„Wir bringen unheimlich viel Farbe in die Landwirtschaft“, sagt Lorenz Eskildsen. Wenn man von mehr Biodiversität spräche, dann würden die Gänse auch dazugehören. Mit seinem Gänsezucht-Betrieb im sächsischen Wermsdorf wurde der Landwirt beim diesjährigen Ceres Award zum Geflügelhalter des Jahres erklärt.
Gänseküken, Gänsefedern, Gänsefleisch, Zuchtgänse: Auf dem Hof von Lorenz Eskildsen dreht sich alles um das liebe Federvieh. In seinem Betrieb sind alle Stufen der Gänsehaltung und -vermarktung vertikal integriert. Von der Basis-Zucht über die Brüterei, die Aufzucht und die Mast, die Schlachtung und die Vermarktung der geschlachteten Gänse. Auch die Gänsefedern vermarktet der findige Geschäftsmann und Landwirt in Form von Daunenoberbetten höchster Qualität und Kissen.
Ausgeklügeltes Feuchtfuttersystem für Gänse
Alles, was der Landwirt für seine Gänse benötigt wie Heu, Silage und Getreide baut er auf den eigenen Flächen an und verfüttert es über ein ausgefeiltes Fütterungssystem. „Gänse wollen feucht gefüttert werden, das ist aber schwierig: die Ketten verstopfen, es fängt schneller an zu schimmeln. Aber wir haben so lange getüftelt und geplant, dass es jetzt funktioniert. Im Grunde beruht das System auf einen Futtermischwagen und einer Totalen Mischration (TMR). Bis 2030 soll komplett auf bio umgestellt werden.
Lorenz Eskildsen investiert viel Zeit und Geld darin, dass es den Gänsen noch besser geht. Besucher merken schnell, dass er seinen Beruf liebt. Seine Aufgaben im Betrieb sind die Geschäftsführung, das Marketing, er ist zuständig für das Personal, den Export und die Betriebsentwicklung.
Zum Beispiel baut er einen Großteil des Futters selbst an. Er hat den modernsten Gänsestalls Europas mit Bademöglichkeiten für die Gänse – sowohl innen als auch außen – gebaut. Tierwohl liegt dem Geflügelhalter am Herzen. Die Gans sei ein Tier für die Freilandhaltung, deshalb setzt Lorenz Eskildsen das konsequent um. Qualität statt Quantität, am liebsten regional vermarktet, so lautet sein Credo. Und selbstverständlich dürfen sich die Kunden vor Ort davon selbst überzeugen.
So lassen sich auch Tiefschläge einigermaßen wegstecken. Trotz eines Vogelgrippeausbruchs im Dezember 2020, der zur Folge hatte, dass alle Elterntiere gekeult werden mussten, konnte der Betrieb sein Ergebnis konstant halten. Dabei geholfen habe die permanente Optimierung in allen Produktionsbereichen, die Erhaltung der Reproduktionsleistung, die Verbesserung des Fütterungsmanagement, die Schulung und Ausbildung der Mitarbeiter, die Ausbildung von Nachwuchskräften, Innovationen und Etablierung weiterer Facetten bei Gänsen, Investition ins Tierwohl sowie ein wachsender Marktanteil.
Von Schleswig-Holstein nach Sachsen
„Ich bin Sohn eines Landwirts aus Schleswig-Holstein.“ In Wermsdorf begann sein Wirken nach der politischen Wende in der DDR Anfang der 1990er Jahre. Sein Vater und er ergriffen die Chance, den ehemaligen Staatsbetrieb der Gänsehaltung in die Marktwirtschaft zu integrieren. Zu DDR-Zeiten war Wermsdorf der größte Gänsezuchtbetrieb Europas. „Es war nie meine Absicht, hier auf Dauer zu bleiben, aber irgendwie hat sich da dann alles so ergeben und gefügt, es war wohl einfach mein Schicksal.“ Lorenz Eskildsen erzählt, dass er zuhause eine kleine Box mit einem Zettel stehen hat. „Da habe ich ganz zu Anfang mal meine Vision aufgeschrieben. Nämlich, dass man eigentlich Gänse zu Weihnachten verkaufen müsste, aber dann das volle Programm, mit Tannenbaum und Karpfen.“ Und genau diese Vision hat er inzwischen erfüllt. Er hat ein Einkaufserlebnis geschaffen.
Marktführer in einer Nische
„Wir sind nachhaltig und bringen unheimlich viel Farbe in die Landwirtschaft“, sagt Lorenz Eskildsen. „Denn wenn man von mehr Biodiversität spricht, dann gehören die Gänse auch dazu und die machen uns aus.“ Die Gans ist eigentlich die eierlegende Wollmilchsau: Gänse sind immer dort, wo die Leute kein Geld haben. Denn sie liefert Eier, Fleisch und Daunen. Sie kann gehütet werden und deswegen ist sie auch in der Puszta oder auch in Polen überall dort, wo extensive Landwirtschaft vorherrscht, heimisch.
Der Landwirt hat es in seiner Nische auf jeden Fall zur Marktführerschaft gebracht, den Betrieb kontinuierlich erweitert und fit für die Zukunft gemacht. Inzwischen kommen 40 Prozent der der Zuchttierbestände in Ungarn aus seinem Zuchtbetrieb. „Wir exportieren jedes Jahr zwischen 10.000 und 30.000 Zuchtgänse und -küken.“ 15.000 Gänse pro Jahr werden über den Hofladen vermarktet. Auf gut 1.000 Essen kommt der Betrieb vor allem in der Vorweihnachtszeit.
In Planung ist ein Erlebnishof
Aus dem Erreichten auszuruhen ist aber nicht seine Sache. Deshalb möchte der Gänsehalter als nächstes einen neuen größeren Hofladen bauen und einen Gänse- und Erlebnishof. Dafür sollen allein in der ersten Phase bis 2025 rund 4 Mio. Euro investiert werden. „Wir haben schon jetzt in der Weihnachtszeit im Schnitt rund 10.000 Besucher in der Woche.“
„Wir können eigentlich in der Größe nicht mehr wachsen“, sagt Lorenz Eskildsen. „Ich habe zum Beispiel einen Fleischer, der ist dazu angehalten, jedes Jahr zwei Innovationen hervorzubringen. Dafür wird er auch am Erfolg beteiligt. Und das macht es für uns eigentlich rund. Wir denken in Erhöhung der Wertschöpfung und nicht in Erhöhung der Masse, denn wir wollen nicht größer werden. Das geht aus verschiedenen Gründen auch gar nicht, einer ist die Vogelgrippe.“
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