„Ohne Gentechnik!“ Klare Aussage! Und ein großer Erfolg für den VLOG.

09 Juni 2023
Politik
Alexander Hissting

Geflügelnews-Interview mit VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting.

Die Bedeutung von VLOG (Verband Lebensmittel ohne Gentechnik) ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Mittlereile sind etwa 4000 Unternehmen VLOG-zertifiziert. Geflügelnews fragte den VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting, worin er die Gründe für den Erfolg des VLOg-Siegels sieht und wie die Kontrollen des Vereins ablaufen.

 

Geflügelnews: Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik, kurz VLOG, hat in den letzten Jahren eine bedeutende Stellung am Markt bekommen; seitens des LEH wird die Teilnahme am VLOG-System und die Auslobung mit dem VLOG-Siegel sogar gefordert. Das trifft insbesondere auf den Eier- und Geflügelbereich zu. Was sind nach Ihrer Ansicht die Gründe hierfür?

Alexander Hissting: Den Erfolg des VLOG-Siegels sehe ich darin begründet, dass es eine sehr klare und relevante Aussage für Verbraucher:innen und damit auch einen Mehrwert im Marketing bietet, und zwar zu relativ geringen Kosten

Geflügelnews: Wieviel Prozent der Betriebe sind derzeit eigentlich VLOG-zertifiziert?

Alexander Hissting: Wir haben ungefähr 500 Unternehmen, die für das „Ohne GenTechnik“-Siegel lizensiert sind. Weit mehr Betriebe jedoch - etwa 4000 Unternehmen - sind VLOG-zertifiziert. Das reicht von der Futtermittelherstellung bis zur Bedientheke im Supermarkt. Weitere zehntausende landwirtschaftliche Betriebe sind da noch gar nicht mitgezählt, weil sie Teil einer Gruppenzertifizierung sind.

Geflügelnews: Die Zahl kann sich sehen lassen!

Alexander Hissting: Um die Dimension noch klarer zu machen: Im Jahr 2022 wurden Verbraucherausgaben für Produkte mit dem "Ohne GenTechnik"-Siegel in Höhe von über 16 Milliarden Euro getätigt. Das ist sogar etwas mehr als der gesamte Biosektor erreichte.

 

Umsatzentwicklung von Lebensmitteln ohne Gentechnik.

Geflügelnews: Nicht nur konventionelle Betriebe sind Teilnehmer des Systems, sondern auch viele Biobetriebe – obwohl sie es nicht müssten, da der Verzicht auf Gentechnik bei Bio bereits gesetzlich verankert ist. Eine VLOG-Zertifizierung ist aus unserer Sicht damit eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Sehen Sie das auch so? Letztlich geht es um Kosten für die Betriebe.

Alexander Hissting: Im Biobereich insgesamt wird relativ wenig „Ohne Gentechnik“ ausgelobt. Für uns ist es kein strategisches Ziel, die VLOG-Zertifizierung hier auszuweiten. Ich kann verstehen, dass viele Biobetriebe keinen Sinn in einer gesonderten „Ohne Gentechnik“-Auslobung sehen, da das in der Bioverordnung ja bereits verankert ist. Rein rechtlich gesehen ist das aber kein Werben mit Selbstverständlichkeiten. Denn die Überwachungsbehörden schauen sich den gesamten Eiermarkt insgesamt an. Und der ist ja nicht zu 100 Prozent gentechnikfrei.

Wo ich aber durchaus einen Sinn der Auslobung der Gentechnikfreiheit bei Bioprodukten sehe, ist im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel, wenn sich Bioprodukte in direkter Konkurrenz zu konventionellen Produkten befinden, die eine „Ohne Gentechnik“-Auslobung haben. Denn nicht allen Verbraucher:innen ist bewusst, dass Gentechnikfreiheit bei Bio gesetzlich vorgeschrieben ist.

Geflügelnews: Wie laufen eigentlich die Kontrollen für eine VLOG-Zertifizierung in den Betrieben ab?

