AI-Monitoring in Putenbeständen erfolgreich etabliert

25 August 2022
Pute
AI-Monitoring in Putenbeständen

Mit einem AI-Monitoring ihrer Bestände wappnet sich die Putenbranche gegen die Klassische Geflügelpest. Wie eine aktuelle Studie zeigt, hat sich diese Methode als zuverlässig erwiesen und ist für Putenhalter einfach zu handhaben.

Es sind nicht mehr nur einzelne Regionen, die von der Aviären Influenza (AI) betroffen sind. Die Seuche trifft mittlerweile Betriebe fast überall in Deutschland, Europa und auch weltweit. Aktuell verzeichnen beispielsweis die USA ein massives Vogelgrippe-Geschehen. Speziell in diesem Frühjahr zeigte sich, dass die AI-Viruslast inzwischen latent über das ganze Jahr bestehen bleibt. Virusfunde bei Wildvögeln gibt es mittlerweile ganzjährig und die Abstände zwischen neuen Meldungen zu AI-Ausbrüchen werden immer kürzer. Die Branche muss sich also wappnen.

Analyse von Stallmerkmalen und Umgebung

Das Bundesland Niedersachsen verzeichnete im vorletzten Winter 2020/2021 Verluste von 1,2 Mio. Tieren, die aufgrund des AI-Seuchengeschehens getötet werden mussten, davon ca. 714.000 Puten. Nach den massiven Geflügelpest-Verlusten war speziell die Putenwirtschaft gefordert, Vorsorgemaßnahmen zu entwickeln. Um das AI-Seuchengeschehen aufzuarbeiten, bildete sich rund um den NGW (Niedersächsische Geflügelwirtschaft Landesverband) eine Arbeitsgruppe, an der sich Brütereien, Tierärzte, landwirtschaftliche Berater und Putenhalter beteiligten.

Um mögliche Rückschlüsse auf einen Seucheneintrag ziehen zu können, erarbeitet die Arbeitsgruppe ein gemeinsames Papier, einen so genannten Kriterienkatalog, in welchem sie die einzelnen Farmstandorte mit Stallmerkmalen sowie Umwelt- und Umgebungsverhältnissen abbildete. Der Katalog bezieht sich auf den Zeitraum vom 21. Dezember 2020 bis zum 24. März 2021 und umfasst 205 Putenbetriebe in den Landkreisen Cloppenburg und Oldenburg. Berücksichtigt wurden 39 Ausbruchs- und 166 Nichtausbruchsbetriebe. Von der AI betroffen waren in diesem Zeitraum 517.740 Puten.

Im Kriterienkatalog wurden unterschiedliche Merkmale abgefragt, unter anderem die Lage und Umgebung der Betriebe. Zum Beispiel wurde untersucht, ob es Wasserzüge und/oder Feuchtgebiete in Stallnähe gibt. Erfasst wurde auch, ob sich Wildvögel in Stallnähe aufhalten und wie weit die Entfernungen zu anderen geflügelhaltenden Betrieben sind. Es wurde zudem nach der Bauweise und der Lüftung der Ställe gefragt (Offenstall oder geschlossener Stall). Von besonderem Interesse war auch die Tränkesituation: Welche Tränkeform ist in den Ställen verbaut? Wo befinden sich die Tränken im Stall (Außenwand, Stallmitte)? 

Abgefragt wurde auch, welche Biosicherheitsmaßnahmen an den Standorten gefahren werden: Gibt es eine Hygieneschleuse vor jedem Stall? Wird vor jedem Stall ein Kleidungswechsel vollzogen? Außerdem wurde untersucht, welches Einstreumaterial verwendet wird, wie das Material vom Außenbereich in den Stall gelangt oder ob es im Stall gelagert wird.

Laut Auswertung waren unter den Ausbruchsbetrieben wenige, die vor jedem Stall eine Hygieneschleuse haben und vor jedem Stall einen Kleidungswechsel vollziehen.

30 Prozent Primärausbrüche

Bei der Betriebsanalyse wurde zwischen Primär- und Sekundärausbruchsbetrieben unterschieden. Als Primärausbruch gilt ein Viruseintrag ohne räumliches und zeitliches AI-Geschehen im Vorfeld. Bei Sekundärausbrüchen handelt es sich um einen AI-Eintrag mit räumlichem und zeitlichem AI-Geschehen im Vorfeld. Bei dem AI-Ausbruchsgeschehen 2020/21 wurden 30 Prozent als Primärausbrüche und 70 Prozent als Sekundärausbrüche bestimmt. Das Alter der betroffenen Puten betrug im Mittel bei 15,1 Wochen (Minimum 7 Wochen, Maximum 22 Wochen). 

