Hinrichs: „Die Anforderungen im QS-System sind für alle gleich“

26 Juni 2023
Deutschland
QS

Wenn verschiedene Instrumente zusammenspielen, wird ein Orchester daraus. Bei der Qualität und Sicherheit GmbH (als einer Art Orchester) haben diese Instrumente so kantige Bezeichnungen wie Antibiotikamonitoring, Salmonellenmonitoring oder Befunddatenerfassung und sie tauchen in diversen Meldungen regelmäßig auf. Geflügelnews wollte wissen, was genau hinter QS und ihr Kontroll- und Monitoringprogrammen steckt und verabredeten uns zum Interview mit dem Geschäftsführer der Gesellschaft Dr. Alexander Hinrichs.

Geflügelnews: Das QS-Prüfzeichen steht für Qualitätssicherung von Lebensmitteln entlang der gesamten Prozesskette. Im Bereich des Geflügels verantwortet QS die Kontrolle von Geflügelfleisch und Mischfuttermitteln. Eier dagegen werden über das Kontrollsystem des KAT bewertet. Inwiefern hat diese Splittung Auswirkungen auf Legehennenbetriebe? Wir denken hier insbesondere an die Vertriebskanäle der Produkte von Legehennen und Bruderhähnen.

Dr. Alexander Hinrichs: Dass die von Ihnen beschriebene Aufteilung vorgenommen wurde, hat historische Gründe. Es gibt in Deutschland zwei gut funktionierende Kontrollsysteme – das QS-Prüfsystem für Geflügelfleisch und das Kontrollsystem des KAT für Eier und Legehennen sowie Bruderhähne. Meine Wahrnehmung ist, dass beide Organisationen sehr gut funktionieren und dass sie in der Branche anerkannt sind. Das ändert aber nichts daran, dass wir unsere erfolgreichen Arbeiten ein Stück weit synchronisieren. Wichtig ist nach meiner Meinung, dass wir vor allem an den Schnittstellen beider Prüfsysteme gute Wege finden, um die Vertriebskanäle von KAT-zertifizierten Produkten auch über das QS-System zu ermöglichen. In Bezug auf Legehennen und Bruderhähne hat das KAT-System beispielsweise Zusatzanforderungen aufgenommen, die mit QS abgestimmt wurden. Damit ist uns eine Synchronisierung der zwei Systeme hervorragend gelungen. Betriebe, die diese Anforderungen erfüllen, nehmen auch an QS-Monitoringprogrammen teil. Auf diese Weise bekommen wir eine Vergleichbarkeit hin.

"Die Synchronisierung des KAT- und des QS-Systems ist uns hervorragend gelungen."

Geflügelnews: Auf den Bereich der Mischfuttermittel trifft dies ja bereits zu. Er wird nicht mehr von KAT kontrolliert, sondern ist in das QS-System übergegangen.

Dr. Alexander Hinrichs: Ich bin froh, dass wir diese Art der Zusammenarbeit gefunden haben und dass sich diese Zusammenarbeit gut etabliert hat. Es hätte doch für niemanden einen Mehrwert, in verschiedenen Programmen immer wieder die gleichen Aspekte zu überprüfen. Im Gegenteil: Es wäre ein Zusatzaufwand für alle Beteiligten. Dazu kommt, dass es sehr komplex ist, ein Futtermittelmonitoring aufzubauen. Wenn ein gutes System etabliert ist, sollte vernünftigerweise darauf Bezug genommen werden.

Geflügelnews: Ist Bruderhahnfleisch ebenfalls in das Kontrollsystem von QS eingebunden? Im Entwurf der überarbeiteten EU-Vermarktungsnormen für Geflügel wird Bruderhahnfleisch bekanntermaßen aufgeführt und dem Mastbereich zugeordnet.

Dr. Alexander Hinrichs: Das Bruderhahnfleisch ist mit der Auditanerkennung jetzt genauso in das Kontrollsystem von QS eingebunden, wie wir es bei der Schlachtung von Legehennen praktizieren: Es gibt das KAT-Audit mit den QS-Zusatzanforderungen und die Teilnahme an den Monitoringprogrammen. Bruderhahnbetriebe, die diese Anforderungen erfüllen, dürfen in das QS-System liefern. Wichtig ist, dass auch die Schlachtbetriebe, die die Tiere annehmen, QS-zertifiziert sind. Wenn Bruderhähne ins QS-System geliefert werden sollen, muss die gesamte Kette am System teilnehmen.

