Nach dem neuen EU-Tiergesundheitsrecht stehen Tierhalter in der besonderen Verantwortung, ihre Bestände vor Seuchen wie der Geflügelpest wirk-sam zu schützen. In Niedersachsen wurde hierzu ein Biosicherheitskonzept für Geflügelhaltungen erarbeitet. Es unterstützt Betriebe mit konkreten Arbeitshilfen.
Allein in Niedersachsen wurden in der Zeit von Dezember 2020 bis Dezember 2023 insgesamt 157 Geflügelpest-Ausbrüche festgestellt. Sie verursachten rund 2,8 Mio. verendetes oder getötetes Stück Geflügel und Kosten der Tierseuchenkasse in Höhe von 49,5 Mio. Euro.
Auch aktuell stuft das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) das Risiko von Geflügelpest-Einträgen in deutsche Hausgeflügelhaltungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln weiterhin als hoch ein. Deshalb hat der Schutz des Geflügels vor einem Eintrag und der möglichen weiteren Verbreitung des Virus oberste Priorität.
Neues EU-Tiergesundheitsrecht mit Anforderungen
Das neue EU-Tiergesundheitsrecht (Animal Health Law=AHL) sowie das deutsche Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) verpflichten den Tierhalter, wirksame Biosicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren auf seinem Betrieb zu ergreifen. Besondere Schutzmaßnahmen gelten darüber hinaus, wenn der Ausbruch der Geflügelpest festgestellt wurde.
Gemäß AHL sollen tierhaltende Betriebe betriebsindividuell Biosicherheitsmanagementpläne erstellen. Dazu gehören zum Beispiel Regelungen zum Tier-, Personen- und Fahrzeugverkehr oder Vorgaben zur Nutzung von Ausrüstung im Betrieb.
Das AHL verpflichtet auch Tierärzte zu besonderen Aufgaben in Zusammenhang mit der Seuchenprävention. In den Aufgabenbereich der Tierärzteschaft fallen insbesondere diesbezügliche Beratungen des Tierhalters. Außerdem müssen Tierärzte durch ihre Diagnosen das frühzeitige Erkennen von Seuchen sicherstellen.
Initiative von Landvolk und Tierseuchenkasse
Um den neuen Anforderungen des AHL gerecht zu werden, wurde auf Initiative der Niedersächsischen Tierseuchenkasse und des Landvolk Niedersach-sen vor einem Jahr die „Arbeitsgruppe Biosicherheit in Geflügelhaltungen“ mit maßgeblichen Akteuren aus Verbänden, Verwaltung und Wissenschaft gegründet. Die Arbeitsgruppe erstellte ein Biosicherheitskonzept für Geflügel haltende Betriebe, das sich zunächst an Geflügelhaltungen mit über 1.000 Stück Geflügel richtet. Ziel war, eine Arbeitshilfe für Tierhalter, Tierärzte und Behörden zu schaffen, die sowohl EU-Recht als auch nationales Recht abbildet.
Nach AHL sollen die in einem Betrieb getroffenen Schutzmaßnahmen ausreichend flexibel und auf die Art der Produktion sowie die betreffenden Tierarten und -kategorien abgestimmt sein. Weiterhin sollen sie den lokalen Gegebenheiten, technischen Entwicklungen und betriebsindividuellen Risikofaktoren Rechnung tragen. Das jetzt erstellte „Niedersächsische Biosicherheitskonzept Geflügel“ umfasst zehn Handlungsbereiche:
- Angaben zum Betrieb und Lageskizze
- Kenntnisse / Sensibilisierung / Unterweisungen
- Umzäunung / Einfriedung
- Betriebsgelände inklusive Tierbereich
- Zutrittsregelungen / Hygieneschleuse (Personen)
- Fahrzeugverkehr
- Materialien (Einstreu, Futtermittel, Dung, Mist, Kadaver etc.)
- Tierverkehr
- Überwachung Tiergesundheit
- Schädlingsbekämpfung
Für jeden der Bereiche werden die entsprechenden Vorgaben der geltenden nationalen und EU-rechtlichen Bestimmungen dargestellt. Teilweise sind „Empfehlungen“ formuliert, sofern rechtliche Vorgaben fehlen. Die Umsetzung für jeden Betrieb und – soweit zutreffend – für jede Maßnahme muss betriebsindividuell beschrieben werden.
Bei Nicht-Einhaltung droht Kürzung von Entschädigungen
Wichtig: Mit einem solchen Biosicherheitskonzept werden nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern auch wesentliche Voraussetzungen für Entschädigungen durch die Niedersächsische Tierseuchenkasse (im Schadensfall) erfüllt. Auch wenn der Schutz vor Tierseuchen Investitionen erfordert, sollte der daraus resultierende Rückgang an Seuchenausbrüchen und die Vermeidung der wirtschaftlichen / finanziellen, emotionalen und tierschutzrelevanten Folgeschäden die Tierhalter motivieren, diese Investitionen nicht zu scheuen. Vor diesem Hintergrund unterstützt die Niedersächsische Tierseuchenkasse tierärztliche Beratungen zum Schutz vor biologischen Gefahren mit einer Beihilfe.
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