Iris Tapphorn ist in der Geflügelbranche keine Unbekannte –durch ihren Gänsezuchtbetrieb im Landkreis Vechta und ihre vielfältigen damit verbundenen Aktivitäten bei Verbänden, Organisationen und in Sozialen Medien. Ihr neuestes Projekt: „GreenGooseEnergy“.
Auch „Geflügelnews“ hat schon mehrfach über Iris Tapphorn berichtet. Die streitbare 40jährige Landwirtin aus Lohne im Landkreis Vechta (Niedersachsen) bewirtschaftet in zweiter Generation einen Gänsezuchtbetrieb mit 3.200 Elterntieren, angeschlossener Brüterei, Aufzucht und Mast sowie eigener EU-Schlachterei. Ihre Produkte rund um die Gans, Eier, Eierlikör, Fleisch, Federkissen etc. vertreibt sie über den Hofladen oder den Online-Shop.
Darüber hinaus engagiert sich Iris Tapphorn an verschiedenen Stellen verbandspolitisch. Auf einer Veranstaltung an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover zu den Zielkonflikten in der Tierhaltung stellte sie ihr neuestes Projekt vor: „GreenGooseEnergy“.
Bauantrag für Agri-PV ist gestellt
Hinter dem phantasievollen Namen verbirgt sich die auf dem Betrieb Tapphorn schon angeschobene Agri-Photovoltaik-Anlage für den Gänse-Auslauf. Iris Tapphorn warb in Hannover vehement für die aus ihrer Sicht sehr sinnvolle Doppelnutzung gerade von Geflügelausläufen plus Photovoltaik (PV). Der unschlagbare Vorteil: Die landwirtschaftliche Fläche wird komplett weitergenutzt, anders als bei Agri-PV oder Freiflächen-PV. Zudem haben Investoren von außerhalb der Landwirtschaft keinen Zugriff.
„Unsere Flächen sind endlich“, so Iris Tapphorns Argumentation und es gelte, die eigenen Flächen möglichst effizient zu nutzen und dabei eine möglichst hohe Wirtschaftlichkeit zu generieren. Der vieldiskutierte Zielkonflikt „Teller oder Tank“ wird bei einer Doppelnutzung von Auslaufflächen und PV aufgehoben.
Doppelnutzung und Doppelnutzen
Von der PV-Anlage im Auslauf profitieren bei einer Geflügelhaltung auch die Tiere: Die aufgeständerten Module geben Witterungsschutz und bieten gleichzeitig Deckung vor Beutegreifern. Hennen, Hähnchen oder Gänse nutzen die Auslauffläche viel besser, dadurch wird außerdem die Nährstoffkonzentration im stallnahen Bereich reduziert.
Iris Tapphorn führte noch anderes, ihres Erachtens gewichtiges Argument ins Feld: Die Tierhaltung steht hierzulande, besonders in den agrarischen Intensivgebieten, unter hohem Transformationsdruck. Es soll einen Umbau zu mehr Tierwohl, mehr Nachhaltigkeit und mehr Umweltschutz geben. Ob der Verbraucher das aber honoriert, steht noch in Frage.
Durch Agri-PV können Tierhaltungsbetriebe an der Energiewende wirtschaftlich partizipieren. Für den Betrieb Tapphorn mit einem jährlichen Strombedarf von rund 200.000 KWh (Brüterei, Schlachterei, Federwäsche, Tiefkühlung etc.) bedeutet eine PV-Anlage zumindest von Frühjahr bis Herbst deutlich mehr Autarkie.
Bei der Umsetzung hakt es noch
Dass Agri-PV in Kombination mit einem Tierauslauf grundsätzlich ermöglicht werden soll, heißt hierzulande noch nicht, dass ein interessierter Betrieb dies einfach umsetzen kann. „Das Problem ist, Erster zu sein“, so Iris Tapphorn, sprich, mit einem Bauantrag zum Landkreis zu gehen, den es in dieser Form bisher nicht gab.
Das Baurecht ist zwar in Deutschland bereits geändert worden. PV-Anlagen in Ausläufen fallen heute unter privilegiertes Bauen im Außenbereich (§ 35). Dafür müssen nur bestimmte Bedingungen erfüllt sein wie ein räumlich funktionaler Zusammenhang zum Betrieb, die PV-Fläche darf auf maximal 2,5 ha stehen und es darf maximal eine Anlage je Betrieb geben. Ergänzend sind kürzlich DIN-Normen veröffentlicht worden (DIN SPEC 91492), die Standards für die entsprechenden Baugenehmigungsverfahren vorgeben. Auch Dieter Oltmann, Geschäftsführer der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft, NGW, war an der Erarbeitung beteiligt. Damit soll die Arbeit der Genehmigungsbehörden erleichtert werden.
Der Bund und Behörden gefragt
Dennoch ist der Weg zur Baugenehmigung für Iris Tapphorn noch nicht zu Ende, sprich, sie wartet noch hierauf. Eingereicht hat sie einen Belegungsplan der Fläche, eine Projektskizze, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, die technischen Leistungsdaten der PV-Anlage, die Netzpunktzusage des Versorgers (für die Einspeisung des überschüssigen Stroms) sowie eine Kartierung der Flächen. Informiert wurde von ihrem Vorhaben der Stadtrat, der Kreistag, die Landwirtschaftskammer, der Wasserversorger sowie die untere Naturschutzbehörde.
„Man braucht den Willen, etwas wirklich umsetzen zu wollen“, umschrieb sie den aktuellen Stand beim Genehmigungsverfahren – und ihr Eindruck: „Die Angst, etwas Neues zuzulassen, ggf. zur Verantwortung gezogen zu werden, lähmt Vieles in unserem Land.“ In diesem Sinne appellierte sie eindringlich, dass wichtige Neuregelungen des Bundes auch zügig „bis unten durchgereicht“ werden müssten, sprich die kommunalen Behörden entsprechend und einheitlich vorbereitet werden müssten.
Die Veranstaltung in Hannover wurde durchgeführt vom Verbund Transformationsforschung agrar Niedersachsen, zu dem auch die Stiftung Tierärztliche Hochschule gehört.
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