Nicht erst seit der Corona-Pandemie sind Verkaufsautomaten in den Blick der Direktvermarkter gerückt. Inzwischen ist es ein wahrer Boom geworden und immer mehr Direktvermarkter überlegen, ob es auch für sie ein passendes Standbein sein könnte. Wir sagen, worauf zu achten ist.
Rechtliche Vorgaben
Ganz oben steht die Frage, was aus rechtlicher Sicht auf den Betrieb zukommen kann. Als erstes muss sich ein landwirtschaftlicher Betrieb, der im Bereich der Produktion, der Verarbeitung oder des Vertriebs von Lebensmitteln tätig ist, nach dem EU-Hygienerecht und der Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) als Lebensmittelunternehmer registrieren lassen - egal auf welchem Wege er vermarktet. Zuständig ist die Lebensmittelüberwachung des Landkreises oder der kreisfreien Stadt.
Weitere Anforderungen des Hygienerechts hängen davon ab, welche Produkte über den Automaten vermarktet werden. Sind es kühlpflichtige Erzeugnisse, muss die Temperatur überwacht werden. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist auch immer im Blick. Für die Reinigung und Wartung des Automaten gibt es ebenso Vorgaben wie für die Räumlichkeiten und Abläufe beim Herstellen, Verarbeiten der Produkte sowie des Beschickens des Automaten. Das alles wird im betrieblichen Eigenkontrollsystem festgehalten.
Werden leichtverderbliche Produkte abgegeben, müssen alle Personen, die mit diesen Erzeugnissen umgehen, über eine Erstbelehrung nach dem Infektionsschutzgesetz verfügen. Diese bekommt man beim Gesundheitsamt seines Landkreises. Im Zwei-Jahres-Rhythmus sind Folgebelehrungen nachzuweisen. Die können von der Betriebsleitung durchgeführt werden oder über externe Hygieneschulungen erfolgen.
Alle Erzeugnisse im Automaten werden in Abwesenheit des Kunden verpackt. Daher müssen sie mit allen für Fertigpackungen vorgeschriebenen Angaben auf einem mit dem Produkt fest verbundenen Etikett gekennzeichnet sein. Zusätzlich muss für jedes Produkt klar ersichtlich sein, wie viel es kostet. Wenn Verarbeitungsprodukte wie Fruchtaufstriche, Wurst oder Zukaufprodukte angeboten werden, kommt das Gewerberecht zum Tragen.
Der Aufstellungsort
Steht der Automat in einer eigenen Hütte, ist zu prüfen, ob für deren Aufstellung eine Baugenehmigung notwendig ist. Dies hängt unter anderem davon ab, ob der Platz im Außen- oder Innenbereich liegt und wie groß die Hütte vorgesehen ist. Neben dem Bauamt sollte auf Grund der Auflagen an Kreis- und Bundesstraßen im Vorfeld auch die Verkehrsbehörde angesprochen werden. Dies gilt ebenso für Schilder und Werbemaßnahmen.
Liegt der Aufstellungsort auf dem Hof, können der Aufwand für Beschickung und Betreuung geringgehalten, Installationen mit vertretbarem Aufwand geschaffen werden und der Automat ist in Blicknähe. Allerdings muss der Betrieb verkehrsgünstig liegen, damit genügend Kunden den Weg zum Automaten finden. Ist dies nicht gegeben, hilft ein entfernter liegender Standort mit guter Kundenfrequenz. In beiden Fällen sind gute Beleuchtung, sichere Zuwegung, gut sichtbare Ausschilderung und ausreichend Parkmöglichkeiten wichtig. Auch die Absicherung gegen Diebstahl und Vandalismus gehören zur Vorbereitung.
Die Modellwahl
Welche Art von Automaten in Frage kommt, ist abhängig davon, was verkauft werden soll. Je mehr verschiedene Produkte angeboten werden, desto flexibler zu gestalten sein sollten die Fächer, um sie kurzfristig an saisonale Bedingungen anpassen zu können. Eine Frostschutzheizung darf auch nicht fehlen. Werden zu kühlende Produkte oder Tiefgefrorenes angeboten, gehört eine automatische Temperaturaufzeichnung dazu.
Wichtig ist auch die saubere Aufzeichnung der Verkaufsdaten. Viele Systeme haben ein Warenwirtschaftssystem hinterlegt, das Füllmengen im Blick hat und Störungen automatisch meldet. Die Abrechnung ist auch als offene Ladenkasse möglich. Dazu müssen täglich Aufzeichnungen mit Zählprotokollen geführt werden. Um die Vollständigkeit nachzuweisen, sollten die Kassenberichte fortlaufend nummeriert sein. Verkaufszähler und Software für die Buchführung unterstützen den Nachweis fürs Finanzamt.
