Geflügelhalter fordern endlich Klarheit und Perspektiven

11 September 2024
Deutschland
Ta Luft NGW

Veranstalter und Vortragende der TA-Luft-Informationstagung

 

Über größeren Geflügelanlagen hängt seit Inkrafttreten der neuen TA Luft das Damoklesschwert, bis 2026 eine Abluftreinigung nachrüsten zu müssen. Es gibt noch viele Unklarheiten. In der geflügeldichten Region Weser-Ems (Niedersachsen) gab es jetzt eine Informationstagung.

Eingeladen zur Informationstagung, auf der auch eine Vertreterin der Genehmigungsbehörden referierte, hatte der NGW–Landesverband der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft zusammen mit dem „Agrar- und Ernährungsforum Nord-West“ (AEF). Das AEF ist ein Zusammenschluss von 110 Unternehmen, Institutionen und Verbänden der „grünen“ Branche in der Region.  

Nach wie vor fehlt einheitliche Auslegung

Die neue TA-Luft schreibt nicht nur für neue, sondern auch für bestehende Ställe ab einer bestimmten Größenordnung die Nachrüstung einer Abluftreinigung bis zum 30. November 2026 vor. Der NGW-Vorsitzende Friedrich-Otto Ripke kritisierte auf der Tagung, dass es nach wie vor an einer bundesweit einheitlichen Auslegung dieses Regelwerkes fehle. Und somit auch an verlässlichen Gestaltungsperspektiven für geflügelhaltende Betriebe.

Weiterer Kritikpunkt neben der TA Luft: Zahlreiche Betriebe seien bereit, auf höhere Haltungsstufen umzustellen, so wie es Handel und Verbraucher fordern, jedoch seien ihnen von behördlicher Seite die Hände gebunden. Ripke appelierte an die Politik, umstellungswilligen Tierhaltern dies auch von baugesetzlicher Seite zu ermöglichen. Sonst werde sich der Strukturwandel nochmals mehr beschleunigen und Billigimporte aus dem Ausland befördern.

Im Landkreis Cloppenburg zahlreiche Anlagen

Doris Düsing ist Leiterin des Bauamtes im Landkreis Cloppenburg. Dort sind im Geflügelbereich 141 große BImSch-Anlagen sowie 25 kleinere BImSch-Anlagen von den Nachrüstpflichten der TA Luft betroffen. Ausnahmen bezüglich der Nachrüstung einer Abluftreinigungsanlage bei den großen Anlagen gibt es bekanntlich nur, wenn diese nicht verhältnismäßig oder technisch nicht möglich ist.

Dies bedeutet für die Genehmigungsbehörden, dass für jeden betroffenen Stall eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden muss und im Einzelfall die Nachrüstung einer Abluftreinigung auch nicht gefordert werden könne, so Düsing. Den Umbau eines zwangsbelüfteten Stalles zu einem Tierwohlstall lasse die TA-Luft unter entsprechenden Voraussetzungen durchaus zu, sagte die Landkreis-Mitarbeiterin.

Definition Tierwohlstall fehlt nach wie vor

NGW-Geschäftsführer Dieter Oltmann skizzierte in seinem Vortrag die Herausforderungen der TA Luft für die Praxis. Eine grundlegende Reduzierung von Tierzahlen zur Emissionsminderung werde nur bei qualitätsgesicherten Tierwohlprogrammen anerkannt. Jedoch habe sich das Umweltbundesamt (UBA) bis dato nicht zur Definition von Tierwohlställen für Geflügel geäußert. Vor dem Hintergrund zukünftiger Forderung des Handels zu mehr Tierwohlprodukten sei hier dringend eine Klärung notwendig.

Auch bemängelte Oltmann eine seitens der Bundespolitik fehlende Folgenabschätzung. Was die Verbesserung der Stallluft anbelange, so sei als einzige Maßnahme im Geflügelbereich bei der TA-Luft eine Abluftreinigungsanlage anerkannt. Neue emissionsmindernde Maßnahmen müssen von der DLG anerkannt werden oder beim KTBL etabliert sein.

Einstreuzusatz ist anerkannt als Ammoniak-Minderer

Ein im Januar diesen Jahres von der DLG-zertifizierter Einstreuzusatz, der den Anfall von Ammoniak reduziert, werde von den Genehmigungsbehörden inzwischen anerkannt. Grundsätzlich, so Oltmann, prüften die Landkreise zunächst die technische Umsetzbarkeit und die Verhältnismäßigkeit für die Nachrüstung einer Abluftreinigungsanlage.

Am Ende der Diskussion forderten die Teilnehmer von der Bundespolitik eine Gleichstellung von Schweine- und Geflügelställen, was die Tierwohlprivilegierung bei Baugenehmigungen betreffe. Aktuell sei sie nur bei Schweineställen durch das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz gegeben. Für Geflügelställe müsse umgehend auch die Umbaumöglichkeit geschaffen werden. Über die Initiative Tierwohl bzw. die Haltungsform-Stufen des Handels wäre das sinnvoll und möglich.

PM / Christa Diekmann-Lenartz
Bild: AEF

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