„Die Bundes- und Landesregierungen haben per Amtseid die Aufgabe übernommen, zum Wohle des deutschen Volkes beizutragen. Dazu gehört auch, die Versorgungssicherheit der heimischen Bevölkerung mit Lebensmitteln zu jeder Zeit zu gewährleisten,“ appellierte der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft Friedrich-Otto Ripke auf der EuroTier 2022 eindringlich an deutsche Politiker, im Sinne der deutschen Landwirtschaft aktiv zu werden. Die Geflügelbranche selbst sieht er, unter anderem bedingt durch die Vogelgrippe und die Energiekrise in Europa, vor großen Herausforderungen.
Ripke auf der EuroTier 2022: „Ohne Schulterschluss von Wirtschaft und Politik ist die Versorgung mit deutschen Geflügelerzeugnissen massiv gefährdet!“
Nur noch 50 Prozent Selbstversorgung bei Enten und Gänsen
„Aktuell erleben wir beständig sinkende Selbstversorgungsgrade bei Geflügelfleisch und Eiern. Bei Eiern liegen wir heute nur noch bei 70 Prozent, bei Putenfleisch bei 82 Prozent“, beschrieb Ripke im Rahmen des Geflügeltages, der traditionell am Tag vor der Eröffnung der EuroTier stattfindet, die Situation der Branche. „Noch dramatischer ist die Lage bei Enten und Gänsen mit deutlich unter 50 Prozent. Warum gibt es darauf keine Antwort seitens der Bundesregierung? Mit dieser Untätigkeit nehmen verantwortliche Politiker steigende Importe zu niedrigeren Qualitätsstandards billigend in Kauf.“
Keine weiteren Auflagen
„Wir müssen jetzt den Schulterschluss zwischen der Lebensmittelwirtschaft und der Politik herstellen. Wenn uns das nicht gelingt, ist die Versorgungssicherheit mit Erzeugnissen aus heimischer Landwirtschaft in Deutschland massiv gefährdet,“ fordert Ripke ein neues partnerschaftliches Miteinander aller Akteure. „Leider werden im Umgang mit der Energie- und Versorgungskrise nach wie vor Vernunft und Realitätsbezug zu oft vermeintlichen Mehrheitsmeinungen und manchmal auch ideologischen Überzeugungen geopfert.“
Als Beispiel führte der ZDG-Präsident die Last an Auflagen für deutsche Betriebe an: „Unsere Standards bei der Putenfleisch- und Hähnchenfleischerzeugung sowie Eiererzeugung sind international führend. Wir brauchen keine weiteren nationalen Auflagen, sondern stattdessen eine EU-weite Harmonisierung bestehender Standards und ein kurzfristig wirkendes Belastungsmoratorium.“
Einschwören auf die Zukunft
Seine Mitglieder schwor der ZDG-Präsident auf die Zukunft ein: „Wir begegnen Herausforderungen mit Innovationskraft und Entschlossenheit. Den politisch Verantwortlichen auf Bundes- und Landesebene reichen wir die Hand, jetzt schnell zu handeln und gemeinsam an Lösungen für den Nutztierstandort Deutschland zu arbeiten.“ Jetzt komme es darauf an, sich auf die Stärken der deutschen Geflügelwirtschaft zu besinnen: Mit 22 Kilogramm Pro-Kopf-Verbrauch Geflügelfleisch und 15 Kilogramm Eiern, die jeder Bundesbürger im Jahr verzehre, zähle die Branche zu den wichtigsten Lebensmittelversorgern des Landes.
„Schnellstmöglich einen Impfstoff gegen die Vogelgrippe entwickeln“
Große Sorge bereitet Friedrich-Otto Ripke die Entwicklung der hochpathogenen Aviären Influenca (HPAI). „Leider durchbricht die Vogelgrippe auch beste Biosicherheitsmaßnahmen unserer Halter. Um das Geschehen langfristig in den Griff zu bekommen, müssen schnellstmöglich alle Anstrengungen unternommen werden, einen Impfstoff zu entwickeln“, fordert Ripke. Sonst werde das etablierte Tierseuchenkassen-System finanziell kollabieren. Durch die Vogelgrippe werde die ohnehin knappe Versorgungslage weiter zugespitzt. Von den Restriktionsmaßnahmen in den HPAI-Risiko-Gebieten sei die gesamte Wertschöpfungskette betroffen. Neben der HPAI zwängen dramatisch gestiegene Warenbeschaffungskosten die Branche zusätzlich in die Knie. Die Folgen seien Kurzarbeit im produzierenden Gewerbe und Versorgungsengpässe im Lebensmitteleinzelhandel – insbesondere bei Eiern, warnt Ripke.
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