Bisher konnten nur Öko-Geflügelausläufe mit Agri-Photovoltaik bestückt werden. Nach Änderung der EU-Vermarktungsnormen für Eier ist das voraussichtlich ab Dezember für jeden Betrieb möglich. Das Interesse bei Geflügelhaltern ist groß.
Die Sonne hat noch sehr viel Kraft an diesem Septembertag. Mensch und Tier freuen sich über ein schattiges Plätzchen. Das gilt auch für die kleine Legehennenherde, die im Gewerbegebiet Rathenow (Brandenburg) unter einer aufgeständerten Agri Photovoltaikanlage (Agri PV) pickt und scharrt: „Das ist der erste Vorteil von Agri PV für Hennen. Sie finden immer Schatten im Auslauf, unter den Modulen ist die Temperatur um einige Grade niedriger als in der Sonne“, erzählt Michael Bleiker. Er ist Betriebsleiter der Demonstrations- und Forschungsanlage, zu der der Geflügelauslauf gehört.
Doppelnutzung: Gewinnen von Solarstrom und Landwirtschaft
Die Demonstrations- und Forschungsanlage wurde vor drei Jahren von der Sunfarming GmbH errichtet. Sunfarming gilt als Pionier der Agri-Photovoltaik und befasst sich seit rund 20 Jahren mit diesem Thema. Im Gewerbegebiet Rathenow werden verschiedene Formen der Doppelnutzung von Solarstromgewinnung und Landwirtschaft getestet, die in unseren Breitengraden Sinn machen. Dazu gehört nicht nur die Tierhaltung mit Legehennen, Mutterkühen oder Schafen, sondern auch der Anbau von Obst- und Beerensträuchern, Gemüse oder Wein unter den Solardächern.
Der unschlagbare Vorteil der Doppelnutzung: Es geht durch die Photovoltaikanlage keine Fläche für die Nahrungsmittelproduktion verloren, die vieldiskutierte Konkurrenz Nahrungsmittel gegen Stromerzeugung gibt es hier nicht. „Diese Kombination macht Sinn“, so Michael Bleiker.
Das Interesse von potenziellen Anwendern der Doppelnutzung ist groß. Die Demonstrationsanlage in Rathenow ist inzwischen dreimal wöchentlich geöffnet für Besucher - und die kommen reichlich. Nach Aussage von Bleiker sind dabei auch Geflügelhalterinnen und Geflügelhalter, die die Vorteile einer aufgeständerten Anlage in ihren Ausläufen sehen. „Das ist nicht nur Doppelnutzung, sondern auch Doppelnutzen“, sagt er.
Leghennen profitieren von Modultischen
Die Tiere im Auslauf profitieren nämlich vom wortwörtlichen „Schutzschirm“. Beutegreifer haben dort wenig Chancen. Im Sommer gibt es, wie erwähnt, immer Schattenbereiche im Auslauf, die Temperatur ist dort niedriger. Im Winter ist es unter den Modulen immer ein bis zwei Grad wärmer als in den nicht überdachten Bereichen. Außerdem werden die Tiere vor Starkregen oder Hagel geschützt, starker Wind wird durch die Module gebrochen.
Die bifazialen Module von Sunfarming sind sehr robust, Hagel kann ihnen nichts anhaben und sie sind unempfindlich gegen Ammoniak. Die Montageschienen der Module sind quasi Regenrinnen, die das ablaufende Wasser auffangen, aber durch Schlitze wieder abgeben nach unten. So gelangt Feuchtigkeit auf den Bewuchs unter den Modulen.
Erhöhte Einspeisevergütung soll kommen
Um eine erhöhte Einspeisevergütung als Agri-PV zu erhalten, müssen die Module voraussichtlich mindestens 2,10 m hoch aufgeständert sein. Diese Regelung will die Bundesregierung in Kürze umsetzen. Niedriger aufgeständerte Anlagen sollen dann nur die reguläre Einspeisevergütung erhalten.
Für Michael Bleiker macht die Höhe von 2,10 m auch fachlich Sinn: „Man kann durchgehen, ohne sich anzustoßen, das ist aus Sicht des Arbeitsschutzes gut. Außerdem kann man mit dem Hoftrac durchfahren für die Pflege der Flächen.“ Bei einer Mindesthöhe von 2,10 m sei außerdem die Gefahr gering, dass die Hühner hochfliegen und die Module verschmutzen.
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