Alexander Hissting: Gentechnikfreiheit hat gegenüber anderen Nachhaltigkeitsthemen wie „Bio“ und „Entwaldungsfrei“ oder den Fair-Trade-Siegeln einen großen Vorteil: Wir können mit Hilfe eines PCR-Tests analytisch ganz leicht nachweisen, ob ein Futtermittel frei von Gentechnik ist oder nicht. Die VLOG-Zertifizierung startet dabei in der Regel beim Futtermittelwerk und zieht sich dann durch jede Erzeugungsstufe bis hin zum Endprodukt. Im Futtermittelwerk werden die Einzelfuttermittel, die vom Futtermittelwerk zugekauft werden, analysiert. Dabei steht Soja besonders im Fokus, Raps und Mais aber ebenfalls.

Kontrolle der Kontrolle

Alexander Hissting: Wir als VLOG machen darüber hinaus – ähnlich wie bei KAT - so genannte Integry-Kontrollen; sozusagen eine Kontrolle der Kontrolle. Der VLOG hat dazu eigene Auditorinnen angestellt, die selbst zu den Zertifizierungsstellen beziehungsweise auf die Betriebe fahren. Sie schauen nach, ob die Zertifizierungsstellen einen guten Job machen achten darauf, dass das Niveau, auf dem die Zertifizierungsstellen arbeiten, möglichst gleich ist. Dabei sehen sie, wie es vor Ort in den Produktionsbetrieben läuft. Sie ziehen dann fast immer auch Proben von Futter- oder Lebensmitteln und analysieren diese.

Geflügelnews: Inwiefern unterscheiden sich Kontrollen der Biobetriebe von den Kontrollen der konventionellen Betriebe?

Alexander Hissting: Für Bioprodukte verlangen wir keine gesonderte VLOG-Zertifizierung, weil „Ohne Gentechnik“ im Rahmen der Biokontrolle mit abgeprüft wird. Es reicht aus, dass uns der Betrieb die Biozertifizierung nachweist. Bei konventionellen Betrieben, die eine VLOG-Zertifizierung machen, werden Analysen des Futters im Rahmen des Eigenkontrollsystems notwendig. Das wiederum wird von der Zertifizierungsstelle abgeprüft.

Geflügelnews: Gibt es Sanktionen, wenn bei Kontrollen auf den Betrieben Abweichungen auffallen?

Alexander Hissting: Natürlich, je nach Abweichung kann das bis zur Aberkennung der Zertifizierung gehen.

Geflügelnews: Der Verein Donau Soja, eine Marke für gentechnisch frei produzierte Sojabohnen im Donauraum, hat in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewonnen, insbesondere der Anbau aus dem Donaudelta. Doch insgesamt ist der Anteil gentechnikfrei produzierter Ware aus dieser Region noch gering und in einigen Ländern mit fragwürdigen Anbaumethoden verbunden. Rückstände waren oftmals das Problem. Wie stellen Sie sicher, dass die Lieferungen tatsächlich gentechnikfrei sind und vor allem keine verbotenen Rückstände ausweisen?

Alexander Hissting: Ich finde es erfreulich, dass die Fruchtfolgen heute mehr diversifiziert werden und mehr Soja angebaut wird beziehungsweise generell mehr Eiweißpflanzen auf den Äckern wachsen. Positiv ist auch, dass die Sorten immer mehr an unsere Klimabedingungen angepasst werden. Das wird helfen, den Sojaanbau in Europa wieder auszuweiten. Im Moment können wir den Bedarf an Soja mit dem bestehenden Anbau nicht eins zu eins decken. Aber das Entwicklungspotenzial ist natürlich enorm. Klar ist, dass Soja beim Thema Gentechnik immer ein Hochrisikoprodukt ist, dass einer genaueren Betrachtung unterzogen werden muss. Dies gelingt mit den eben beschriebenen Methoden.

Nachfrage nach Soja sinkt

Geflügelnews: In unseren Gefügelnews berichteten wir Anfang März über die schwindende Nachfrage nach gentechnikfreiem Soja und wir bemerken einen Preissturz bei Soja. Sehen Sie das auch so?

