Markus Schulte Spechtel hielt Puten mit langem Schnabel.
Der Waldhof Schulte Spechtel im westfälischen Dorsten nahm teil am Projekt #Pute@Praxis. Es sollten Erfahrungen gesammelt werden mit der Haltung von Puten mit intaktem Schnabel. Es gab viele schwerer verletzte Tiere. Das war eine große emotionale Belastung.
Markus Schulte Spechtel ist auf dem Waldhof, den er zusammen mit seinen Eltern bewirtschaftet, für die Putenhaltung verantwortlich. Weitere Betriebszweige sind Spezialkulturen, eine Biogas- und eine Photovoltaikanlage sowie die Zucht und Ausbildung westfälischer Reitpferde.
Markus Schulte Spechtel nahm als Praktiker am Projekt #Pute@Praxis teil. Er wollte selbst ausprobieren, wie es klappt, Puten mit intaktem Schnabel einzustallen. Seine Motivation dabei war, den Tierschutz weiter voranzutreiben.
Hierfür wurden auf dem Waldhof 2022/23 zwei Durchgänge mit jeweils rund 7.000 Putenhennen von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen begleitet. Der erste Projektdurchgang war mit gekürztem Schnabel, der zweite mit intaktem Schnabel.
Viel mehr Arbeit bei intakten Schnäbeln
Der junge Landwirt erinnert sich alles in allem mit mulmigem Gefühl an den Durchgang mit den intakten Schnäbeln zurück. Aufgefallen ist, dass die Herde deutlich höhere Futterverluste hatte. Durch den intakten Schnabel spielten die Puten mehr mit dem Futter und auch dem Wasser herum. Das Futter landete oft neben den Futterschalen und der Stall war extrem nass. Das bedeutete einen enormen Arbeitsaufwand. Die Futterstände mussten ständig neu eingestellt werden und der Stall wurde täglich eingestreut.
Die Verletzungen, die sich die Puten mit intaktem Schnabel zuzogen, waren tiefgehend und schwer. Angepickte und verletzte Tiere wurden im Krankenstall separiert und mit Zinkspray behandelt. Teilweise kontrollierte der Putenhalter bis zu viermal täglich die Tiere, sortierte aus und behandelte. Das kostete sehr viel Zeit.
Separationsabteil am besten mittig
Während des Projektes wurde ein Separationsabteil eingerichtet, das rund ein Drittel der Stallfläche umfasste. „Bei frühzeitiger Separation und Behandlung mit Zinkspray stehen die Chancen gut, dass die Verletzungen wieder abheilen – je nach Schwere der Verletzungen und Alter der Pute“, berichtet Markus Schulte Spechtel.
Heute würde er das Separationsabteil anders bauen. Im Projekt war der Krankenstall ganz am Anfang des Stalls, sodass die verletzten Puten teilweise durch den ganzen Stall getragen werden mussten. Deshalb empfiehlt er, das Abteil in der Mitte des Stalls einzurichten.
Beschäftigungen werden weiter genutzt
Strohballen, Pickblöcke, Tennisbälle und rot-weiße Ketten haben die Puten im Betrieb Schulte Spechtel dauerhaft zur Beschäftigung. Im Rahmen des Projektes wurden acht erhöhte Ebenen an den Wänden des Stalls eingebaut. Zusätzlich wurden Heukörbe aufgehangen und selbst gebaute Spielzeuge mit Grit, Heu, Stroh, Milchpulver, Hafer und Maischips gefüllt.
„Die neu eingebauten, erhöhten Ebenen im Stall sind super. Da können die Tiere nicht nur drauf springen, sondern kranke oder angepickte Tiere finden darunter Schutz“, berichtet der Landwirt. Auch die gefüllten Spielzeuge und Heukörbe wurden sehr gut von den Tieren angenommen. Die Maischips boten eine kurze, effektive Beschäftigung, wurden aber direkt gefressen. Der Betrieb setzt die Heukörbe und erhöhten Ebenen auch heute bei den schnabelbehandelten Tieren gerne ein.
Gut funktioniert im Projekt habe die Betreuung von der Landwirtschaftskammer: „Wir konnten uns immer melden und bekamen sofort Hilfe“, berichtet Schulte Spechtel.
Enorme emotionale Belastung
Selbst überrascht war der Putenhalter über die psychische Belastung beim Durchgang mit den intakten Schnäbeln: „Man sieht täglich verletzte Tiere. Man hat einen kompletten Stall voller angepickter, blutender Tiere mit offenen Wunden“. Jedes verletzte Tier wurde von Markus Schulte Spechtel und seinen Mitarbeitern in den Krankenstall getragen und behandelt.
„Wenn man mal eine verletzte Pute sieht, ist es kein Problem, das passiert auch bei den gekürzten Schnäbeln. Aber die Belastung durch die Vielzahl an angepickten, schwerwiegenden Verletzungen bei intakten Schnäbeln ist nicht zu unterschätzen“, erinnert sich der Landwirt.
Neben der hohen emotionalen Belastung müsse man sich bewusst sein, dass es einen deutlich höheren Arbeits- und Zeitaufwand gibt, wenn die Oberschnabelspitze des Kükens in der Brüterei nicht gekürzt wird.
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