Bei allen Primärausbrüchen waren Zugvögel in Stallnähe angetroffen worden. Zudem war eine Häufung der Ausbrüche bei hofnahen Ställen zu erkennen (75 Prozent). Ebenso war zu sehen, dass bei den Ausbruchsbetrieben überwiegend Glockentränken (Offentränken) verbaut waren. Bei den Sekundärausbrüchen handelte es sich zu 81,5 Prozent um Ställe, die Jalousien verbaut haben. Hierzu muss allerdings ergänzt werden, dass es in der ausgewerteten Region überwiegend Offenställe (Jalousien und Klappen) für die Putenhaltung gibt und eher selten geschlossene Putenställe (mit Zwangsentlüftung). Laut Auswertung waren unter den Ausbruchsbetrieben wenige Betriebe, die vor jedem Stall eine Hygieneschleuse haben und vor jedem Stall einen Kleidungswechsel vollziehen.

Eintrag durch Wildvögel wahrscheinlich

Ein Geflügelpest-Ausbruch lässt sich nicht immer nur mit einem Grund erklären, meist führen mehrere Ursachen zu einer Infektion. Und auch die ausgewerteten Cluster in der Betriebsdatenerhebung ergeben keinen monokausalen Zusammenhang. Doch in Fachkreisen wird ein Eintrag über Wildvögel als sehr wahrscheinlich angesehen, da die Zugvogelpopulation / Wassergeflügelpopulation erheblich zugenommen hat. Wie das Virus passiv (bewegte Vektoren?) in den Stall gelangt, bleibt jedoch auch durch die Erhebungen unklar.

Festzuhalten ist, dass die Wetterlage im untersuchten Zeitraum einen großen Einfluss auf Sekundärausbrüche von AI hatte. Insbesondere starke Winde, Böen und Sturm trugen dazu bei, dass Virus-belastete Aerosole und andere Partikel von AI-Ausbruchsbetrieben in benachbarte Stallanlagen (zum Beispiel mit offenen Jalousien) eingetragen werden konnten. Trockene Böden, beispielsweise Sandböden, auf nicht bewachsenen Flächen bieten dem Virus eine Grundlage, mit dem Wind weitergetragen zu werden. Hohe Niederschlagsmengen in den Wintermonaten verringern dagegen die Staublasten, so dass am Boden haftendes Virusmaterial nicht so leicht vom Wind transportiert werden kann.

Frühwarnsystem etabliert

Als Schlussfolgerung aus der Arbeit am Kriterienkatalog entwickelte die Arbeitsgruppe für den Winter 2021/2022 ein AI-Monitoring, eine Art Frühwarnsystem, mit welchem die Viruslast in einem Putenbestand frühzeitig erkannt und Sekundärausbrüche verhindert oder eingedämmt werden sollen. Das Monitoring wurde im Zeitraum 1. November 2021 bis 30. April 2022 für den Landkreis Cloppenburg installiert. Dafür wurden in Privatlaboren regelmäßig zweimal wöchentlich Tränkewasser- und Falltierproben (gute frischtote Tiere) untersucht. Neben der privatwirtschaftlichen Beprobung der frischtoten Falltiere und des Tränkewassers beteiligte sich der Landkreis Cloppenburg mit ca. 20 Betrieben ebenfalls am AI-Monitoring. Dieses Probenmaterial wurde im Zeitraum vom 13. Dezember 2021 bis 31. März 2022 im Landeslabor des LAVES untersucht.

Größeres Sekundärgeschehen vermieden

Die Betriebsproben im Winter 2021/22 ergaben 117 AI-positive Fälle. Durch die Beprobung des Tränkewassers konnte ein H5-Geschehen frühzeitig erkannt und durch die Merzung des Tierbestandes ein größeres Sekundärgeschehen vermieden werden. Zudem wurde ein H6-Geschehen in der Region sichtbar, das sich in dem Beprobungsgebiet ausgebreitet hatte. Daneben wurde mit H9 ein weiterer Subtyp diagnostiziert.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass sich das AI-Monitoring beim Tränkewasser bewährt hat und Influenza- A-Viren frühzeitig detektiert werden können. Es ist eine zuverlässige und einfach zu handhabende Methode für die Tierhalter und kann dazu beitragen, ein größeres AI-Sekundärgeschehen zu verhindern.

Jule Brüssau, Moorgut Kartzfehn, Dieter Oltmann, NGW-Landesverband, AG „AI-Monitoring Puten“
Bild: Kartzfehn, Sieverding, Finn

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