Özdemir beim Landwirt des Jahres: „So etwas habe ich noch nicht gesehen.“

23 August 2024
Deutschland
Özdemir und Stiegler

Martin Stiegler wurde beim CERES AWARD zum Landwirt des Jahres 2023 gekürt. Nun plant der 32-Jährige eine Agri-PV-Anlage, die Haselnussanbau und Hühnerhaltung auf einzigartige Weise mit Wasserstoffproduktion kombiniert. Bei einem Hofbesuch begeistert seine Idee auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Diese Reportage erschien zuerst bei „agrarheute“.

Für Haselnussanbau mit damit verbundener Hühnerhaltung ist Martin Stiegler beim CERES AWARD als Landwirt des Jahres 2023 ausgezeichnet worden. Nun will er über den Haselnüssen eine Agri-PV-Anlage mit lichtdurchlässigen Modulen installieren und somit Pflanzenbau (Haselnüsse), Tierhaltung (Hühner) und Grünstrom-Produktion auf einer Fläche vereinen.

Informativer Hofrundgang: Beim Gang durch die Haselnussplantage erläutert Martin Stiegler (im braunen Hemd) Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir seine Ideen.

Um möglichen Überstrom bei Spitzenzeiten der Sonneneinstrahlung sinnvoll zu nutzen, soll dieser direkt in speicherbaren Wasserstoff umgewandelt werden. Damit können dann entweder Nutzfahrzeuge oder rückverstromt Elektrofahrzeuge betankt werden.  Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat sich bei einem Hofbesuch die innovative Arbeit des CERES AWARD Gewinners angesehen.

"Es flößt mir Respekt ein, wie Sie hier Dinge neu erfinden "

Schon bei der Preisverleihung des CERES AWARD hat den Landwirtschaftsminister das Thema neugierig gemacht: „Ich habe schon viele Höfe besucht, aber von Haselnüssen in der Landwirtschaft wenig gehört. Aber je mehr ich von den Haselnüssen und den damit verbunden Projekten erfahre, um so faszinierter bin ich“, gestand Özdemir.

„Es flößt mir Respekt ein, wie Sie hier Dinge neu erfinden, Photovoltaik nutzen, mit den Hühnern das Thema natürliche Schädlingsbekämpfung anpacken und spannende Lösungen mit Wasserstoff entwickeln“, sagte der Minister, für den dies die erste Agri-PV-Anlage in Verbindung mit Wasserstoff ist. „So etwas habe ich noch nicht gesehen. Da ist einiges dabei, das es verdient, nicht nur hier, sondern auch anderswo in Deutschland zur Anwendung zu kommen.“ Dass es Martin Stiegler gelungen sei, dafür auch namhafte Protagonisten der bayerischen Wirtschaft zu mobilisieren, sei für ihn vielversprechend.

Trotz Hürden: Landwirt des Jahres hält an Agri-PV-Idee fest

Martin Stiegler verrät aber auch, dass die ersten Überlegungen einer geplanten Agri-PV-Anlage am fehlenden Einspeisepunkt scheiterten. „Aber Aufgeben ist keine Option“, sagte sich Stiegler, der im Bauernverband und seinem Netzwerk einen starken Partner fand.

Doch es gibt nicht immer Erfolge. Sein Plan, eine 18 Kilometer lange Direktleitung nach Herzogenaurach, dem Sitz der Schäffler-Gruppe, die auf der Suche nach erneuerbarer Energie war, verlief im Sand, weil rechtliche Gründe dagegen sprachen.

Wegen Netzüberlastung: Strom in Wasserstoff umwandeln

In diesem Zusammenhang wurde Stiegler auf das Thema Wasserstoff, das bei Schäffler eine große Rolle spielt, aufmerksam. Seine Idee: „Wenn das Netz den Strom nicht aufnehmen kann, dann wandeln wir ihn doch gleich in Wasserstoff um.“ Die Firma Schäffler könnte einen Elektrolyseur – den Umwandler von Strom in Wasserstoff – so weiterentwickeln, dass sein Projekt realisiert und auch für andere Branchen praktikabel umgesetzt werden kann.

Stefan Gossens von Schäffler erläuterte die Wirkungsweise des Elektrolyseurs, der in der notwendigen Größe bereits serienreif und erfolgreich im Einsatz sei. Was man hier ins Auge fasse, sei die beste Anwendung Wasserstoff zu produzieren und ihn dann in eine Anwendung zu stecken, wo er gebraucht wird.

Überstrom wird zu Wasserstoff - vielversprechend für viele Landwirte

Begeistern konnte Stiegler auch den Automobilhersteller BMW, der aktuell eine Kleinstserie mit 100 Fahrzeugen, die mit Wasserstoff betrieben werden, erprobt. „Ein rein bayerisches Produkt mit bayerischen Stoffen anzutreiben ist ein tolles Projekt“, heißt es seitens des Herstellers, der ein entsprechendes Fahrzeug extra aus München mitgebracht hatte.

Interessiert ist auch Netzbetreiber N-ERGIE, der die Energiewende vorantreiben will und sich dabei auch mit der Speicherung von Überstrom in Wasserstoff beschäftigt. Insgesamt gesehen sieht Cem Özdemir darin „eine extrem vielversprechende Sache.“

Netzausbau lässt zu wünschen übrig

„Wir sind stolz, dass wir junge Leute mit solchen Ideen im Berufsstand haben“, sagte BBV-Präsident Günther Felßner. Er sehe in dem Projekt viele Themen unter einem Dach und dies müsse man gemeinsam unterstützen.

Solange der Netzausbau zu wünschen übrig lasse, brauche man andere Wege, um Stromproduktion zu verwerten. Für Landrat Bernd Obst sind das „genau die Lösungen, die wir brauchen, um produzierte Energie vor Ort zu speichern und weiterzugeben.“

Lorenz Märtl, agrarheute
Bild: Lorenz Märtl

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