Schweiz: Eierbranche beendet Kükentöten freiwillig

04 September 2024
Verbände
Orbem Menschengruppe

Die Schweizer Arbeitsgruppe, die an einer freiwilligen Branchenlösung zum Verzicht auf das Kükentöten arbeitete, hat sich hier zum Foto aufgestellt.

 

Die Schweizer Eierproduzenten verzichten ab 2025 auf das Kükentöten. Stattdessen setzen die Erzeuger im Rahmen einer freiwilligen Branchenlösung im konventionellen Bereich auf eine Früherkennung mittels In-ovo-Geschlechtsbestimmung. Im Biosegment erfolgt der Ausstieg schrittweise über die Aufzucht von Bruderhähnen.


Geschlechtsbestimmung im Ei – Lösung für die gesamte Branche

Die Schweizer Eierbranche wird bis Ende 2024 das reguläre Töten männlicher Küken beenden. Das teilte die Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten (Gallosuisse) mit. Stattdessen setzt die Branche künftig auf eine Früherkennung mittels In-ovo-Geschlechtsbestimmung. Ab 2025 wird in Schweizer Brütereien die intelligente Bildgebungstechnologie „Genus Focus“ zur Geschlechtsbestimmung im Ei eingesetzt. Die Maschine des Münchner Unternehmens Orbem und seines Automatisierungspartners Vencomatic Group ermöglicht einen Blick ins Ei noch bevor das Schmerzempfinden des Embryos einsetzt.

Laut Gallosuisse ist es geplant, diese Technologie ab Anfang 2025 in den beiden einzigen Schweizer Brütereien einzusetzen. Bis Ende 2025 sollen die Prozesse eingespielt und voll implementiert sein. Den Willen zum Ausstieg aus dem Kükentöten äußerte die Schweizer Eierbranche erstmals im Jahr 2020. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe und im Laufe mehrerer Runder Tische wurde der Gedanke von Aviforum, GalloSuisse und den Brütereien Animalco und Prodavi gemeinsam ausformuliert und die Suche nach einer passenden Alternative angestoßen. Weder Zweinutzungshühner noch die Aufzucht der Bruderhähne waren für die konventionellen Produzenten vertretbar. Die Geschlechtsbestimmung im Ei wurde als eine mögliche Option diskutiert, doch gab es in den letzten Jahren keine Technologie, die sämtliche Kriterien erfüllte. Im Genus Focus sieht die Schweiz eine praxistaugliche, hochautomatisierte und effiziente Technologie, die sich als landesweite Lösung eignet.

Genus Focus

Der Genus Focus zur in-ovo Geschlechtsbestimmung kombiniert Künstliche Intelligenz (KI) und beschleunigte Magnetresonanztomographie (MRT), um das Ei-Innere zu analysieren. Dabei wird das Ei durchleuchtet, und das Geschlecht durch einen KI-Algorithmus identifiziert. Eier mit männlichen Embryos werden dann aussortiert. Dies geschieht an Tag 11 und 12 der Inkubation – vor dem Einsetzen des embryonalen Schmerzempfindens. Die vollautomatisierte, kontaktlose Technologie hat keine Auswirkungen auf die Schlupfrate, kann für alle Geflügelrassen eingesetzt werden und ermöglicht es, bis zu 3.000 Eier pro Stunde pro Modul zu klassifizieren.

Schrittweiser Ausstieg im Biobereich

Im Biobereich hatte der Dachverband Bio-Suisse schon Ende 2021 entschieden, dass ab 2026 keine männlichen Küken mehr getötet werden dürfen. Die In-ovo-Geschlechtserkennung ist für Bio-Eier jedoch nicht erlaubt. Stattdessen erfolgt nach Angaben von Gallosuisse der Ausstieg schrittweise über die Aufzucht von Bruderhähnen der Legelinien und der Haltung von Zweinutzungshennen. Schon jetzt werde bereits die Hälfte der Bruderhähne aufgezogen. Bis Ende 2025 sollen es dann gemäß den Bio-Richtlinien 100% sein.

Leichte Preiserhöhung zu erwarten

Bei der Gallosuisse geht man davon aus, dass sich die Kosten für die Geschlechtsbestimmung im Ei auf rund 3 sfr (3,2 Euro) netto pro weibliches Küken belaufen werden. Es sei zu erwarten, dass die verkaufsfähigen Eier in der Direktvermarktung deshalb je nach Kategorie um bis zu 1,5 Rappen (1,6 Cent) teurer werden. Bei der Verkaufspreisgestaltung blieben die Unternehmen jedoch wie in der Vergangenheit „unabhängig und frei“. Mit einer leichten Preiserhöhung sei aber auch bei den Bio-Eiern zur rechnen, weil unter anderem die Fleischproduktion bei den Bruderhähnen aufwendiger sei, so der Branchenverband.

Freiwilliger Ausstieg

Gallosuisse hob hervor, dass die Schweiz weltweit erste Land sei, in dem die gesamte Eierbranche eine freiwillige, vom Gesetzgeber unabhängige Lösung gefunden habe. Sie stelle einen wichtigen Weg dar, um sowohl kontrovers diskutierten Praktiken entgegenzutreten als auch mit den fortschreitenden wissenschaftlichen und technologischen Möglichkeiten Schritt zu halten. In anderen Ländern sei der Ausstieg aus dem Kükentöten durch staatliche Gesetze vorgeschrieben worden, betonte der Verband. So sei in Deutschland das Kükentöten seit dem 1. Januar 2022 verboten, und in Frankreich seit dem 1. Januar 2023. Zum gleichen Datum habe Österreich das Kükentöten gesetzlich geregelt. Italien habe ein Verbot für 2027 angekündigt.

Geflügelnews, AgE
Bild: Orbem

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