Verkaufsautomaten: 24 Stunden geöffneter Supermarkt

28 März 2023
Absatz
Bönsch

Familie Bönsch hält Legehennen und setzt schon lange auf Direktvermarktung. Mit den neuen Verkaufsautomaten ist der Hofladen 24 Stunden am Tag geöffnet – und Bönschs können trotzdem ruhig schlafen. 

Christian Bönsch macht aus seinem Ärger keinen Hehl: Obwohl sich der Verkaufsstand direkt auf dem Hof befand und mit einer Videokamera bestückt war, verstanden Kunden das Wort „Selbstbedienung“ häufiger falsch. Nicht nur, dass die Kasse oft nicht stimmte, auch Dekogegenstände verschwanden. Speziell Letzteres ärgerte Christian Bönschs Mutter. Sie nutzte für eine ansprechende Gestaltung des Verkaufsstandes gern „alte Schätze“ von Haus und Hof.

Mehrere Vermarktungswege für die Freiland-Eier

Familie Bönsch hält in Sulingen (Landkreis Diepholz, Niedersachsen) knapp 10.000 Freiland-Legehennen und vermarktet den Großteil an umliegende Supermärkte, Gastronomie und Wiederverkäufer. Aber auch die Direktvermarktung ab Hof ist ein wichtiges Standbein.

Im vergangenen Jahr stand die Erneuerung des in die Jahre gekommenen Verkaufsstandes an. „Da ging es um die generelle Frage, wie es mit der Direktvermarktung weitergehen soll,“ erzählt der junge Landwirt. Der Ärger über die „Langfinger“ war die eine Sache, die vielen Stammkunden, die ihnen auch im vergangenen Jahr trotz deutlich gestiegener Lebenshaltungskosten die Treue hielten, die andere Sache.

Klar war, dass freie Arbeitszeit begrenzt vorhanden war, aber auch kein Personal eingestellt werden sollte. Für eine Erweiterung des Sortiments gab es viele Ideen: Zum Beispiel vermarkteten Christians Bruder Sebastian und dessen Frau als Jäger bereits Wildfleisch. „Die Beiden sind sehr kreativ, sie stellen neben Wildbratwurst Wildschweine-Burger oder Leberkäse aus Damwild her“, so Christian Bönsch.

Lange nach passenden Automaten gesucht

Die Entscheidung, mit der Direktvermarktung weiterzumachen, wurde schnell gefällt. „Und dann folgerichtig auch die Entscheidung, dass Automaten für uns die richtige Lösung sind,“ berichtet er. Allerdings nahm die Suche nach den passenden Modellen dann doch viel Zeit in Anspruch. „Diese Zeit sollte man sich aber unbedingt nehmen,“ rät der Landwirt. Sein Eindruck: Es tummeln sich hier auch Vertreter/Anbieter, die das schnelle Geld bei vermeintlich „unwissenden“ Landwirten wittern. Denn Verkaufsautomaten liegen im Trend, immer öfter sieht man sie nicht nur auf landwirtschaftlichen Betrieben. Auch an verkehrsgünstigen Standorten findet man sie, bestückt mit Grillfleisch, Kartoffeln, Eiern etc. und eben 24 Stunden am Tag geöffnet. 

„Man muss sich sehr genau überlegen, was man konkret braucht. Will man nur gekühlte Waren verkaufen oder auch tiefgefrorene, wie oft will/kann man nachlegen? Wie soll bezahlt werden?“ Bönsch rät, sich unbedingt bei Berufskollegen zu informieren, sich vor Ort Lösungen anzuschauen und sich gegebenenfalls auch Fachberatung etwa bei der Landwirtschaftskammer zu holen. Darüber hinaus sollte man schon etwas technikaffin sein, so Bönsch. „Dann kann man Kleinigkeiten selbst ändern oder reparieren.“

Familie Bönsch hat sich für eine „große“ Lösung entschieden, die Investition ging in den sechsstelligen Bereich. Der neue, schön gestaltete Verkaufsraum konnte in eine Scheune am Hof integriert werden. Ein Automat ist mit einer größeren Auswahl an Tiefkühlware bestückt, unter anderem mit eigenen Suppenhühnern, dem erwähnten Wildfleisch oder auch Bauernhofeis: „Im Sommer verkaufen wir natürlich mehr Einzelportionen zum direkt genießen,“ so Bönsch. Das Bauernhofeis wird 60 km entfernt in Minden hergestellt, die Milch kommt von Betrieben im Umfeld.

Zum aktuellen Sortiment gehören neben Eiern außerdem Wurstwaren vom Aktivstallschwein, Grillwürstchen („ein Muss“), fertige Suppen in Gläsern, hergestellt von einem benachbarten Schlachter, Kartoffeln aus der Region, aber auch Burger-Brötchen (für die Wildschweine-Burger), Bier, Limonaden oder kleine Snacks.

Das richtige Sortiment für die Direktvermarktung

Für Christian Bönsch ist es eine der großen Herausforderungen der Direktvermarktung, das „richtige“ Sortiment zu finden. Regionale Herkunft ist wichtig. Man braucht einige Standardsachen, aber eben auch mal was Neues, was man nicht überall bekommt und natürlich muss es jahreszeitlich passen. Mit Beginn der Grillsaison wird das Sortiment da größer, der Grünkohleintopf ist dagegen durch bis zum nächsten Winter.
Intensiv befassten Bönschs sich mit der Frage, wie sie den Einkauf an den Automaten für ihre Kunden so einfach und „nett“ wie möglich machen können. Dazu gehört als Erstes, dass der Hofladen 24 Stunden am Tag geöffnet ist. Alle Automaten im Verkaufsraum werden über nur ein Display verwaltet. Die Kundin/der Kunde sieht Fotos der einzelnen Produkte, die sie/er auswählen kann. Die Produktfotos macht er selbst. Der Kunde kann mehrere Waren auswählen, dann bezahlt er in bar oder per Karte. Erst danach öffnen sich nacheinander die Klappen und geben die gekauften Waren frei.

Sollte es mal Probleme geben mit sich verhakenden Produkten oder Ähnlichem, hängt ein „Notfall-Telefon“ im Laden, über das immer jemand auf dem Hof erreichbar ist.

Automaten mit hinterlegtem Warenwirtschaftssystem

Sehr wichtig für Bönschs: Hinterlegt bei den Automaten-Verkäufen ist ein Warenwirtschafts- und Abrechnungssystem. Die Zahlen gehen automatisch an das Finanzamt. Die Warenbestände sind immer abrufbar. „Das System weiß zum Beispiel auch, wann welche Fächer mit Eiern bestückt wurden und welche demzufolge als Erste abverkauft werden.“ Das spart sehr viel Arbeit.

Geht der persönliche Kontakt zu den Kunden, der ja eine wichtige Rolle spielt bei der Direktvermarktung, verloren durch die Automaten? Nein, auf keinen Fall, lacht Bönsch: „Wir haben uns ja bewusst für den Laden direkt auf dem Hof entschieden, wir leben hier. Da läuft man den Kunden oft über den Weg.“ Die positiven Rückmeldungen der Besucher bestätigen ihm, dass die Investition in die Direktvermarktung richtig war.

Christa Diekmann-Lenartz
Bild: Christa Diekmann-Lenartz

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