Die bahnbrechenden Labortests mit Vogelgrippeimpfstoffen in den Niederlanden müssen nun in der Praxis funktionieren. Ein spezialisiertes Forschungskollektiv, das vom niederländischen Landwirtschaftsministerium beauftragt wurde, hat diese Aufgabe übernommen. Der Feldversuch gegen die Vogelgrippe wurde am 15. September gestartet. Der Professor und Forscher Sjaak de Wit ist optimistisch, aber auch angespannt. Am vergangenen Montag erläuterte er den Impfversuch gegen die Vogelgrippe beim niederländischen Tiergesundheitsdienst Deventer.
Wie funktioniert der Impfversuch gegen die Vogelgrippe und was sind die Erwartungen?
Die Forscher der Universität Utrecht, der Universität Wageningen und des Tiergesundheitsdienstes Royal GD hoffen, die Ergebnisse der Impfstoffstudie im Jahr 2025 vorlegen zu können. Getestet werden ein Vektorimpfstoff von Ceva und ein Proteinimpfstoff von Boehringer Ingelheim.
Die Erwartungen sind hoch. In der Tat waren frühere Testergebnisse im Labor der Universität Wageningen in Lelystad verblüffend. Nach acht Wochen lag der R-Wert (Reproduktionszahl) bei 0,0. "Das ist ermutigend", sagt Royal GD-Forscher und Professor Sjaak de Wit. "Aber die Praxis ist oft widerspenstiger. Es gab schon oft Studien, bei denen die Übertragung vom Labor in die Praxis zu wünschen übrigließ. Deshalb wird die kommende Zeit unglaublich spannend."
Der Vektorimpfstoff
Der Vektorimpfstoff von Ceva ist ein (sehr mildes) Lebendimpfvirus, dem ein Gen eines anderen Erregers hinzugefügt wird, um auch gegen diesen zweiten Erreger einen Schutz zu bewirken - ein altbewährtes Rezept, mit dem seit Jahren geimpft wird. Dieser HVT-Impfstoff (schützt gegen die Marek-Krankheit) wurde sozusagen in einen Vogelgrippe-Impfstoff umgewandelt, um gegen das Vogelgrippe-Virus H5 zu schützen. Das Ergebnis ist der HVT-H5-Vektor-Impfstoff. Im Moment ist dieser Impfstoff noch nicht auf dem deutschen Markt zugelassen.
Der Impfstoff hat den Vorteil, dass er auch gegen Mutanten von H5-Vogelgrippeviren schützt. Die Injektion kann im Ei oder am Tag des Schlüpfens der Küken erfolgen, so dass die Impfung in der Brüterei stattfinden kann. Der Impfstoff wirkt bei Hühnern und Puten, andere Vogelarten wie Enten sind ausgeschlossen. Das ist auch der einzige Nachteil, den De Wit sieht. "Ich gehe davon aus, dass der Impfstoff nach Zulassung massenhaft verabreicht werden wird, so wie es bereits mit anderen Vektorimpfstoffen geschieht."
Der Proteinimpfstoff
Der getestete Proteinimpfstoff stammt von Boehringer Ingelheim. In Frankreich läuft ein großer Versuch, bei dem der Impfstoff bei Enten eingesetzt wird. Aber auch dieser Impfstoff ist noch nicht auf dem europäischen Markt zugelassen.
Das Protein wird durch eine Injektion verabreicht, die in jedem Alter durchgeführt werden kann. Im menschlichen Körper hat das Protein keine Wirkung, so dass seine Verabreichung an Geflügel sicher ist. Der Schutz wird durch die Bildung von Antikörpern im Blut erreicht. Im Gegensatz zum Vektorimpfstoff ist eine wiederholte Injektion möglich. Die Proteinimpfstoffe werden in Europa noch nicht eingesetzt, außerhalb Europas jedoch schon.
So läuft der Impfversuch ab
Im Rahmen des Versuchs werden beide Impfstoffe getestet. Insgesamt sind 2 400 Küken an der Studie beteiligt, von denen 1 800 geimpft werden. Das Geflügel wird in vier Gruppen aufgeteilt. Testgruppe 1 erhält den Vektorimpfstoff von Ceva unmittelbar nach der Geburt, Testgruppe 2 erhält den Proteinimpfstoff unmittelbar nach der Geburt, Testgruppe 3 erhält den Proteinimpfstoff zweimal (nach der Geburt und nach 12 Wochen) und Testgruppe 4 erhält keine Impfstoffe. Die Hühner werden unter anderem durch Bluttests überwacht und es soll eine Vielzahl von Daten gesammelt werden.
Dreimal soll eine kleine Auswahl von Hühnern in den "Hochsicherheitstrakt" der Universität Wageningen in Lelystad verbracht werden, um dort mit H5-Vogelgrippeviren infiziert zu werden. Diese Hühner kehren nicht an die Versuchsstandorte zurück. Die ersten Ergebnisse des Versuchs werden für Anfang 2024 erwartet, der Abschlussbericht soll Ende 2025 vorliegen. Die Impfungen wurden am 15. September im Labor des Tiergesundheitsdienstes in Deventer verabreicht.
Legehennen, Freiland- und Biohaltung
Laut de Wit konzentrierte sich der Versuch auf Legehennen, weil Freilandhühner sowie Legehennen aus ökologischer Haltung am meisten von der Vogelgrippe bedroht seien.
Auswirkungen auf den Handel?
Im Rahmen des Pilotprojekts werden auch die Auswirkungen der Impfung auf den Handel mit Geflügelprodukten und die Einrichtung eines Überwachungsprogramms genau untersucht. Mit diesem Überwachungsprogramm soll jede Infektion in einem geimpften Betrieb, die trotz der Impfung auftreten kann, so schnell wie möglich entdeckt werden. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit, dass das Virus weiterhin zirkuliert, auf ein Minimum reduziert.
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