Gehölzstreifen: Die Hühnertoilette bleibt nah der Stalltür

12 Juni 2023
Legehenne
Auslauf und Gehölze

In den Ausläufen von Freiland-Legehennen sieht man immer öfter Gehölzanpflanzungen. Die Tiere nutzen die Flächen dann viel besser. Aber helfen sie auch beim Problem Nährstoffverteilung im Auslauf?

Auch hierzulande pflanzen Legehennenhalterinnen und Legehennenhalter immer öfter Gehölzstreifen an - aus zum Beispiel Weiden, Pappeln oder auch Obstbäumen und Nusssträuchern. Die Gehölze bieten den Hennen Deckung und im Sommer Schutz vor der Sonne. Unbestritten werden Ausläufe mit einer Gehölzanpflanzung von den Tieren besser genutzt als Ausläufe nur mit Grasbewuchs und Schutzhütten.

Maximal 170 kg Stickstoff pro Hektar

Mit der Frage, ob die Gehölzstreifen auch Vorteile für die Nährstoffverteilung im Auslauf haben, befasst sich die Universität Kassel und deren wissenschaftliche Mitarbeiterin Frauke Deerberg (Ökologischer Land- und Pflanzenbau). Bekanntlich besteht in der Freilandhaltung von Legehennen das Problem, dass die Tiere im Freigelände überwiegend im stallnahen Bereich Kot absetzen und der Nährstoffeintrag hier in Folge sehr hoch ist. Es stellt sich die Frage, ob in Ausläufen mit Gehölzstreifen das Problem der hohen Nährstoffeinträge in Stallnähe „entschärft“ werden kann.

Grundsätzlich werden die Nährstoffeinträge im Auslauf nämlich unter anderem beeinflusst davon, wie gut der Auslauf von den Tieren angenommen wird und wie sich die Tiere in der Fläche verteilen. Die insgesamt zur Verfügung stehende Fläche je Tier spielt natürlich auch eine Rolle bezüglich der Nährstoffverteilung.  
Demgegenüber stehen die Nährstoffmengen, die der Pflanzenbewuchs im Auslauf aufnimmt und die Mengen, die aktiv entzogen werden durch Mähen / Abfahren oder Rückschneiden der Gehölze und Abfahren des Strauchguts. Klar ist, dass sich in einem Geflügelauslauf mit üblichen Besatzdichten Nährstoffeinträge und Nährstoffabfuhr nicht die Waage halten. Der etwa laut Bioland-Richtlinien maximal zulässige Stickstoffanfall (N) im Auslauf liegt bei 170 kg/ha.

Modellrechnung

Wie das für die Praxis einzuordnen ist, zeigt folgende Modellrechnung, die Frauke Deerberg vorstellte: Eine Legehenne scheidet mit dem Kot etwa 2,48 g N pro Tag aus. Geht man davon aus, dass davon 90 % im Stall anfallen und nur 10 % draußen im Auslauf, läge der Eintrag bei 22,6 g N/m². Dies gilt allerdings nur unter der Annahme, dass die Hennen völlig gleichmäßig über den Auslauf verteilt abkoten.

Das tun sie aber bekanntermaßen nicht. Frauke Deerberg: „Nach Untersuchungen fallen 70 % des im Freiland abgesetzten Kotes im stallnahen Bereich des Auslaufs, also auf etwa 10 % der Auslauffläche, an. Die Stickstoffbelastung ist hier also noch einmal deutlich höher.“

In einem Forschungsprojekt an der Uni Kassel wurden auf einem Praxisbetrieb, der Pappelstreifen für den Kurzumtrieb im Legehennenauslauf angelegt hatte, und den zwischen den Pappelstreifen liegenden Grasflächen, Bodenproben entnommen. Im Anschluss wurden die Stickstoffgehalte im Boden der Pappelstreifen mit denen der Grasstreifen verglichen. Das Ergebnis: Es gab statistisch gesehen keinen Unterschied in Abhängigkeit des Bewuchses, wohl aber in Abhängigkeit der Entfernung zum Stall. Mit zunehmender Entfernung zum Stall nahmen die Stickstoffgehalte im Boden ab, egal ob unter Pappel- oder Grasbewuchs. Unterschiede gab es – wie erwartet – im stallnahen Bereich im Vergleich zu größerer Entfernung vom Stall, egal ob Gras oder Gehölze im Auslauf stehen.

Verschiedene Substrate getestet

Um den Nährstoffeintrag im stallnahen Bereich zu begrenzen, testet die Universität Kassel aktuell verschiedene Substrate bezüglich ihrer Fähigkeit zur Nährstoffaufnahme. Erprobt werden auch mineralische Substrate wie Schotter oder Kies. Diese sind aber sowohl in Hinblick auf die Nährstoffproblematik als auch unter Aspekten der Hygiene und des Tierwohls als ungeeignet für Geflügelausläufe einzustufen. Erfolgsversprechender sind die ebenfalls getesteten organischen Substrate wie Strohmehlpellets, Holzhackschnitzel, Holzpellets oder Dinkelspelzenpellets. Diese können (anders als Schotter und Kies) nach der Liegedauer auch als Dünger im Betriebskreislauf weiterverwendet werden.

Laut Frauke Deerberg schnitten in einem ersten Durchgang die verschiedenen Pellets besser ab, in einem zweiten Durchgang erwiesen sich aber auch die Holzhackschnitzel als sehr gute Option um Nährstoffeinträge in den Boden zu reduzieren.  Wichtig ist hierbei, dass die Substrate regelmäßig (mindestens halbjährlich) erneuert und von der Fläche entnommen werden müssen, um einen Entzug zu erwirken. Derzeit wird in einem Laborversuch geprüft, welche physikalischen und chemischen Eigenschaften ein Substrat mitbringen sollte, um möglichst viel Stickstoff binden zu können. Eine Absage erteilte die Wissenschaftlerin Rindenmulch. Dieses Produkt setzt sich stark um und erhitzt sich, es entwickelt oft einen unangenehmen Geruch und Pilzbildung kommt vor.

Saugfähige Einstreu im stallnahen Bereich

Zusammenfassend aus den beschriebenen Projekten sagt Frauke Deerberg, dass die Gehölzstreifen in Ausläufen sehr empfehlenswert sind im Sinne von Tierwohl. Die ungleiche Verteilung der Nährstoffeinträge in der Fläche wird dadurch jedoch nicht verhindert. Es kann in den Gehölzstreifen sogar auch zu erhöhten Einträgen kommen, weil diese stärker frequentiert werden als offene Grünlandflächen.

Die Gehölze im Auslauf nehmen bei weitem nicht so viele Nährstoffe auf, wie durch den Hennenkot anfallen. Im stallnahen Bereich sollte also (so das nicht ohnehin schon getan wird) mit Einstreu mit hohem Sorptionsvermögen gearbeitet werden, um den Nährstoffeintrag in Boden und Grundwasser gering zu halten.  

Christa Diekmann-Lenartz
Bild: Cordula Möbius

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