Rapsextraktionsschrot erfolgreich füttern

06 Juli 2022
Futter
Gelbe Rapspflanze

Die steigende Nachfrage nach gentechnikfreien Eiweißquellen rückt Rapsextraktionsschrot als Futtermittel stärker in den Fokus. Aktuelle Fütterungsversuche zeigen, dass es sich in der Geflügelfütterung erfolgreich einsetzen lässt, wenn die richtige Futtermischung verwendet wird. Das verdeutlichte Prof. Gerhard Bellof von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf bei einem Webinar von Proteinmarkt.

Rationen mit Raps energetisch ergänzen

Rapsextraktionsschrot entsteht als Nebenprodukt der Rapsölgewinnung. Durch den Ölentzug werden andere Inhaltsstoffe wie Rohprotein und Faserfraktionen angereichert. Nach Angaben der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (Ufop) enthält Rapsextraktionsschrot rund ein Viertel weniger Rohprotein als Sojaextraktionsschrot und verfügt über einen höheren Gehalt an Faserfraktionen. Der Stärkegehalt ist niedriger als bei Getreide oder Körnerleguminosen. Will man Rapsextraktionsschrot verfüttern, muss man weitere Eigenschaften von Raps berücksichtigen: 

  • Aminosäuregehalt: Bei den Aminosäuregehalten fällt auf, dass Rapsextraktionsschrot im Vergleich zu Sojaextraktionsschrot weniger Lysin enthält, aber mehr Methionin und Cystin. 
  • Verdaulichkeit: Entscheidend ist auch die Verdaulichkeit der Proteine – gerade im Hinblick auf das Ziel, die Rohproteingehalte zu senken und Überschüsse zu vermeiden. Die Verdaulichkeit der einzelnen Aminosäuren ist bei Rapsextraktionsschrot für Methionin und Cystin ähnlich wie bei Sojaextraktionsschrot, für Lysin, Threonin und Tryptophan allerdings 5 bis 10 % niedriger. Grund dafür sind die höheren Fasergehalte und stärkere Lignineinlagerungen.
  • Gehalt an umsetzbarer Energie: Auch der Gehalt an umsetzbarer Energie ist wegen des erhöhten Faseranteils im Rapsextraktionsschrot niedriger als in anderen Futtermitteln. „Wenn wir nennenswerte Rapsextraktionsschrot -Anteile in der Geflügelfütterung einsetzen wollen, müssen wir an gezielte energetische Ergänzungen denken und das auch bei den Kosten berücksichtigen“, betonte Bellof während des Webinars. Außerdem gelte es, die Lücken bei der Verdaulichkeit der Aminosäuren durch eine geschickte Ergänzung der Futtermischungen auszugleichen, zum Beispiel mit freien Aminosäuren.
  • Kaliumgehalt: Der niedrige Kaliumgehalt sei einer der Vorteile von Rapsextraktionsschrot, so Bellof, gerade in der Mastgeflügelfütterung: Zu viel Kalium führt dem Wissenschaftler zufolge zu einem erhöhten Wasserverbrauch und dadurch zu feuchteren Exkrementen und einer schlechteren Einstreuqualität mit negativen Folgen für die Fußballengesundheit.
  • Phosphorgehalt: Der hohe Phosphorgehalt von Rapsextraktionsschrot bereite einigen Mischfutterherstellern Sorgen. Deshalb angesichts der Vorgaben der Düngeverordnung in der Nutztierfütterung auf Rapsextraktionsschrot zu verzichten, hält Bellof aber für zu kurzsichtig gedacht: Man müsse bei der Mischungskomposition darauf achten, die Zielgehalte einzuhalten, was auch mit nennenswerten Rapsextraktionsschrot -Gehalten in den Mischungen gelinge. Etwa zwei Drittel des Phosphors in Rapsextraktionsschrot liegen als Phytat vor. Geflügel scheidet einen erheblichen Anteil des Phosphors ungenutzt aus, weil es das Enzym Phytase, das zur Verdauung von Phytat nötig ist, nicht ausreichend bilden kann. Der gezielte Einsatz von Phytase als Futterzusatzstoff ermöglicht es aber laut Bellof, das Problem in den Griff zu bekommen.

Bis zu 10 % Rapsextraktionsschrot können ohne Probleme zu gefüttert werden

Raps enthält auch unerwünschte Verbindungen, die früher bei der Verfütterung an Geflügel oft Probleme verursachten und ein häufiger Grund für Vorbehalte gegen Rapsextraktionsschrot sind. So vermindern Glucosinolate ab einer gewissen Konzentration die Futteraufnahme sowie die Leistung und führen zu verstärktem Schilddrüsenwachstum. „Durch Erfolge in der Pflanzenzucht sind die Gehalte an Glucosinolaten in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Dem Ufop-Monitoring zufolge liegen sie mittlerweile auf niedrigem Niveau und wir können von Gehalten von etwa acht Millimol pro Kilogramm Rapsextraktionsschrot ausgehen“, betonte Bellof. Er hob aber auch hervor, dass es immer noch Ausreißerwerte gebe.

