Kurze Kette - ein Gewinn für Landwirt und Bürger

16 Juli 2023
Absatz
Hofladen

Die "kurze Kette" ist hip und angesagt. Immer mehr Landwirte verkaufen ihre Produkte direkt an die Bürger oder an Gastronomie und Fachgeschäfte. Die Beliebtheit ist nicht überraschend, denn die kurze Kette kann eine Win-Win-Situation für Landwirte und Bürger darstellen. Nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf einen besseren sozialen Kontakt zwischen Landwirt und Bürger.

Der Erfolg der „kurzen Kette“ hängt jedoch stark von einer Reihe von Erfolgsfaktoren ab: Kenne dein Produkt und deinen Kunden. Diejenigen, die glauben, sie könnten das nebenbei machen, um sich aus einer finanziellen Notlage zu befreien, werden enttäuscht sein.

Aus historischer Sicht war die kurze Kette jahrhundertelang der wichtigste Absatzmarkt. Die Landwirte verkauften ihre Erzeugnisse fast direkt an die Bürger, entweder über Händler, lokale Geschäfte oder sie gingen selbst auf den Markt. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft entstanden im 19. Jahrhundert immer mehr Genossenschaften, die sich um den Verkauf kümmerten. In den letzten hundert Jahren haben sich diese Genossenschaften zu multinationalen Unternehmen entwickelt, die mit großen Einkaufsorganisationen konkurrieren müssen.

Dabei wurde der Landwirt, ebenso wie der Bürger, zu einem immer unbedeutenderen Akteur. Es ist nicht verwunderlich, dass der Landwirt sich aus dieser Situation befreien und wieder den direkten Kontakt zum Bürger suchen wollte. Und es ist auch nicht verwunderlich, dass der Bürger, der auf der Suche nach Lebensmitteln mit einer ehrlichen Geschichte und einem ehrlichen Preis war, den Bauern fand, der seine Produkte direkt verkaufte.

"Direktvertrieb funktioniert, wenn das Engagement der Verbraucher hoch ist"

Motivation, Geduld und Unternehmergeist

Dank der Corona-Krise ist die kurze Kette beliebt geworden. Vor allem Landwirte, die Eier, Gemüse, Obst oder Kartoffeln verkaufen, machen gute Geschäfte. Obwohl die Umfragedaten zeigen, dass die Verkäufe in der kurzen Kette nach der Krise leicht zurückgegangen sind, sagen die Landwirte in der kurzen Kette, dass ihr Geschäft gut läuft. Experten sind der Meinung, dass das Potenzial groß ist und dass eine Reihe von Verbrauchern durchaus bereit sind, etwas mehr zu bezahlen. Kurze Handelsketten sind letztlich ein Mittel, um eine bessere Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu gewährleisten. Der Verkauf von Produkten über die kurze Kette als Lösung für die schlechte Preisgestaltung in der regulären Kette ist jedoch definitiv die falsche Motivation. Das belgische Institut für Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelforschung (ILVO) schreibt in seinem kürzlich veröffentlichten Kettenbericht "Erfolgsfaktoren kurze Kette": "Jemand, der aus rein finanziellen Gründen in die kurze Kette einsteigt, wird nicht lange überleben. Es braucht die richtige Motivation, viel Geduld und Unternehmergeist. Es muss wirklich eine sehr bewusste Entscheidung sein, sonst wird es früher oder später schief gehen.

Unverwechselbares Produkt

Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist, dass das Produkt wirklich unverwechselbar ist. Nach Angaben der Rabobank sind die Verbraucher bereit, für "Premium"-Produkte einen höheren Preis zu zahlen. Produkte, die in ihrem Geschmack, ihrer Geschichte und ihrem Erlebnis einzigartig sind. Der Erfolg hängt nicht nur von dem Produkt und der Geschichte ab, sondern auch vom Landwirt. Ihm wird viel abverlangt, wie z.B. gutes Unternehmertum, geschicktes Marketing und Kommunikation, große Kreativität, Wissen über Logistik, Lebensmittelsicherheit und vor allem das Wissen, was die Zielgruppe will. Die Direktvermarktung durch den Landwirt funktioniert also vor allem dann, wenn die Auseinandersetzung des Verbrauchers mit dem Produkt relativ hoch ist und man sich von undifferenzierten Massenprodukten fernhält.

Die ILVO beschreibt in ihrem Bericht eine Reihe von Erfolgsfaktoren, die in zwei Kategorien unterteilt werden: personenbezogene und unternehmensbezogene Faktoren. Bei den personengebundenen Faktoren geht es um Motivation, Fähigkeiten oder Kompetenzen und Persönlichkeit. Die ILVO stellt fest, dass die Persönlichkeit des Unternehmers eine wichtige Rolle spielt. Sozial, lernbegierig, kooperativ, stolz und leidenschaftlich sind Persönlichkeitsmerkmale, die einen großen Einfluss auf andere kurzkettige Erfolgsfaktoren haben. Stolz und Leidenschaft auf und für die Produkte sind oft eine wichtige Triebkraft und spiegeln sich wiederum in der Aufmerksamkeit wider, die der Lieferung guter Qualität gewidmet wird. Dies erhöht auch die Glaubwürdigkeit gegenüber den Verbrauchern.

