Ein Gesetz in der vorliegenden Fassung schadet der Tierhaltung in Deutschland und stiftet den Verbrauchern keinen Nutzen! So lautet die Einschätzung der Mehrzahl aller Sachverständigen zum Entwurf der Bundesregierung für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, der am 16. Januar 2023 in der Anhörung des Ernährungsausschusses bewertet wurde. Alle Sachverständigen mahnten zu der Gesetzesvorlage zum Teil erhebliche Defizite und weitreichende Änderungen an.
Sachverständige fordern: „Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz darf so nicht kommen!“
![Schweine](/storage/UD98ddvXXhruWiOPr4H1xdSZ7HiYc1shYXbWLMkq_880x495.jpg)
Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, monierte gravierende Schwachstellen im Entwurf. Dazu zählten der beschränkte Geltungsbereich der Kennzeichnung, große Lücken in der Abdeckung, ein unzureichendes Kontrollkonzept sowie die fehlende Verzahnung mit privatwirtschaftlichen Initiativen. Von den drei Säulen für einen Umbau der Tierhaltung mit einem verlässlichen Finanzierungskonzept und einer Anpassung des Bau- und Genehmigungsrechts werde lediglich die Kennzeichnung berücksichtigt.
Ausländische Ware einbeziehen
Eine Haltungskennzeichnung gemäß dem Regierungsentwurf gefährde erfolgreiche und etablierte Ansätze wie die Initiative Tierwohl, warnte deren Geschäftsführer der Dr. Alexander Hinrichs. Durch die Nichteinbeziehung ausländischer Ware drohe darüber hinaus der inländischen Erzeugung ein deutlicher Absatzeinbruch. Eine bislang nicht vorgesehene regelmäßige Kontrolle der teilnehmenden Betriebe gefährdet laut Hinrichs zudem die Glaubwürdigkeit der staatlichen Haltungskennzeichnung.
Sauenhaltung mit einbeziehen
Unzufrieden äußerte sich auch der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Martin Schulz, zu dem Entwurf. Hauptkritikpunkt ist für Schulz, dass die Sauenhaltung bei der Kennzeichnung außen vor bleibe. Dies sei umso unverständlicher, als die Borchert-Kommission bereits Kriterien für die Sauenhaltung erarbeitet habe. Nicht akzeptabel ist für den AbL-Vorsitzenden eine eigene Biostufe, obwohl der Ökolandbau nicht per se den höchsten Tierwohlstandard biete. Demgegenüber bescheinigte der geschäftsführende Vorstand vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Peter Röhrig, den Biobetrieben eine Vorbildfunktion für den Umbau der Tierhaltung, die eine eigene Biostufe rechtfertige.
Der Leiter des Instituts für Tierschutz und Tierhaltung am Friedrich-Löffler-Institut (FLI), Prof. Lars Schrader, wies darauf hin, dass die politisch gewollte verpflichtende Kennzeichnung den Gestaltungsbedarf erheblich einschränke. Beim Gesetzentwurf gehe es daher in erster Linie um eine bessere Orientierung der Verbraucher, nicht jedoch um mehr Tierwohl. „Eine freiwillige Kennzeichnung hätte mehr Spielraum für Tierwohlkriterien geboten“, betonte der Wissenschaftler.
Reagieren
Geflügelnews lädt Sie ein, auf Artikel zu reagieren und schätzt Reaktionen mit Inhalt. Die Redaktion behält sich das Recht vor, beleidigende oder kommerziell motivierte Reaktionen ohne Angabe von Gründen zu entfernen.