Antibiotika: Alternative Mittel sind kein Ersatz

24 April 2024
Stallmanagement
Projekt AntiMin Pro

Der Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren soll reduziert werden. Auch die Geflügelhaltung steht dabei im Fokus. Im Projekt „AntiMin-Pro“ wurden verschiedenste Alternativen in der Praxis erprobt. Das Fazit: Trotz einzelner positiver Wirkungen können sie Antibiotika nicht ersetzen.

Auch der Hähnchen- und der Putenmast wird immer wieder vorgeworfen, in den vergangenen Jahren nicht ausreichend Anstrengungen unternommen zu haben, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren. Hintergrund sind die weltweit zunehmenden Resistenzen gegenüber Antibiotika und die Sorge, dass für den Humanbereich irgendwann keine wirksamen Mittel mehr zur Verfügung stehen.

Nur begrenzt Antibiotika-Präparate zur Verfügung

Schon heute ist die Auswahl an antibiotischen Präparaten für die Behandlung von Nutztieren begrenzt. Es ist damit zu rechnen, dass es hier künftig weitere Einschränkungen geben wird.

Deshalb wurde vor vier Jahren das Projekt „AntiMin-Pro“ ins Leben gerufen. Es sollte auf Geflügelbetrieben alternative Prophylaxemaßnahmen erproben, um zu schauen, ob hierüber der Antibiotikaeinsatz zu reduzieren ist. In der Abschlussveranstaltung des Projektes, die jetzt in Bonn stattfand, wurden Ergebnisse vorgestellt und diskutiert. Im Sommer wird es dazu einen ausführlichen Projektbericht geben. Zudem soll ein Leitfaden für Geflügelhalter erstellt werden.

Auf der Bonner Veranstaltung stellte Prof. Hermann Ammer von der Ludwig-Maximilians-Universität München (Tiermedizin) das Konzept vor. Beteiligt waren 13 Praxisbetriebe aus ganz Deutschland, darunter fünf Puten-, fünf Hähnchen- und drei Legehennenbetriebe mit unterschiedlichen Haltungsverfahren und unterschiedlichen Bestandsgrößen.

Sehr viele Daten in Betrieben gesammelt

Dr. Christiane Keppler, Gallicon Geflügelberatung, betreute die teilnehmenden Betriebe mit. Dort wurden viele tierbezogene Parameter erfasst, wie Verletzungen oder Lauffähigkeit. Hinzu kamen Erhebungen zum Antibiotikaeinsatz, zur Einstreu- oder zur Tränkwasserqualität. Letztere erwies sich häufiger als Schwachstelle. Bei Legehennen war etwa das Fütterungsmanagement nicht immer optimal, den Herden mangelte es dann an Uniformität.  
In jedem beteiligten Betrieb wurde eine Schwachstellenanalyse durchgeführt und zusammen mit dem Betriebsleiter/der Betriebsleiterin ein individueller Maßnahmenplan aufgestellt. Dabei kamen verschiedenste Prophylaxemittel zum Einsatz.  

Die Palette reichte von Futter-/Wasserzusätzen wie Aromastoffen, Pro- und Präbiotika, Effektiven Mikroorganismen und Säuren bis hin zu Einstreuzusätzen wie Pflanzenkohle oder Tonmineralien. Insgesamt waren es 32 verschiedene Präparate.

Alternative Produkte können Antibiotika nicht ersetzen

Während der Projektdurchgänge gab es auf den Betrieben je einen Versuchs- und einen Kontrollstall. Die Ergebnisse zu den einzelnen Prophylaxemaßnahmen waren sehr breit gefächert und sehr heterogen, das galt für alle Geflügelarten. Trotz vieler einzelnen positiver Wirkungen zog Prof. Hermann Ammer das Fazit, dass die eingesetzten Produkte nicht den Einsatz von Antibiotika ersetzen können, bzw. der Einsatz von Alternativen keinen Einfluss auf die Menge nötiger Antibiotika hat. Ob eine Herde krank werde, hänge von sehr vielen Faktoren ab: „Auch Tiere in bester Kondition können krank werden“, betonte er.

Die Lage der Ställe, Witterung, Stalltechnik, Stallklima, Futter- oder Kükenqualität wurden als Beispiele für Einflussfaktoren genannt. Dennoch bieten einzelne Prophylaxemaßnahmen/-produkte natürlich Ansätze zur Verbesserung der Produktion, zum Beispiel des Wohlbefindens der Tiere.

Tierhalter muss auch Ökonomie sehen

Diskutiert wurde in Bonn intensiv darüber, dass letztlich der Tierhalter oder die Tierhalterin entscheiden muss, wann Antibiotika eingesetzt werden müssen oder sollen. Das ist auch eine Frage des Tierwohls. Aufgeworfen wurde zudem die Frage, ob langsam wachsende Rassen gegebenenfalls weniger krankheitsanfällig sind oder welchen Einfluss etwa Besatzdichten haben.

Für den Tierhalter geht es aber nicht ohne Ökonomie. Die langsam wachsenden Rassen müssen auch vermarktet werden. Wer auf Antibiotika verzichtet, hat gegebenenfalls eine schlechtere Futterverwertung oder höhere Verluste, die die Wirtschaftlichkeit verschlechtern.

Antibiotika-Minimierung bleibt Thema

Klar ist, dass die Herausforderung Antibiotika-Reduzierung bleibt. Der Stein der Weisen, wie das für die Tierhalter, aber auch für Veterinäre oder den Gesetzgeber am sinnvollsten anzugehen ist, ist noch nicht gefunden.

Das Projekt „AntiMin-Pro“ liefert Ansätze. Es ist Teil der Modell- und Demonstrationsvorhaben (MUD) Tierschutz im Bundesprogramm Nutztierhaltung. Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Christa Diekmann-Lenartz
Bild: Christa Diekmann-Lenartz

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