Alexander Hissting: Wir sehen auch, dass die Nachfrage nach Soja sinkt, weil natürlich die Menge an tierischer Produktion sinkt. Bei den Schweinen ist dies dramatisch. Darüber hinaus registrieren wir, dass versucht wird, Soja zu substituieren, zum Beispiel durch günstigere Rapsprodukte. In vielen Bereichen wird dies bereits umgesetzt. Lediglich in der Geflügelmast ist Soja nicht so leicht zu ersetzen. Das führt dazu, dass weniger Soja gebraucht wird. Aber das ist eher eine kontinuierliche Entwicklung und  nicht verantwortlich für den Preissturz, den wir gerade haben. Dieser liegt vielmehr in der erfreulichen Situation begründet, dass in diesem Jahr durch eine besonders gute Ernte in Brasilien quasi die doppelte Menge an gentechnikfreiem Soja zur Verfügung steht wie im letzten  Jahr.

Geflügelnews: Einige Länder, wie Polen und Ungarn haben den Import von Soja aus der Ukraine untersagt. Kann es deshalb zu Angebotsengpässen kommen?

Alexander Hissting: Nein, ich sehe gar kein Problem in der Verfügbarkeit gentechnikfreier Ware. Erstens: Dass die Länder blockieren, liegt ja an den niedrigeren Preisen, was wiederum Folge eines hohen Angebots ist. Zweitens: Inzwischen ist ja nur noch blockiert, was in Polen und Tschechien ankommen soll. Der Transit der Ware wird nicht verhindert. Selbst wenn wir in Deutschland aktuell  ukrainische Ware dringend bräuchten, wäre es kein Problem, diese durch die Länder zu transportieren. Als Drittes: ich glaube, dass diese Blockade auch nur von kurzer Dauer ist. Es wird nicht lange dauern, dann wird diese Vorgabe wieder zu den Akten gelegt. Ich sehe also wirklich kein Problem der Verfügbarkeit: Wir haben eine Rekordernte in Brasilien. Bei Raps sind wir sehr gut über den Winter gekommen. Und das, was an gentechnikfreier Ware aus der Ukraine zu uns kommt, ist sowieso nur ein geringer Anteil. Und selbst der fließt.

Möglichst schlank und trotzdem sicher

Geflügelnews: In Deutschland existieren zahlreiche Systeme bzw. Siegelprogramme, die zu einem Teil vom Bundeslandwirtschaftsministerium, zum anderen Teil von der Wirtschaft bzw. dem Handel vorangetrieben werden. Aktuell trifft dies unter anderem auf die Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft zu. Sagen Sie uns bitte etwas zu den Vorteilen von Siegelprogrammen und zu den für eine Zertifizierung notwendigen Kosten.

Alexander Hissting: Zunächst einmal: Der VLOG ist nicht Mitglied der Zentralen Koordination Handel-Landwirtschaft. Ich denke, dass unser Verein mit seinen Audits und Zertifizierungen selbst ein gutes System bietet, um die Anforderungen des Marktes nach bestimmten Qualitäten zu bedienen. Das Gute am VLOG-System ist, dass die Geflügelbranche bei diesem System aktiv mitwirken kann und dies auch tut: So wird in unserer  „Fachgruppe Standard“ diskutiert, welche Anforderungen an eine Zertifizierung gestellt werden, an welchen Stellen man effizienter arbeiten muss, und wie die finanzielle Last für Produktionsbetriebe gesenkt werden kann, ohne die Qualität der Zertifizierung zu beeinflussen. Dies geschieht unter anderem durch Kombiaudits, zum Beispiel mit QS oder dem KAT. So bleiben die Prozesse schlank und gewährleisten trotzdem sicher die Gentechnikfreiheit. Das ist ein ständiger Verbesserungsprozess.

Was die Kosten angeht: Wir als VLOG haben gar keinen Einfluss auf die direkten Zertifizierungskosten. Das ist Sache der Verhandlung zwischen den von uns anerkannten Zertifizierungsstellen mit den zertifizierten Unternehmen. Unser Verein selbst lebt von Einnahmen der Mitgliedsbeiträge, vor allem aber von Lizenzeinnahmen für die Nutzung des „Ohne-GenTechnik“-Siegels. Diese Lizenz ist umsatzabhängig.

 

Text:
Cordula Moebius

Cordula Moebius

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Bild: VLOG

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