Peter Vollmers engagiert sich auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Ein Schild informiert über seine Hähnchenmast.
Die Hähnchenmast ist ein Betriebszweig, in dem viel Wärme benötigt wird. Die gestiegenen Energiepreise infolge des Ukrainekrieges wirken sich deutlich auf die Produktionskosten aus. Da sind gute Wärmekonzepte gefragt.
Peter Vollmers ist sehr entspannt, wenn er auf seine Mastauswertungen schaut. Der Hähnchenmäster aus dem niedersächsischen Stade hat im Schnitt Wärmekosten von 7 Cent und Stromkosten von 4 Cent je Hähnchen. Damit heizt er seine vier Ställe für jeweils 30.000 Tiere sehr günstig. Zum Vergleich: Eine Abfrage des niedersächsischen Beratungsringes Aschendorf-Hasselbrock* ergab unter den angeschlossenen Hähnchenmastbetrieben im vergangenen Jahr durchschnittliche Gaskosten von ca. 13 Cent und Stromkosten von gut 5 Cent.
Gute Lösung mit Berufskollegen vor Ort
Dabei ist es nicht so, dass Peter Vollmers die Folgen des Ukrainekrieges gar nicht gemerkt hat. Auch er ist als Betrieb nicht autark, was die Energieversorgung angeht: „Aber wir haben für uns ein gutes Modell mit einer Lösung vor Ort gefunden“, ist er froh. Diese regionale Lösung gibt es schon seit 2011, also schon lange vor Beginn des Ukrainekriegs. Wie sieht sie genau aus?
Die vier Ställe auf dem Betrieb Vollmers wurden 2002, 2004 und 2009 gebaut. Gemästet wird 39 Tage mit Vorgreifen am 34. Tag. „Unsere vier im Prinzip baugleichen Ställe sind alle ganz konventionell mit Gaskanonen ausgestattet worden. Je Stall gibt es zwei Kanonen a 95 kW. Sie werden mit Flüssiggas betrieben“, erzählt er. Die Ställe stehen im Außenbereich.
Zwei benachbarte landwirtschaftliche Betriebe bauten 2011 eine Biogasanlage, die sich in etwa 1.500 m Entfernung von den Hähnchenställen befindet. Die Berufskollegen wollten selbst Strom erzeugen und brauchten ein Konzept zur Verwertung der anfallenden Wärme - die Peter Vollmers gerne abnehmen wollte. „Die Kombination Biogasanlage, BHKW und Hähnchenmast gibt es ja durchaus häufig und sie ist eine klassische Win-win-Situation“, sagt er.
BHKW steht an den Hähnchenställen
So stellten die Biogasanlagenbetreiber drei Blockheizkraftwerke (BHKW) auf, eines davon am Standort der vier Hähnchenställe, und verlegten auch die 1.500-m-Gasleitung dorthin. Die beiden anderen BHKW’s versorgen einen schweinehaltenden Betrieb sowie mehrere Wohnhäuser im Ort. Die Wartung der BHKW’s übernehmen die Biogasanlagenbetreiber.
Vollmer selbst investierte lediglich in zwei Warmwasserkonvektoren je Stall (40 kW) und je vier zusätzliche Ventilatoren für eine bessere Verteilung der warmen Luft im Stall „Bei den Warmwasserkonvektoren ist die Luftverteilung nicht so gut wie bei den Gaskanonen, deshalb die zusätzlichen Ventilatoren“, erklärt er.
Theoretisch könnte Vollmer zumindest in den wärmeren Jahreszeiten die Ställe allein mit der Abwärme des BHKW heizen. Zum Aufheizen und in der ersten Mastwoche laufen jedoch sowohl die Gaskanonen als auch die Konvektoren. Die Gaskanonen erzeugen bei Betrieb bekanntlich Feuchtigkeit, manchmal eben auch zu viel Feuchtigkeit für den Maststart.
Luftfeuchtigkeit im Stall wichtiger Parameter
Bei den Konvektoren ist es umgekehrt, sie trocknen den Stall. „Bei den ersten Probeläufen mit nur den Konvektoren hatten wir Luftfeuchtigkeiten von 35 oder 40 % im Stall. Das ist natürlich viel zu wenig, da drohen zum Beispiel Atemwegsprobleme bei jungen Tieren“, erzählt Vollmers von Anfangsfehlern. Heute ist das Zusammenspiel so austariert, dass eine Luftfeuchtigkeit von optimalen 60 % gehalten wird.
Nach der ersten Mastwoche wird der Stall dann nur noch mit der Abwärme des BHKW beheizt: „Der Klimacomputer stellt die Temperatur für die Gasheizung auf 0,5 Grad unter Soll ein, sprich, sie würde anspringen, wenn aus welchen Gründen auch immer die Warmwasserkonvektoren nicht arbeiten würden“, erklärt der Mäster.
Mit seinen Nachbarn, die die Biogasanlage betreiben, hat er sich auf ein, wie er findet, faires Bezahlungssystem geeinigt: Er zahlt für die Abwärme je kWh die Hälfte des jeweiligen Gaspreises seines Gaslieferanten – nur, wenn er die Wärme auch tatsächlich abnimmt. Abrechnungsgrundlage nach jedem Durchgang sind die Laufzeiten der Warmwasserkonvektoren. Wärmeverluste über die Leitungen oder Abstrahlung an den Konvektoren zahlt er nicht. Und Vollmer zahlt die Wärme nur in den sieben kälteren Monaten des Jahres: „Vor zehn Jahren gab es noch weniger Erfahrungen und mehr Unsicherheiten mit der Wärmeabnahme bei den Biogasanlagen, wir haben uns damals so geeinigt“, freut er sich. Da die Biogasanlage inzwischen flexibilisiert gefahren wird, wurde ein zweites BHKW an seinen Ställen errichtet. Es gibt dabei die Absprache, dass sie in den ersten sieben Tagen nach Einstallung von Küken nicht abgestellt werden.
Günstiges Beheizen der Ställe
Im Schnitt seiner letzten acht Durchgänge hat Peter Vollmers jeweils 1.010 l Flüssiggas und 35.520 kWh Abwärme benötigt. Der Stromverbrauch lag bei 3.944 kWh je Durchgang. Hierfür zahlte er 30 Cent/kWh an seinen örtlichen Versorger. Hieraus ergeben sich umgerechnet die anfangs genannten 4 Cent Stromkosten und 7 Cent Wärmekosten je Tier.
Sein Hähnchenmist geht im Übrigen komplett an die benachbarte Biogasanlage. Vollmers braucht keine Lagerkapazitäten (mit den gestiegenen Anforderungen). Er bekommt kein Geld für den Mist, dafür werden die Nährstoffe frei Feld zurückgeliefert inklusive Ausbringung als Flüssigdünger auf der Fläche und exakt zu dem Zeitpunkt, an dem der Dünger benötigt wird. „So kann ich die laut Düngeverordnung nötige passgenaue Düngung je Schlag sicherstellen und brauche selbst auch keine Ausbringtechnik“, nennt er seine Vorteile dieser Regelung. Für ihn ist das eine weitere Win-win-Situation.
*Diese Zahlen von Ringberater Wilfried Zumsande stellte Geflügelfachberater Dr. Peter Hiller von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen auf dem Fachforum Schwein und Geflügelmast 2023 in Lingen vor.
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