch Junglandwirte-Status oder Einrichtung von Besucherräumen eine zentrale Rolle. Kann der Förderhöchstsatz in Anspruch genommen werden, ist bei der Finanzierung eine deutliche Reduzierung des Kapitaldienstes möglich. Interessierte sollten für die Antragstellung einen erfahrenen Berater hinzuziehen, um hier gegebenenfalls richtig zu agieren.
Fazit
- Die Legehennen-Freilandhaltung war für viele Neueinsteiger in den vergangenen 15 Jahren ökonomisch erfolgreich.
- Durch den erheblichen Anstieg der Futterkosten, bei stagnierenden Eierpreisen, sind die Deckungsbeiträge massiv eingebrochen.
- Verglichen mit den Investitionskosten von vor 5 Jahren haben sich diese um über 40 % erhöht.
- Ein aktuell wirtschaftlich sinnvoller Neueinstieg ist nur bei einem Anstieg der Eierpreise von 2 bis 3 Cent möglich.
- Hierbei hat die Eierleistung und eine mögliche AFP-Förderung einen großen Einfluss auf die Gesamtwirtschaftlichkeit.
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