Geflügelnews: Es gab bzw. gibt von Seiten bestimmter NGOs immer wieder die Kritik, dass QS nur die gesetzlichen Vorgaben kontrolliere. Ist das so?

Dr. Alexander Hinrichs: Auch für das QS-System ist das Gesetz die Grundlage. Und das hängt mit der Kernaufgabe des QS-Systems zusammen: der Sicherstellung von hochwertigen und verlässlich sicheren Lebensmitteln. Hier existiert inzwischen ein sehr bewährter Anforderungskatalog, der natürlich auch viele Komponenten berücksichtigt, die vom Gesetzgeber vorgegeben sind. Darüber hinaus verfügt QS noch über sehr viel mehr Instrumente der Qualitätssicherung. Dazu zählen unter anderem unsere Monitoringprogramme: das Antibiotikamonitoring und das Salmonellenmonitoring, die Befunddatenerfassung sowie unsere Anforderungen an den Bezug der Futtermittel, um nur einige zu nennen.

Das alles ist sehr viel umfassender und weitreichender als das, was der Gesetzgeber vorsieht. Insofern ist der QS-Standard in sehr vielen Bereichen auch deutlich mehr als es die gesetzlichen Vorgaben fordern.

Geflügelnews: Gibt es bei QS eigentlich schon ein System der Rückverfolgung? So ähnlich wie es der KAT bei der Rückverfolgung von Eiern aus alternativen Hennenhaltungssystemen praktiziert?

Dr. Alexander Hinrichs: Rückverfolgbarkeit ist ein Kernelement des QS-Systems um die Sicherheit der Lebensmittel zu gewährleisten. Allerdings ist es bei Geflügelfleisch ein bisschen anders als bei der Rückverfolgung eines Eis. Ein Ei ist ein Ei und man kann es eindeutig kennzeichnen und rückverfolgen. Bei den Teilstücken des Hähnchens ist das schon etwas herausfordernder – erst recht, wenn es dann auch noch verarbeitete Produkte sind. Manchmal geht dann nur eine chargenbezogene Rückverfolgung. Aber im QS-System gehen wir noch ein Stück weiter: Wir verfolgen bis zum eingesetzten Futtermittel zurück. Entsprechende Rückverfolgbarkeitschecks gehören im QS-System zur regelmäßigen Absicherung der Funktionsfähigkeit unseres Systems. Richtig anspruchsvoll wird es dann bei den Mischprodukten, bei denen das Fleisch von verschiedenen Tierarten zusammenkommt, zum Beispiel bei gemischtem Hackfleisch. Da lässt sich der einzelne Betrieb nur noch schwer identifizieren. Bei uns wird die Rückverfolgbarkeit dadurch gesichert, dass uns der Inverkehrbringer in dem Fall sagen muss, woher er die Ware hat. Ergänzend prüfen wir derzeit die Möglichkeiten weitergehender Mengenplausibilisierung im QS-System.

Geflügelnews: Der Import von Verarbeitungsware aus Drittländern, zum Beispiel aus Südamerika und Thailand, ist aufgrund der dortigen Produktionsbedingungen umfangreich. Inzwischen werden auch große Mengen aus der Ukraine geliefert. Werden die Importe im System von QS bewertet? Haben Sie Kontrolle auf die Liefermengen? Und kann man hier Einfluss nehmen?

Dr. Alexander Hinrichs: Die am QS-System teilnehmenden Betriebe kommen zum Teil auch aus dem Ausland. Aber auch diese Betriebe müssen die gleichen Anforderungen erfüllen, wie die deutschen Betriebe. Das heißt, wer ins QS-System liefert, muss die gleichen Vorgaben wie alle anderen erfüllen – egal, aus welchem Land er liefert.

Geflügelnews: Wenn etwas auffällt – wie wird dies sanktioniert?

Dr. Alexander Hinrichs: Wenn wir feststellen, dass jemand unsere Anforderungen nicht einhält oder gar mit krimineller Energie das QS-Prüfzeichen fälschlicherweise für seine Produkte nutzt, wird das Unternehmen nicht nur bestraft   und – sofern notwendig – auch vom System ausgeschlossen. Bei kleineren Verfehlungen können Geldstrafen oder erhöhte Auditfrequenzen verhängt werden. Das Strafmaß legt unser unabhängiger Sanktionsbeirat fest.

