Geflügelhaltung Zu jeder Legehenne gehört statistisch gesehen auch ein Hahn, die Vermarktung der Tiere ist jedoch herausfordernd. Ein Projekt möchte das ändern und arbeitet an einer stabilen Wertschöpfungskette für Hahnenfleisch.
Spätestens seit dem Verbot des Kükentötens sollten es alle Menschen wissen: Aus Bruteiern schlüpfen im Schnitt genauso viele Hennen wie auch Hähne. Während das bei Masthähnchen kein Problem ist, weil das Geschlecht dort keine Rolle spielt, stellt sich in der Legehennenhaltung die Frage: Was machen wir mit den Hähnen, die nun mal keine Eier legen? Genau diese Frage soll im Projekt „WerterHahn“ beantwortet werden, dessen Ziel es ist, „eine funktionierende Wertschöpfungskette für die Vermarktung von Hahnenfleisch zu schaffen und bestehende Wertschöpfungsketten auszubauen.“ Initiiert wurde das Projekt von der Ökologischen Tierzucht (ÖTZ), der Brudertier Initiative Deutschland und dem Bauck Hof. Alle drei beschäftigen sich seit Jahren mit der Frage, wie das ethische Dilemma des Kükentötens verhindert und für die männlichen Küken ein sinnvoller Platz in der menschlichen Ernährung geschaffen werden kann.
Ein anderes Produkt
Die ÖTZ züchtet dafür seit 2015 Zweinutzungshühner, die sowohl ausreichende Mengen an Eiern legen als auch Fleisch ansetzen, von beidem jedoch etwas weniger als die modernen, konventionellen Züchtungen. Das Fleisch der Hähne ist dunkler und fester als das der Masthähnchen. „Es ist einfach ein anderes Produkt“, sagt Joachim Jeske. Er ist Wertschöpfungskettenmanager im Projekt „WerterHahn“. „Wenn die Menschen das einmal verstanden haben, dass es eben kein Broiler, sondern ein Hahn ist, dann sind die meisten begeistert, weil das Fleisch wirklich toll schmeckt.“
Seit dem Projektstart im Januar letzten Jahres ist es die Aufgabe von Joachim Jeske und seiner Kollegin Maria Herrmann, alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette Hahnenfleisch miteinander zu vernetzen – vom landwirtschaftlichen Betrieb über Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe bis hin zur Vermarktung.
Betriebe vernetzen
„Wir arbeiten aktuell daran, eine Plattform aufzubauen, auf der sich Betriebe finden können, die entlang der Wertschöpfungskette arbeiten“, sagt Joachim Jeske.
Die meisten der rund 400 Betriebe, die deutschlandweit ÖTZ-Zweinutzungshühner halten, sind eher klein und haben meist nur hunderte bis maximal tausende Tiere. „Um das Hahnenfleisch an größere Abnehmer wie zum Beispiel an eine Gemeinschaftsverpflegung oder auch an den Fachhandel abgeben zu können, braucht es jedoch große und konstante Mengen an Fleisch“, sagt Joachim Jeske.
Und genau hier setzt das Projekt an. Denn um diese größeren Mengen liefern zu können, werden Betriebe miteinander vernetzt. „Da wir nicht in diesen großen Dimensionen agieren wie viele konventionelle Betriebe, braucht es Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe idealerweise in einer gewissen räumlichen Nähe. Wir arbeiten zwar bundesweit, allerdings auf sehr lokaler und regionaler Ebene.“
Laut einer Umfrage der ÖTZ bieten aktuell 80 % der Betriebe ihre ÖTZ-Zweinutzungshähne im Direktverkauf an. Die Nachfrage ist jedoch noch immer geringer als das Angebot und die aktuelle wirtschaftliche Situation vieler Haushalte ist auch hier spürbar. Denn das Hahnenfleisch ist ein höherpreisiges Produkt. Dennoch scheint die Projektidee Anklang zu finden. So bietet unter anderem die Betriebskantine eines großen Versicherungsunternehmens in Hannover bereits regelmäßig ÖTZ-Hahnenfleisch-Gerichte an. Ab 2024 wird dieses Engagement auf einen zweiten Standort in Köln ausgeweitet.
In dieser Woche trifft sich Joachim Jeske mit einem Koch, der im Gastronomiegroßhandel tätig ist. „Er möchte die Hähne gerne als besonderes Produkt an seine Kunden verkaufen und will sich vorab noch mehr über die Aufzucht und die Idee hinter den Zweinutzungshühnern informieren“, so Joachim Jeske.
Aufklärungsarbeit
Neben der Vernetzung der Akteure ist auch die Aufklärungsarbeit eine wichtige Aufgabe des WerterHahn-Projekts. Dazu Joachim Jeske: „Hinter dem Aufbau der Wertschöpfungskette steht eine große Idee, die durch den Kauf der Hähne finanziert wird. Und zwar, dass wir das Kükentöten überflüssig machen.“ Das Projekt „WerterHahn“ wird vom Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau gefördert und hat eine Laufzeit von drei Jahren.
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