Dass der Ukraine-Krieg Einfluss auf die Weltagrarmärkte und damit auch auf Futterkosten hat, hat jeder Tierhalter gemerkt. Der jetzt entbrannte Krieg in Israel könnte ebenso zu Preissteigerungen führen. Warum das so ist, erläutert Florian Kröger, Raiffeisen Ems-Vechte.
Insbesondere für Geflügelmäster, die nicht in festen Integrationen mit Futterbezug produzieren, sind die Futterkosten immer Diskussionsthema. Schließlich haben sie den Hauptanteil an den Produktionskosten. Wann soll ich Futter kaufen? Wann ist der richtige Zeitpunkt, einen Kontrakt abzuschließen? Aber auch: Wann soll ich das eigene Getreide verkaufen?
Politik und Wetter als Unsicherheitsfaktoren
Florian Kröger kann diese Fragen - verständlicherweise – derzeit nicht so wirklich beantworten: „Man kann im Moment nicht sagen, wohin sich alles entwickelt“, sagt er vor allem auch vor dem Hintergrund der beiden schrecklichen Kriege in der Ukraine und in Israel. Denn dieses politische Weltgeschehen mit seinen Unwägbarkeiten sieht er neben dem Wetter als momentanen Haupteinflussfaktor auf die Rohwarenmärkte.
Florian Kröger verantwortet beim niedersächsischen Futtermittelhersteller Raiffeisen Ems-Vechte das Mischfuttergeschäft. Ein Schwerpunkt des Unternehmens mit vier Futtermühlen in der Geflügelhochburg Emsland/Grafschaft Bentheim ist naturgemäß Geflügelfutter. Auf dem Hähnchenmastforum, zu dem sein Unternehmen geladen hatte, gab es von ihm eine Einordnung der Marktentwicklungen zu den drei wichtigsten Komponenten im Hähnchenmastfutter: Weizen, Mais und Soja. Sie machen rund 80 Prozent des Hähnchenfutters aus.
Weizen von 420 Euro auf 230 Euro in einem Jahr
Nach dem Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022 schnellte der Weizenpreis in kürzester Zeit auf Spitzenwerte von bis zu 420 Euro/Tonne. Aktuell hat er sich wieder auf einem deutlich niedrigeren Niveau von 230 Euro/Tonne eingependelt: „Das ist eine Spanne von 200 Euro innerhalb eines Jahres“, so der Geschäftsführer. Seiner Einschätzung nach wird es in nächster Zeit keinen weiteren Rückgang geben – was für den Abschluss von Kontrakten spräche. Längerfristig wollte er einen weiteren Rückgang auf ein Niveau von 180 Euro/Tonne jedoch zumindest nicht ausschließen.
Dass Weizen als „Leitkultur“ der Getreidemärkte zu sehen ist, machen die immensen gehandelten Kontrakte an der Pariser Börse MATIF deutlich: Jetzt im November wurden (für März 2024) pro Tag bis zu 50.000 Kontrakte gehandelt, das entspricht 2,5 Mio. Tonnen pro Tag oder umgerechnet bei aktueller Notierung 600 Mio. Euro pro Tag!
Mais wird auf dem Weltmarkt in deutlich geringeren Mengen gehandelt. Die Preise haben in der Regel einen ähnlichen Verlauf wie die Weizenpreise, lehnen sich hier an.
Agrarrohstoffe interessant auch für Investoren
Soja wird in erster Linie an der Börse von Chicago gehandelt. Der Proteinlieferant hat in den vergangenen zwölf Monaten ebenfalls ein extremes Auf und Ab der Preise erlebt. Das Handelsvolumen ist hier noch einmal rund doppelt so hoch wie Weizen. Auch deshalb steht Soja neben Weizen stark im weltweiten Interesse. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Agrarbranche, sondern bekanntlich zunehmend auch für Finanzmärkte und Investoren.
Welchen Einfluss Erntevorhersagen haben, zeigte Florian Kröger eindrucksvoll am Beispiel Soja und amerikanischer Landwirtschaftsbehörde USDA: Anfang November sorgte der USDA-Report mit korrigierten niedrigeren Erntemengen-Schätzungen bei Soja um ein Preisplus von 20 Prozent in kürzester Zeit. „Soja schnellte um 50 Euro/Tonne hoch, für Hähnchenfutter bedeutet das von heute auf morgen eine Verteuerung um 1 Euro/Dezitonne. Oder für uns als Futtermittelhersteller bei einer Verarbeitungsmenge von 10.000 Tonnen im Monat 500.000 Euro mehr Kosten“, so Kröger.
Steigende Ölpreise bedeuten steigende Getreidepreise
Was hat nun aber der Krieg in Israel mit den Agrarmärkten zu tun? Der grauenvolle Überfall der Hamas auf Israelis bewegte die ganze Welt. Der Beginn des Krieges dort hat nicht nur eine humanitäre und politische Dimension, sondern auch eine wirtschaftliche: Der Ölpreis stieg innerhalb kürzester Zeit sehr stark. Der Iran unterstützt die Hamas im Gazastreifen – und ist mit der größte Ölexporteuer der Welt, hier lagern rund ein Fünftel der weltweiten Vorräte. „Aus Erdöl wird bekanntlich Kraftstoff gemacht, eine Alternative ist inzwischen Ethanol. Der Rohstoff hierfür ist Mais und Mais könnte dann, wenn Erdöl sehr teuer wird, durchaus auch wieder bei 300 Euro/Tonne landen,“ so der Marktexperte.
Angesichts der großen Unsicherheiten durch das politische Weltgeschehen, aber eben auch durch das Wetter und besondere Wetterereignisse riet er den Hähnchenmästern, ihre eigene Produktion und die Kostenseite immer im Blick zu behalten. Das gelte nicht nur in Zeiten guter wirtschaftlicher Ergebnisse wie aktuell, sondern vor allem auch in weniger erfreulichen Zeiten.
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