Auf der Frühjahrstagung der Agrarministerkonferenz (AMK) am 24. März in Büsum warnten die Agrarministerinnen und -minister aus Bund und Ländern die Bundesregierung vor einer Eins-zu-eins-Umsetzung des geplanten Eckpunktepapiers für die Putenhaltung. Diese brächte erhebliche wirtschaftliche Belastungen mit sich.
Agrarminister: Vollständige Umsetzung des Puten-Eckpunktepapiers wirtschaftlich nicht tragfähig
In ihrem Beschluss betont die Agrarministerkonferenz unter anderem, dass eine tiergerechtere Haltung von Mastputen notwendig sei und geregelt werden müsse. Dafür sei das Eckpunktepapier des Bundeslandwirtschaftsministeriums für eine Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung eine „Grundlage“. Gleichzeitig wird aber auch auf die erheblichen wirtschaftlichen Belastungen verwiesen, die eine vollständige Umsetzung umstrittenen Eckpunkte des Bundeslandwirtschaftsministeriums für eine tiergerechtere Haltung von Mastputen mit sich bringen würde.
Grüne Minister vermeiden offene Kritik an BMEL-Eckpunkten
Die Eckpunkte für die deutsche Putenhaltung werden aber nur von einem Teil der Länderagrarminister eindeutig abgelehnt. In einer Protokollerklärung zu einem Beschluss der Agrarministerkonferenz (AMK) fordern lediglich die Ressortchefs von Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen den Bund dazu auf, das Eckpunktepapier des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu überarbeiten. Die grünen Minister hingegen schließen sich dieser Forderung nicht an.
Für die Minister von Union, SPD, FDP und Linken sind insbesondere die im Eckpunktepapier vorgeschlagenen Besatzdichten nicht akzeptabel. Ihrer Ansicht nach dürfen die Besatzdichten der Initiative Tierwohl (ITW) und entsprechende Vorgaben in anderen EU-Ländern nicht erheblich unterschritten werden, um Wettbewerbsnachteile für hiesige Erzeuger zu vermeiden.
Große Sorge über beschleunigten Rückgang
Bereits im Vorfeld der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz hatten sich die LandwirtschaftsministerInnen aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein mit der Forderung an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir gewandt, dass der Bund beim Umbau der Tierhaltung mit den Ländern zusammenarbeiten müsse. Nur so könne ein Strukturbruch bei der Nutztierhaltung in Deutschland mit gravierenden Folgen für die Landwirtschaft und den gesamten ländlichen Raum verhindert werden.
"Mit großer Sorge stellen wir einen beschleunigten Rückgang der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Deutschland fest", heißt es in dem von den Ministerinnen Michaela Kaniber und Silke Gorißen sowie den Ministern Peter Hauk, Sven Schulze und Werner Schwarz gemeinsam unterzeichneten Schreiben. Es drohe ein Strukturbruch, und zwar nicht nur im Schweinebereich, sondern auch in der Putenhaltung. Es dürfe nicht dazu kommen, dass Tierhalter durch überzogene, nicht praktikable Anforderungen und viel zu gering bemessene Förderung aufgeben und zugleich vermehrt Lebensmittel importiert werden, die unter geringeren Tierwohl- und Umweltstandards erzeugt werden.
Offen für gemeinsam entwickelte Richtlinien sein
Aus der Putenbranche war indes Erleichterung zu vernehmen. „Das Bekenntnis von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, eine Lösung zu erarbeiten, die in der Praxis der Putenhaltung funktioniert, ist der erste Schritt auf dem richtigen Weg“, äußerte der Geschäftsführende Gesellschafter von Heidemark Christopher Kalvelage. Der Ahlhorner Putenspezialist setzt große Hoffnung auf Özdemirs Signal in Richtung der Puten-Branche und begrüßt die Bereitschaft des Bundesministers, mit allen Marktteilnehmern und im breiten Konsens mit allen Parteien eine moderne und funktionierende Putenhaltung in Deutschland gesetzlich zu verankern. „Dafür ist es allerdings notwendig, dass sich das BMEL von den Vorgaben im Eckpunktepapier trennt und für gemeinsam entwickelte Richtlinien offen ist“, so Kalvelage. „Wir bekräftigen im Namen der Branche unsere Bereitschaft, gemeinsam eine praxistaugliche Lösung zu erarbeiten.“
Christopher Kalvelage unterstützt ausdrücklich Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus, der gesagt hatte: „Den Vorschlag des BMEL für die Putenhaltung können wir so nicht akzeptieren. Wir müssen uns zusammenhocken und Wettbewerbsfähigkeit mit Tierwohl so miteinander verknüpfen, dass wir den Anschluss in Europa nicht verlieren.“
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