Die Kölner Anuga ist die wichtigste und größte Messe für Lebensmittel weltweit. Mit rund 140.000 Fachbesuchern aus 200 Ländern und 7.900 Ausstellern übertraf sie alle Erwartungen. Die Geflügelfleischbranche war gut vertreten, lesen Sie hier, was Aussteller und Besucher sagen.
Anuga: Das sagt die Geflügelfleischbranche
Das Familienunternehmen Heidemark mit Sitz im niedersächsischen Landkreis Cloppenburg ist Europas Nr. 1 für Putenerzeugnisse. Ein Stand auf der Kölner Anuga ist also Pflichtprogramm. Der Exportanteil des Unternehmens liegt bei etwa einem Drittel.
Timo Macke ist bei Heidemark Geschäftsführer Vertrieb. Auf der Anuga hat er viele Gespräche geführt: „Unsere beiden Hauptthemen waren Tierwohl mit der Haltungsstufe 3 und Nachhaltigkeit“.
Beide Themen spielten bei allen Akteuren des Lebensmittelhandels eine sehr wichtige Rolle. Größere Unternehmen sind schon heute berichtspflichtig bezüglich ihrer Nachhaltigkeit – und beziehen zunehmend ihre Lieferanten mit ein. Im Lebensmittelhandel kommt die Forderung nach Nachhaltigkeit auch von den Kunden. Heidemark hat auf diese Entwicklung reagiert und gerade selbst seinen ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Ziel ist, die Nachhaltigkeit über die gesamte Wertschöpfungskette zu verbessern.
Die Absatzsituation bei Putenfleisch sieht Timo Macke mengenmäßig stabil für die kommenden Jahre. Seiner Einschätzung nach wird es auch im Bereich Pute eine Verschiebung der Produktion in Richtung höhere Haltungsstufen geben – das Tempo dabei gebe aber der Markt vor, sagt er. Heidemark bietet schon heute verschiedene Produkte aus Haltungsstufe 3 (mit Außenklima) an.
Sorge bereitet der Branche mehr die Produktion. Damit sie in Deutschland bleiben kann, brauche es Wettbewerbsgleichheit innerhalb der EU, betont der Vertriebschef. Mit der von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir geplanten Putenhaltungsverordnung würde Deutschland benachteiligt gegenüber anderen Produktionsländern wie etwa Polen: „Wie es mit dem Standort Deutschland weitergeht, entscheidet jetzt die Politik.“
Henner Schönecke: „Regionalität und Tierwohl bleiben die Megatrends“
Henner Schönecke führt zusammen mit seiner Familie in Neu Wulmsdorf unweit von Hamburg ein mittelständisches Unternehmen mit 120 Mitarbeitern. Vermarktet werden neben den Eiern des eigenen landwirtschaftlichen Betriebes eine hochwertige Geflügelfleischpalette, Wild und Lamm. Schwerpunktmäßig wird auf Wochenmärkten im Großraum Hamburg, den eigenen Hofladen und eine Filiale in Hamburg, aber auch über das Internet verkauft. Als Regionalpartner beliefert der Hof Schönecke zudem den Einzelhandel mit Freilandeiern.
Die Anuga in Köln nutzt Henner Schönecke, um sich mit seinen Lieferanten zu treffen. Obwohl im gesamten Premiumbereich die Folgen des Ukraine-Konflikts zu spüren sind, blicke man insgesamt optimistisch in die Zukunft: „Wir haben sehr viele Stammkunden. Die sind weiterhin gekommen, zwar weniger oft und haben weniger eingekauft. Neukunden fehlen größtenteils. Aber wir punkten mit den Megatrends Regionalität und Tierwohl und sind damit – unabhängig von der momentanen Delle - längerfristig auf dem richtigen Weg“, so seine Einschätzung.
Etwas Sorge bereitet dem höherpreisigen Segment seines Erachtens der momentane Trend zu Eigenmarken beim Handel. Damit würden die Anbieter ein Stück anonymer und austauschbarer.
Henner Schönecke ist Vorsitzender des Bundesverbandes Ei (BV Ei). „Dieser Bereich ist auf der Anuga weniger vertreten, es gibt aber einige Eier-Weiterverarbeiter“, erzählt er. Ein Trendthema dort seien Proteingetränke. Was dabei für Eier spricht: Sie zählen zu den besten Proteinquellen, besitzen eine hohe biologische Wertigkeit und viele Verbraucher bevorzugen „natürliche“ Lebensmittel.
Borgmeier: „Herkunftskennzeichnung überall wäre sehr wichtig“
Die Heinrich Borgmeier GmbH hat mit „Kikok“ eine der wenigen Markenprodukte im Geflügelfleischbereich geschaffen. „Kikok“, das Maishähnchen, gibt es bereits seit 1994. Seitdem setzt das Unternehmen auf langsam wachsende Rassen, mehr Platz im Stall und eine Mais-basierte Fütterung. Hinzu kommt heute der Verzicht auf Antibiotika. Aktuell werden bei Borgmeier etwa 130.000 Hähnchen/Tag geschlachtet, geliefert von rund 100 Betrieben rund um den Firmenstandort im westfälischen Delbrück.
Manuel Eickelbaum von der Borgmeier GmbH sagt, dass die Ukraine-Krise im Absatz spürbar ist, vor allem nach den Corona-Jahren. Die waren eher davon geprägt, dass mehr höherpreisig gekauft wurde, gemäß dem Motto „Wir können uns ja sonst nichts gönnen“. Heute achten die Verbraucher sehr stark auf den Preis: „Die Situation ist für uns nicht beängstigend, der Absatz läuft gut, wir stellen aber eine deutliche Verschiebung hin zu preiswerteren Teilstücken fest“, berichtet er.
Der Hähnchenfleischmarkt in Deutschland ist hart umkämpft. Neben den Importen aus EU-Ländern wie Polen kommen heute auch sehr große Mengen Hähnchenfleisch aus der Ukraine -zollbegünstigt- auf den deutschen Markt, inklusive Frischfleisch: „Da gibt es riesige Preisunterschiede, wir können hier in Deutschland von den Produktionskosten her überhaupt nicht konkurrieren.“
Deshalb wäre eine durchgängige Herkunftskennzeichnung, auch bei Convenience-Produkten und im Großverpflegungs- und Gastrobereich, seines Erachtens dringend nötig. Es gebe eine Käuferschicht, die für hiesige/regionale Produktion und mehr Tierwohl bereit sei, mehr zu zahlen. Diese Käuferschicht werde auch weiter wachsen, ist Manuel Eickelbaum sicher. Sein Unternehmen geht den eigeschlagenen Weg konsequent weiter: Ab dem kommenden Jahr bekommen die „Kikok“-Hähnchen noch mehr Platz, anstatt 32 kg/qm werden dann nur noch maximal 30 kg/qm erlaubt sein.
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