Bei der Fütterung von Rapsextraktionsschrot an Legehennen führte Sinapin früher bei Braunlegern mit einem bestimmten genetischen Defekt zu „Stinkeiern“. Durch Entwicklungen in der Tierzucht kommt dieser genetische Defekt aber in den meisten modernen Legehybriden nicht mehr vor, so dass dieser Vorbehalt heute unbegründet ist.

Bei Legehennen gibt es laut Bellof eine Reihe von Fütterungsversuchen mit Rapsextraktionsschrot -Anteilen in der Futtermischung von 10 bis 20 %. Die Ergebnisse zeigen eine reduzierte Futteraufnahme mit zunehmenden Rapsextraktionsschrot -Anteilen, doch die Legeleistung blieb auch für Anteile von 20 % stabil. In einem aktuelleren Versuch der Universität Hohenheim blieb die Futteraufnahme bei Anteilen von bis zu 10 % stabil, knickte aber bei 15 % ein. Die Legeleistung blieb auch in diesem Versuch konstant, aber die Eimasse sank.

Die UFOP empfiehlt Anteile von bis zu 10 % Rapsextraktionsschrot. Bei Berücksichtigung der Energie- und Aminosäuregehalte seien dabei keine negativen Einflüsse auf Futteraufnahme oder Leistung zu erwarten. Bei Anteilen von 15 % und mehr würden Futteraufnahme und Eigewichte tendenziell sinken.

Bei Puten Rapsextraktionsschrot-Anteile altersabhängig steigern

Auch bei Mastputen verwies Bellof auf aktuelle Untersuchungen mit einer Steigerung des Rapsextraktionsschrot -Anteils auf bis zu 20 %. Eigene Untersuchungen zeigten, dass die Futteraufnahme mit steigenden Rapsextraktionsschrot -Anteilen leicht sinkt. Bei 20 % würden auch die Tageszunahmen reagieren, weshalb derartige Gehalte nicht geeignet seien. Bellof empfiehlt, die Rapsextraktionsschrot-Anteile altersabhängig zu steigern, um negative Effekte auszuschließen.

Bei Masthähnchen und Puten sind bei altersabhängiger Steigerung Anteile von 15 % Rapsextraktionsschrot im Futter möglich.

Bei Masthähnchen gibt es Bellof zufolge ebenfalls eine Fülle von Untersuchungsergebnissen. In einigen Versuchen waren bei Mischungsanteilen von 15 % Rapsextraktionsschrot Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung reduziert. In einer eigenen Untersuchung sei es gelungen, den Trend zur reduzierten Futteraufnahmen bei 15 % Rapsextraktionsschrot durch Kombination mit 20 % Körnererbsen aufzufangen und die Tageszunahmen zu stabilisieren.

Laut Ufop gibt es nur wenige Studien zur Broilerfütterung mit den heutigen 00-Rapsqualitäten mit niedrigen Glucosinolatgehalten. Jüngere Versuche würden den möglichen Einsatz von 16,7 % Rapsextraktionsschrot ohne Leistungseinbußen belegen. Außerdem verweist die Ufop darauf, dass Rapsextraktionsschrot wegen der gegenüber Sojaextraktionsschrot günstigeren Kohlenhydratzusammensetzung und geringeren Kaliumgehalten die Kotbeschaffenheit und damit die Fußballengesundheit positiv beeinflusst. Da Küken höhere Ansprüche an die Verdaulichkeit haben, empfiehlt die Ufop auch bei Masthähnchen eine altersabhängige Steigerung der Rapsextraktionsschrot -Anteile im Alleinfutter.

Gute Kombinationseffekte für die Aminosäuren- und Phosphorversorgung

Bellofs Fazit lautet, dass Rapsextraktionsschrot auch in der Geflügelfütterung erfolgreich eingesetzt werden kann. Besonderheiten wie hohe Rohfasergehalte, geringe Energiegehalte und geringere Verdaulichkeit einiger Aminosäuren seien bei der Kalkulation des Mischfutters zu berücksichtigen und entsprechend auszugleichen. Die hohen Phosphorgehalte ließen sich ebenfalls über die gezielte Ausgestaltung der Mischung ausbalancieren.

Die Kombination von Rapsextraktionsschrot und Körnerleguminosen wie Erbsen biete die Möglichkeit, hohe Anteile heimischer Eiweißfuttermittel einzusetzen. Dementsprechend verspricht auch die Ufop in einer Stellungnahme zur Vermeidung von Nährstoffüberschüssen bei Kombination von Rapsextraktionsschrot und Körnerleguminosen gute Kombinationseffekte für die Aminosäuren- und Phosphorversorgung. Durch den Einsatz freier Aminosäuren sei mit beiden Futtermitteln auch eine proteinreduzierte Fütterung gut möglich.

Laura Schneider, Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt
Bild: Geflügelnews