So vermeiden Sie Hitzestress im Mobilstall

10 August 2022
Mobilstall
Kip Karavan

Wie man Hitzestress im Geflügel-Mobilstall vermeiden kann, war das Thema einer Online-Veranstaltung des Netzwerks Fokus Tierwohl. Wichtig sind eine gute Lüftung und schattige Plätze. Tränkeplätze im Außenbereich helfen ebenfalls.

Die letzten Wochen zeigten, dass extreme Hitzeperioden immer häufiger und intensiver auftreten. Das bedeutet, dass Geflügelhalter ihre Tiere genau beobachten müssen, um einen Hitzestress der Hühner zu vermeiden. Im aktuellen Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt werden Tipps gegeben, wie man Geflügel in den heißen Monaten unterstützen kann. Was in solchen Situationen speziell in Mobilställen für Geflügel zu beachten ist, erklärte Jutta von der Linde in einem von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) im Rahmen des „Netzwerks Fokus Tierwohl“ organisierten Online-Veranstaltung. Die staatlich geprüfte Tierwirtschaftsmeisterin ist Expertin für Mobilställe für Hühner, hat das Buch „Geflügel im Mobilstall“ geschrieben und hält bundesweit Seminare.

Hohe Temperaturen in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit haben negative Auswirkungen auf das Wohlergehen und die Gesundheit der Tiere. Bereits ab einer Lufttemperatur von 28 °C geraten Hennen in einen gefährlichen Stress. Um die Gefahr abschätzen zu können, wird der Energiegehalt der Luft mit der spezifischen Enthalpie (kJ/kg) betrachtet, die beim Deutschen Wetterdienst im Zeitraum von Mai bis September für den aktuellen Tag und als Vorschau für vier Folgetage abgerufen werden kann. Man kann sie auch über die Bankiva-App, einer einfach zu bedienenden Anwendung für das Management von Legehennen, bekommen. Die App liefert auf Wunsch auch eine Warnung auf das Handy, wenn ein kritischer Wert erreicht wird. 

Wenn man die Lufttemperatur und die Luftfeuchtigkeit gemessen hat, sieht man im Diagramm, ob Hitzestress auftritt.

Zu beachten ist, dass die angezeigten Werte für die Außenluft gelten und die Luft im Stall je nach den örtlichen Verhältnissen eine bis 5 kJ/kg höhere Enthalpie haben kann. Der örtliche Enthalpiewert der Luft im Stall kann durch Messen der Lufttemperatur und der Luftfeuchtigkeit mit einem Rechenalgorithmus im Internet leicht selbst berechnet werden. Ein Thermometer und Hygrometer sollte sowieso in keinem Mobilstall fehlen.

Bei Werten oberhalb von 50 kJ/kg in der Stallluft beginnt der Hitzestress der Hühner und bei Überschreiten eines Wertes von 72 kJ/kg tritt der Hitzetod ein. Dieser Wert wurde in diesem Sommer an vielen Tagen erreicht. So ergibt sich z. B. bei einer Lufttemperatur von 35 °C und einer relativen Feuchte der Luft von 50 % bereits ein Enthalpiewert von 80 kJ/kg.

Schalenqualität und Legeleistung nehmen ab

„Sind Hennen großer Hitze ausgesetzt, muss man zwischen kurz- und langfristigen Folgen unterscheiden“, erklärte Jutta von der Linde. 

Kurzfristig kann es beim Hitzestress durch die Hechelatmung zu einer übermäßigen CO2-Abatmung (Hyperventilation), zu einer Veränderung des Säure-Basen-Haushalts, zu einem Kreislaufversagen durch Ausdehnung der Blutgefäße und durch Austrocknung, zu einer Proteindenaturierung (Fleisch ist wie gekocht!) und bei einer Körpertemperatur von 42 bis 44 °C zum Tod kommen. Das Geflügel hat eine normale Körpertemperatur von etwa 41 °C.

Langfristig nehmen die Eigröße, die Legeleistung und die Schalenqualität ab. Durch den Stress kommt es auch zu einer Halsmauser, zum Federpicken und zu Kannibalismus. Ferner können auch Coliinfektionen auftreten.

Bei der Lüftung einen Fachmann hinzuziehen

„Man muss vor allem gut auf den Ernstfall vorbereitet sein, denn Nutztiere stehen in einem absoluten Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Halter und sind dessen richtigem Handeln ausgeliefert“, betonte van der Linde. Wichtig sei, dass ein für die Anzahl der Hühner passender Mobilstall ausgewählt wird. Bei ausländischen Fabrikaten ist darauf zu achten, dass sie für deutsche Verhältnisse geeignet sind, denn im Ausland ist man mit der deutschen Gesetzgebung wie der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung (TierSchNutztV) oftmals nicht vertraut.

Von zentraler Bedeutung im Mobilstall ist ein effektives Belüftungssystem, welches im Sommer die Wärme möglichst schnell abführt und frische Luft an die Tiere bringt. Im einfachsten Fall findet man Schwerkraftlüftungen, die nur durch das Abziehen der aufsteigenden, warmen Luft durch die in Deckenhöhe angebrachten Ablaufschlitze bzw. Kamine angetrieben wird. „Das ist die einfachste und kostengünstige Art des Lüftens, birgt aber die Gefahr, dass es im Winter im Stall zu kalt wird und zu viel Feuchtigkeit im Stall verbleibt“, berichtete Jutta von der Linde und empfahl deshalb eine aktive Lüftung nach dem Unterdruckprinzip. Bei dieser wird die Luft im Stall mittels Ventilatoren abgesaugt, so dass der entstehende Unterdruck ein Nachströmen von frischer Außenluft bewirkt. Dabei muss die Lüftungsrate regulierbar sein. 

Damit die Lüftung gut funktioniert, sollte ein Fachmann herangezogen werden. „Hier zu sparen, heißt die Ertragsfähigkeit der gesamten Legehennenhaltung aufs Spiel zu setzen“, so Jutta van der Linde.

Zuluft muss bis auf den Boden gelangen

Es muss auch darauf geachtet werden, dass durch entsprechende Einstellung der Klappen die Zuluft tatsächlich zunächst den Boden erreicht, bevor sie sich erwärmt und nach oben steigt, denn sonst bekommen die tiefer sitzenden Tiere vom Luftstrom zu wenig ab und bleiben in einem „Sumpf“ schlechter Luft sitzen. Zugluft muss aber unbedingt vermieden werden, weil sich sonst die Hennen an einer Zugluft freien Stelle sammeln, was dort den Tierbesatz in die Höhe treibt und auf Dauer der Tiergesundheit abträglich ist.

Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt, Ludwig Holly
Bild: Geflügelnews, dwd

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