Geflügelnews: Gegenwärtig führen die Etablierung der geplanten fünfstufigen staatlichen Tierhaltungskennzeichnung - zusätzlich zu den bereits bestehenden Kennzeichnungssystemen – und die Aktivitäten des Lebensmitteleinzelhandels in Bezug auf die Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (ZKHL) zu Irritationen in der Branche. Wo sehen Sie die strategische Ausrichtung der QS GmbH?

Dr. Alexander Hinrichs: In Bezug auf die staatliche Tierhaltungskennzeichnung bin ich in der Bewertung ganz dicht bei Ihnen: Eigentlich braucht es die geplante 5-stufige Kennzeichnung nicht, weil sie nichts anderes ist als eine Kopie dessen, was wir als Wirtschaft mit der vierstufigen Haltungskennzeichnung schon seit 2019 aufgebaut haben. Und diese Kennzeichnung ist am Markt hervorragend eingeführt und beim Verbraucher etabliert. Jetzt etwas anderes zu machen, ist aus meiner Sicht nicht zielführend. Außerdem sind wir mit unserer Kennzeichnung als Wirtschaft bereits viel breiter aufgestellt als der Staat. Und wir decken eine große Menge an Produkten ab, während der Staat seine Kennzeichnung derzeit nur für unbehandeltes Schweinefleisch vorsieht. Deshalb wird es unsere Kennzeichnung auch weiterhin geben.

"Eigentlich braucht es die geplante 5-stufige Kennzeichnung nicht, weil sie nichts anderes ist als eine Kopie dessen, was wir als Wirtschaft mit der vierstufigen Haltungskennzeichnung schon seit 2019 aufgebaut haben."

Ich bedaure es, dass bei der staatlichen Kennzeichnung die Chance vertan wurde, diese unmittelbar auch verpflichtend für die Gastronomie vorzugeben. Das wäre insbesondere bei Geflügel ein Riesenhebel gewesen. Und ich bedaure auch, dass mit der staatlichen Kennzeichnung kein Zielbild verbunden ist, wohin sich die deutsche Landwirtschaft entwickelt soll.

Geflügelnews: Die ZKHL will sicherstellen, dass im Handel angebotene landwirtschaftliche Erzeugnisse aus deutscher Produktion stammen. Aus Verbrauchersicht ist das ein guter Ansatz. Aber wie kann die ZKHL die „Herkunft Deutschland“ gewährleisten? Bei ganzen Tieren stelle ich mir das relativ einfach vor, bei Teilstücken oder Hackfleisch dagegen schwieriger.

Dr. Alexander Hinrichs: Die ZKHL hat ja den Auftrag, eine Herkunftskennzeichnung zu entwickeln und in den Markt zu bringen. Da reden wir aber nur über die Kennzeichnung und die Definition, was alles deutsch sein muss, um den Stempel „deutsche Herkunft“ zu bekommen – nur die Schlachtung oder der Mäster oder auch das Futtermittel etc. Die Prüfung selbst wird nicht über die ZKHL stattfinden. Dazu gibt es bereits Organisationen mit funktionierenden Prüfsystemen, wie z.B. QS, KAT, QM-Milch etc. Wir sind derzeit in der Diskussion, wie so etwas funktionieren kann.

Geflügelnews: Gibt es im Geflügelbereich eine Zusammenarbeit bzw. die gegenseitige Anerkennung mit anderen Organisationen wie IKB (Integrierte Kettenüberwachung) in den Niederlanden, Label Rouge in Frankreich, AMA (AgrarMarkt Austria) in Österreich? Betrifft das auch Mischfuttermittel?

Dr. Alexander Hinrichs: Wir haben schon seit vielen Jahren in unterschiedlichen Bereichen eine gegenseitige Anerkennung, sowohl bei Futtermitteln als auch im Bereich der Tierhaltung. Wir machen damit sehr gute Erfahrungen, sofern die Anforderungen vergleichbar sind, auch in Bezug auf die Monitoringprogamme.

 

Text:
Cordula Moebius

Cordula Moebius

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