Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist zuversichtlich, dass die Agri-Photovoltaik in Deutschland künftig häufiger zu sehen sein wird. Seines Erachtens hat sie Vorteile gegenüber der Flächen-Photovoltaik. So wird etwa die Konkurrenz um die Fläche entschärft.
„Wir stehen beim Ausbau der Photovoltaik in Deutschland vor einer gewaltigen Aufgabe: Auf unserem Weg zur Klimaneutralität ist eine Verdreifachung des jährlichen Zubaus der Solarleistung allein bis 2026 nötig“, sagte Robert Habeck bei einem Besuch eines Agri-Photovoltaik-Projekts in Rathenow, Brandenburg. Agri-Photovoltaik (PV) ist bekanntlich die kombinierte Nutzung ein und derselben Fläche für Landwirtschaft und Stromerzeugung. Für den nötigen PV-Zubau würden Dächer nicht ausreichen, so Habeck. Zusätzlich müssten auch nicht verbaute Flächen genutzt werden.
Hühner und Gänse unter Solarmodulen
Der Wirtschaftsminister besuchte in Rathenow das Unternehmen SUNfarming, das dort eine Agri-PV-Testanlage betreibt. Dort laufen Hühner und Gänse neben Rindern unter Solarmodulen. Und verschiedene Kulturen werden unter den Solardächern angebaut. Laut SUNFarming werden sowohl die Flächen als auch die Tiere durch die aufgeständerten PV-Module vor widrigen Witterungsverhältnissen wie Starkregen oder intensiver Sonneneinstrahlung geschützt.
Mit Agri-Photovoltaik werde die Konkurrenz um die Fläche entschärft: nicht Landwirtschaft oder Solarenergie, sondern beides zugleich: „Ich bin zuversichtlich, dass wir Agri-Photovoltaik in Deutschland in Zukunft häufiger sehen werden. Die Nachfrage der Landwirte ist da, das Interesse groß“, sagte Habeck.
Photovoltaik-Zuwachs zur Hälfte von Freiflächen
Bis 2030 soll der Bruttostromverbrauch in Deutschland zu mindestens 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden, davon ein großer Teil aus Solarstrom. Minister Habeck hatte Anfang Mai die neue Photovoltaik-Strategie vorgestellt. Hiermit soll der Ausbau der Solarenergie weiter beschleunigt werden. Zu den beabsichtigen Schritten gehören zum Beispiel schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren bei Freiflächenanlagen. Ab 2026 sollen jährlich 22 GW Photovoltaikleistung zugebaut werden, davon die Hälfte, also 11 GW auf Freiflächen.
Mit dem EEG 2023 hat die Bundesregierung bereits die so genannte Flächenkulisse erweitert: Damit werden Agri-PV-Anlagen wie reguläre Freiflächen ausgeschrieben und vergütet. Bestimmte, kostenintensivere Agri-PV-Anlagen können einen zusätzlichen Bonus erhalten, um wettbewerbsfähig zu sein – derzeit 1,2 Cent pro Kilowattstunde. Mit dem geplanten Solargesetzespaket sollen weitere Schranken für die Nutzung von Sonnenkraft in Deutschland beseitigt und Anreize gesetzt werden.
Kleine Agri-PV-Anlagen künftig privilegiert
Eine Neuerung gibt es seit kurzem im Baurecht: Künftig sind Agri-PV-Anlagen mit einer Größe von bis zu 2,5 Hektar baurechtlich privilegiert (nach § 35 Baugesetzbuch). Sie können gebaut werden, ohne dass ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss. Dazu müssen sie nur in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zu einem Landwirtschafts-, Forst- oder Gartenbaubetrieb errichtet werden. Eine vergleichbare Privilegierung gab es bislang nur für Freiflächensolaranlagen entlang von Autobahnen und mehrgleisigen Schienenstrecken.
Für die Agri-PV-Anlagen gibt es drei Varianten:
- Hochaufgeständerte Anlagen in mindestens 2,10 m Höhe (Fläche darunter wird bewirtschaftet)
- Der Sonne nachgeführte Anlagen
- Senkrechten Anlagen
Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte sieht gerade die Nutzung von senkrechten, bifazialen Anlagen, die in Ost- und Westrichtung ausgerichtet sind, als sehr sinnvoll an: „Sie verbrauchen wenig Fläche und in Dürrephasen kann eine leichte Verschattung sogar zu besseren Erträgen führen. Zudem begünstigen sie eine gleichmäßigere Stromnetzauslastung, da sie keinen Mittags-Peak erzeugen, sondern vor allem morgens und abends Strom liefern.“
Experten sehen die Grenze 2,5 Hektar bei der Privilegierung allerdings als zu niedrig an, weil eine Wirtschaftlichkeit sich durch die hohen Kosten kaum darstellen lasse. Es seien mindestens 5 Hektar nötig.
Legehennenhalter warten auf Erlaubnis zur Doppelnutzung
Viel diskutiert wird Agri-PV in Zusammenhang mit der Freiland-Legehennenhaltung. Nach wie vor gibt es hierzulande das Doppelnutzungsverbot für die konventionelle Freilandhaltung. Viele Legehennenhalter warten auf die entsprechende Änderung der EU-Vermarktungsnormen für Eier. Sie soll zum Jahresende endlich kommen. Für Biobetriebe gilt das Doppelnutzungsverbot bekanntlich nicht.
Reagieren
Geflügelnews lädt Sie ein, auf Artikel zu reagieren und schätzt Reaktionen mit Inhalt. Die Redaktion behält sich das Recht vor, beleidigende oder kommerziell motivierte Reaktionen ohne Angabe von Gründen zu entfernen.