„Der Staat soll aufhören, höhere Haltungsformen erzwingen zu wollen, ohne dass die Verbraucher diesen Weg mitgehen.“ Dies erklärte der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) Friedrich-Otto Ripke heute in einer Pressemitteilung und bezog sich damit auf die aktuelle Empfehlung der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), die Mehrwertsteuer bei Fleisch und Eiern zu erhöhen, um den Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl auszurichten.
Solch ein Vorgehen nützt nach Ansicht des ZDG-Präsidenten dem Tierwohl nicht. Die aktuelle Empfehlung der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) erwecke durch die ergänzende Senkung der MWSt. für z.B. Obst und Gemüse auch den Eindruck, dass es über den Tierschutz hinaus um die staatliche Lenkung der Verzehrgewohnheiten der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher gehe. Das klingt nach Einschätzung von Ripke nach Parteipolitik.
Der Markt muss Umbaukosten finanzieren
Tierhalter und Unternehmen der Ernährungswirtschaft können laut Ripke nur in mehr Tierwohl investieren, wenn die Kosten für diese Mehrleistung zu großen Teilen über den Markt finanziert werden. Wörtlich sagt Ripke: „Mehr Tierwohl gibt es sicher und langfristig über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahre nur, wenn die Politik sich von der Idee verabschiedet, höhere Tierwohlstandards am Markt vorbei durchzudrücken. Der Löwenanteil der steigenden Kosten auf Seiten der Tierhalter muss nach wie vor über Erzeugerpreise gedeckt werden und dazu brauchen wir unsere Verbraucherinnen Verbraucher mit ihrem entsprechenden Kaufverhalten.“
Die deutsche Geflügelwirtschaft unterstütze den Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl seit Jahren erfolgreich. Die mit ihrem Label auf Lebensmitteln bekannte Initiative Tierwohl (ITW) mit ihren jetzt 5 Haltungsstufen sei ein bewährtes Beispiel dafür. Und sie sei auch ein Beispiel für eine wirtschaftsgetragene Lösung, die über Mehrerlöse im Markt ökonomisch schon viele Jahre getragen und zur Mehrkostenerstattung für die Tierhalter durch den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) direkt beigetragen hat. Mit einer Mehrwertsteuererhöhung ist das nach Auffassung von Ripke nicht so einfach zu erreichen.
Der Wille ist da
Wie Ripke weiter betont, wollen die Unternehmerinnen und Unternehmer der Geflügelwirtschaft die Transformation und in Stallum- und -neubauten investieren. Dazu bräuchten sie jedoch Planungssicherheit über mehr als eine Legislaturperiode – „vom fehlenden unterstützenden Bau -und Emissionsrecht ganz zu schweigen. Dies soll bisher nur für Schweine mit einem Tierwohlprivileg ergänzt werden“, kritisiert der ZDG-Präsident.
Nur für Schweine
Einen steuerfinanzierten Umbau der Tierhaltung lehnt Ripke vor diesem Hintergrund ab. Die Einnahmen einer angedachten Mehrwertsteuererhöhung könnten haushaltsrechtlich nicht über lange Zeiträume zweckgebunden werden. Außerdem stünde die Hälfte davon den Kommunen zu. Schließlich würde die höhere Mehrwertsteuer alle Käuferinnen und Käufer von tierischen Lebensmitteln treffen – egal aus welcher Tierart sie ihre Lebensmittel wählen bzw. diese hergestellt worden sind. Die aus den Einnahmen zu finanzierende und an die Tierhalter auszuzahlende „Tierwohlprämie“ würde aber nach aktuell geltender Rechtslage nur Schweinehaltern zustehen. „Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz als Basis für die zu fördernden Haltungskriterien gilt eben nur für Schweine“, fügt Ripke an. Weiter warnt er: „Das würde sicher auf gemeinsamen Widerstand von Teilen der Ernährungswirtschaft und vielen Verbrauchern stoßen. Die Rahmenbedingungen stimmen so einfach nicht.“
Fleisch der Haltungsstufe 4 und 5 für die Tonne produzieren?
Den ZDG-Präsidenten besorgt zusätzlich, dass aktuell an der Ladentheke tierische Lebensmittel aus den unteren Haltungsstufen bevorzugt gekauft werden. Eine staatlich finanziell getriebene Ausweitung des Fleischangebots auf Stufe 4 oder 5 würde in diesem Hochpreisbereich kurzfristig nicht zu höherer Nachfrage führen. Ripke sagt: „Wenn das Fleisch besser gehaltener Tiere unverkauft in der Tonne landet, ist das ethisch verwerflich und ein Bärendienst für den Tierschutz.“ Eine Mehrwertsteuererhöhung würde zudem den Kauf von teuren Lebensmitteln hoher Haltungsstufen noch teurer und unattraktiver machen und eher als eine Art Konjunkturförderung für Billig-Importe wirken. Das könne weder die politische Absicht noch eine akzeptable Wirkung sein.
„Transformation über den Markt braucht sicher mehr Zeit als über staatliche Hilfsgelder. Aber wenn letztere im Staatshaushalt nicht oder nicht ausreichend und nicht langfristig gesichert zur Verfügung stehen, ist es der bessere Weg! Es ist der Weg der freien und sozialen Marktwirtschaft, der unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit weniger beeinträchtigt. Dieser Weg über den Markt ist bei unseren Nachbarn in der EU und auch global sowieso die Regel - Das kann kein Zufall sein“, so Ripke abschließend.
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