Je nach Hersteller und Modell arbeiten die Automaten mit unterschiedlichen Mechanismen. Automaten mit Einzelwarenfächern werden in unterschiedlichen Größen und flexibler Zahl an Fächern, mit und ohne Kühlung angeboten. Die Fächer sind zum Aufklappen oder Herausziehen. Hat ein Kunde eingekauft, steht das Fach erst mal leer.
Bei Modellen mit Ausgabefach lagern die Produkte hintereinander. Nach dem Bezahlen fällt die gewählte Ware ins Ausgabefach oder den Warenlifter, das nächste Exemplar rutscht nach.
Ist das Gerät schwer einsehbar, kann eine Videoüberwachung sinnvoll sein. Dann muss unbedingt der Hinweis „Dieser Bereich ist videoüberwacht“ erfolgen. Für den Kunden ist es komfortabler, wenn sowohl mit Münzgeld als auch Banknoten bezahlt werden kann. Inzwischen sind Kartenlesegeräte Standard. Diese verursachen im Monat rund 100 € Kosten.
Die Sortimentsgestaltung
Von Kartoffeln und Eiern über Obst und Gemüse bis zu Honig und verarbeiteten Produkten: Es gibt fast nichts, was Landwirte nicht über Verkaufsautomaten anbieten können. Auf jeden Fall sollten eigene Produkte im Angebot sein, da diese oft der Grund für den Kauf beim Direktvermarkter sind. Sie können – für die Produktvielfalt – durch Zukaufsprodukte ergänzt werden, wenn möglich aus der Region. Steht der Automat an einem Rad- und Wanderweg, sind Produkte für den Snack zwischendurch und kleinere Gebinde gefragt. An einer Durchfahrtsstraße mit viel Berufsverkehr bzw. in der Nähe eines Wohngebietes, kann der Automat der Alltagsversorgung dienen. Dann eignen sich beispielsweise Grillfleisch, Milch und Eier sowie auch größere Gebinde mit Kartoffeln und Äpfeln. Ganz wichtig ist es auf jeden Fall, sich mit seinem Sortiment von seinen Mitbewerbern abzuheben.
Die Kosten
Für den Automat kann ab 3.000/5.000 Euro Gerätekosten kalkuliert werden – nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Der Preis ist davon abhängig, ob gebraucht, neu gekauft oder geleast sowie welche Ausstattung gewählt wird. Dazu kommen die Gründung des Standortes sowie der Unterstand. Je nach Aufwand können sich die Anschaffungskosten des Automaten bis zu verdoppeln.
Weiter einzurechnen sind die täglichen Betriebskosten für Strom, Wasser und Reinigungsmittel sowie ein Zeitansatz fürs Vorbereiten der Ware, Befüllen und Reinigen. Nicht vergessen werden darf ein Etat für Werbung (z. B. Flyer, Schilder, Website, …) sowie die notwendige Anpassung der Betriebshaftpflicht und Gebäudeversicherung. Eine eigene Versicherung des Automaten gegen Diebstahl und Vandalismus ist angebracht.
Fazit
Die Vorteile des Automatenverkaufs liegen auf der Hand: Kunden können so leckere Hoferzeugnisse jederzeit kaufen, auch wenn sie es nicht zu den Öffnungszeiten des Hofladens schaffen. Außerdem können sie in Ruhe schauen, ohne warten zu müssen und bleiben anonym.
Dagegen können die Landwirte ihre Verkaufszeiten im Hofladen verringern, was gerade in Zeiten des Personalmangels oft ein Grund für die Entscheidung für einen Automaten ist. Aber auch die geringeren Personalkosten tragen dazu bei. Das Angebot steht rund um die Uhr zur Verfügung, auch außerhalb der Ladenschlusszeiten sowie sonn- und feiertags. Die Ware lagert sicher und sauber. Die Vermarktung fügt sich gegebenenfalls besser in die betrieblichen Abläufe ein. Damit können Arbeitsspitzen entzerrt werden und es ist möglich, neue Kunden zu erreichen.
Eine Vermarktung über Automaten benötigt eine gewisse Anlaufzeit. Je attraktiver das Angebot ist, desto eher kommen die Kunden. Wenn die Qualität stimmt und die Produkte schmecken, läuft der Verkauf. Das bedeutet dann mehr Zeitaufwand für das Nachfüllen, besonders zu solchen Zeiten, zu denen andere Verkaufsorte geschlossen sind. Vergessen Sie nicht, Ihre Telefonnummer für Notfälle am Automaten zu hinterlassen. Nur zufriedene Kunden kommen regelmäßig wieder.
Was für den eigenen Betrieb das Passende ist, muss jeder für sich betrachten und dann seine Entscheidung treffen. Bei allen Überlegungen unterstützen die Spezialberaterinnen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sowie die zuständigen Behörden.
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