Eine französische Firma hat die Marktzulassung für ein Entenprodukt auf Zellbasis beantragt. Es ahmt die berühmte Stopfleber nach. Vertreter der Fleischindustrie sehen darin einen „Türöffner“ für weitere Produkte aus dem Labor. Sie bezweifeln die Nachhaltigkeit.
Im Labor gezüchtetes Fleisch - auch kultiviertes oder zellbasiertes Fleisch genannt - wird aus tierischen Zellen hergestellt. Diese wachsen in einer nährstoffreichen Umgebung und bilden Muskeln, Fett und Bindegewebe.
Erster Antrag in der EU
Das Pariser Start-up-Unternehmen Gourmey hat bei der EU die Marktzulassung für seine kultivierte Gänsestopfleber beantragt. Dies berichtet das Nachrichtenmagazin Euractiv. Der Antrag ist der erste seiner Art in der EU. Die mögliche Zulassung von Fleisch aus dem Labor hat in den vergangenen Monaten für viel Diskussionsstoff gesorgt.
„Dieser erste Antrag wird die Tür für viele weitere öffnen, für größere Akteure und größere Märkte“, sagte die European Livestock Voice (ELV). Die Organisation vertritt die Interessen der Fleischproduzenten. Die ELV betonte, dass der Fokus auf einen Nischensektor wie Stopfleber die Grundlage für zukünftige Anwendungen für Mainstream-Fleischprodukte bilde.
EFSA-Gutachten erforderlich
Die Stopfleber aus dem Labor wird nun einer Risikobewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) unterzogen. Die Behörde hat neun Monate Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben. Danach muss die Kommission einen Vorschlag vorlegen, ob sie das Produkt für den Markt zulässt oder nicht.
Im Labor gezüchtetes Fleisch fällt derzeit unter die Verordnung über neuartige Lebensmittel. Darunter fallen Produkte, die vor 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der europäischen Ernährung vorkamen. Die Kommission muss grünes Licht geben, bevor solche Lebensmittel auf den Markt kommen.
Das französische Start-up bemüht sich auch um eine Marktzulassung in der Schweiz, im Vereinigten Königreich und in den USA.
Stopfleber ist sehr umstritten
Stopfleber wird hergestellt, indem Enten oder Gänse zwangsgefüttert werden, um ihre Leber zu vergrößern. Diese Praxis ist umstritten und sollte nach Ansicht von Tierschutzgruppen EU-weit verboten werden. Stopfleber wird derzeit in Frankreich, Ungarn, Bulgarien, Spanien und der belgischen Region Wallonien hergestellt.
Vertreter von Tierschutzorganisationen sehen in dem neuen Entenprodukt eine Möglichkeit, „grausame“ Methoden der Lebensmittelproduktion zu vermeiden.
Diskussion über Nachhaltigkeit
Das Start-up-Unternehmen Gourmey erklärte, dass der ökologische Fußabdruck seines Produktes deutlich kleiner sein könnte als bei der konventionellen Stopfleberproduktion. Die ELV hingegen stellt die vermeintliche Nachhaltigkeit von Laborfleisch in Frage. „Die Auswirkungen von im Labor gezüchteten Produkten könnten größer sein als die der traditionellen Viehzucht. Die Bioreaktoren, in denen die Zellen gezüchtet werden, sind energieintensiv“, heißt es in der Pressemitteilung.
Heftiger Widerstand gegen Laborfleisch kommt auch aus einigen Mitgliedsstaaten. Im Januar dieses Jahres forderten die Landwirtschaftsminister Frankreichs, Italiens und Österreichs - unterstützt von neun weiteren EU-Ländern - eine strengere Bewertung zellbasierter Produkte.
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