Gute Haltungsbedingungen sollen sichtbar werden. Deshalb arbeitet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) an einer verbindlichen Haltungskennzeichnung. Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür sollen nach Worten des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. Bereits in den vergangenen Legislaturperioden gab es Pläne für ein Tierwohlkennzeichen, das ebenfalls bessere Haltungsbedingungen für den Verbraucher sichtbar machen sollte.
Als Vorbild für eine verbindliche Haltungskennzeichnung tierischer Erzeugnisse steht die Eierkennzeichnung. Für Schweinefleisch und Milch plant das Ministerium eine vierstufige Zuordnung der Haltungsform:
- 0 für Bio,
- 1 für Auslauf,
- 2 für Außenklima und
- 3 für Stall.
Neu ist das allerdings nicht. Mit der Initiative Tierwohl (ITW) initiierten Lebensmittelhändler bereits 2019 ein Labeling-System. Es gliederte sich aufsteigend in die Stufen: 1 für Stallhaltung, 2 für Stallhaltung Plus, 3 für Außenklima und 4 für Premium. Mehr als 800 Mio. Euro investierten die beteiligten Handelsunternehmen laut dem Handelsverband Lebensmittel (BVLH) bislang in das gemeinsame Konzept. Etwa 11.000 Landwirtschaftsbetriebe nehmen an diesem Programm teil, in denen rund 80 Prozent der gemästeten Hähnchen und Puten und 35 Prozent der Mastschweine in Deutschland gehalten werden. Ein Ausbau auf die Rinderhaltung ist geplant.
Gefahr für etablierte Tierwohlprogramme
Die vom BMEL geplante Haltungskennzeichnung könnte die privatwirtschaftlichen Bemühungen gefährden und die bisherigen Tierwohl-Anstrengungen zunichtemachen. Die Einordnung aller Tierwohlprogramme ohne Außenklima in die unterste Stufe 3 hätte möglicherweise zur Folge, dass Tierhalter mehrheitlich nur noch die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Kein Marktteilnehmer ist bereit, Tierwohl-Maßnahmen zu finanzieren, die nicht zu einer höheren Einstufung führen.
Die Initiative des Deutschen Tierschutzbundes e.V. für mehr Tierwohl sieht mit seinem Programm nur zwei Stufen vor, eine Einstiegs- und eine Premiumstufe. Hier gibt es im Bereich Masthühner und Legehennen zwar sehr hohe Anforderungen für mehr Tierschutz, allerdings dürften diese dem Verbraucher mit dem geplanten 4-stufigen Programm schwer zu vermitteln sein.
Kritik auch vom Handelsverband Lebensmittel
Auch der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) warnt in einem Positionspapier vor einer staatlichen Tierhaltungskennzeichnung, die zu stark von den eingeführten Haltungsform-Clustern abweicht. Man sieht die Gefahr, dass damit die bisherigen Bemühungen der Branche unterlaufen werden. Zudem gibt es inhaltliche Kritik zur Orientierung an der Eierkennzeichnung. Die Aufzucht und Haltung von Schweinen und Rindern seien nicht vergleichbar und damit nicht übertragbar.
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