Der ILVO-Bericht zeigt, dass der "Kundenkontakt" sehr oft eine intrinsische Motivation für die Aufnahme einer Tätigkeit in der kurzen Kette ist. Der Kundenkontakt ist nicht nur eine elementare Motivation, sondern auch eine notwendige Kompetenz für eine erfolgreiche Tätigkeit in der kurzen Kette. Neben dem Direktverkauf wurde die Aufklärung der Verbraucher und Bürger als wichtiger Aspekt für Landwirte genannt, die in die kurze Kette eingestiegen sind. Der direkte Kontakt mit den Kunden trägt auch zur Wertschätzung und Arbeitszufriedenheit bei. Die Affinität zu den Kunden und die Gewinnung positiver Energie aus den Kundenkontakten ist dem Institut zufolge ebenfalls eine entscheidende Voraussetzung für den Einstieg in das Geschäftsmodell der kurzen Kette und den Erfolg darin.

Finanzielle Autonomie

Autonomie ist ein weiterer wichtiger Motivator: sowohl in finanzieller Hinsicht, innerhalb der Kette als auch gegenüber der Regierung. Bei den Landwirten, die in der ILVO-Studie ausdrücklich finanzielle Autonomie erwähnten, zeigten die Betriebsbücher, dass sie im Vergleich zu Betrieben in der konventionellen Landwirtschaft eine niedrige Schuldenquote aufwiesen. Im Übrigen kann es sich auch um den Wunsch handeln, von Lieferanten und Händlern unabhängig zu werden oder gar keine Subventionen mit vielen Auflagen annehmen zu müssen. Ein Landwirt, der mit der kurzen Kette fortfahren will, muss laut ILVO ein finanzielles Bewusstsein haben, und sowohl Wissen als auch Fähigkeiten sind entscheidend.

Marketingqualitäten sind sehr wichtig, insbesondere die Entwicklung einer Marketingstrategie, die sich an Geschichten orientiert, mit Kenntnissen über soziale Medien und Geschichtenerzählen. Der Produktabsatz kann gesteigert werden, wenn das Produkt für die Verbraucher eine klarere Bedeutung hat und gezielter eingesetzt wird. Eine Marketingstrategie ist also unerlässlich.

Aber ein Landwirt muss auch in der Lage sein, eine wunderbare, auf Wahrheit basierende Geschichte über sein Produkt zu erzählen und diese über die sozialen Medien zu verbreiten. Die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt oder dargestellt wird, trägt zu ihrem Erfolg bei. Der Rat des ILVO: Suchen Sie sich Experten, die Ihnen den Umgang mit Facebook und Twitter und den Aspekt des Geschichtenerzählens beibringen können.

Verkaufen Sie nicht ein Ei, sondern ein Ei mit einer Geschichte und dem Landwirt selbst in der Hauptrolle. Die Erfahrung zeigt, dass die Verbraucher das wirklich wollen. Allerdings muss die Geschichte authentisch sein. Vielleicht auch ein bisschen Bildung rund um das Produkt. Integrieren Sie eine soziale Vision, wie Nachhaltigkeit, Ökologie und Tierschutz. Betonen Sie die Frische und Qualität des Produkts. Für den Verkauf auf dem Bauernhof ist es auch wichtig, dass es ein Erlebnis gibt. Nicht nur rund um das Produkt, sondern auch auf dem Bauernhof, zum Beispiel mit einem Spielplatz oder einer Verkostung.

Gute Betriebsorganisation

Die betriebswirtschaftlichen Erfolgsfaktoren sind die andere Kategorie, auf die der Landwirt ein scharfes Auge haben sollte. In der Organisation ist eine klar abgegrenzte Aufgabenteilung mit begleitenden strukturierten Beratungen, auch unter Einbeziehung von Beratern und Experten, unerlässlich. Wichtig ist auch, dass Entscheidungen gemeinsam getroffen werden.

Eine häufig gehörte Bemerkung in der Forschung des belgischen Landwirtschaftsinstituts ist, dass die Arbeit in der kurzen Kette wirklich Teamarbeit ist. Alle im Betrieb müssen dahinterstehen, nur dann ist es möglich. Der Bedarf an Beratung und Struktur wird auch aus den Erfahrungsberichten von Landwirten deutlich, bei denen die Umstellung auf die kurze Kette gescheitert ist. Das Fehlen einer klar abgegrenzten Aufgabenteilung und gründlicher Beratungs- und Entscheidungsmomente kann zu einem chaotischen Betriebsmanagement führen.

Wichtige Entscheidungen, die gemeinsam und in Absprache getroffen werden, tragen dazu bei, dass sie auch von allen im Betrieb aktiv mitgetragen werden. Und einer der wichtigsten Ratschläge der ILVO ist, sich Partner und Kooperationen zu suchen, die sich gegenseitig verstärken. Das können Landwirte sein, aber auch Vermarktungswege wie Gastronomie oder Fachgeschäfte.

Reinout Burgers
Bild: Adobe_Stock_Sonja Birkelbach

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