Theile Funke ist Geschäftsführer der Brüterei Weser-Ems, die zur PHW-Gruppe gehört. Er warnt davor, in Deutschland Hähnchen nur für Nischensegmente zu erzeugen und den „Hauptmarkt“ Ländern wie Polen zu überlassen.
Die vielen Diskussionen der vergangenen Jahre zum Thema Tierwohl zeigen auf dem Hähnchenmarkt deutlich Wirkung: Fast 90 Prozent des Hähnchenfleisches, das die PHW-Gruppe vermarktet, wird nach den Kriterien der Initiative Tierwohl (ITW) erzeugt. Dies entspricht der Stufe 2 der Haltungskennzeichnung des Lebensmittelhandels (LEH). Darüber hinaus gehende Label wie „Beter Leven“ für den niederländischen Markt oder „Für mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes, bleiben anteilsmäßig im einstelligen Bereich. Diese Zahlen dürften bei anderen Integrationen der Hähnchenmast ähnlich aussehen.
Segment höhere Handelsstufen wächst nur sehr langsam
Zwar attestiert Theile Funke den deutschen Verbrauchern ein wieder etwas zunehmendes Interesse an höherstufiger Ware. Dieses Interesse hatte nach Beginn des Ukraine-Kriegs mit seinen auch hierzulande spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen vorübergehend deutlich nachgelassen. Seiner Einschätzung nach werden „Bio“ oder Stufe 3 des LEH trotz aktuell leichtem Wachstum auch weiterhin Nischen bleiben.
Mehr Fahrt aufnehmen könnte der Absatz in diesen Bereichen jedoch dadurch, dass einige Große des LEH ihr komplettes Geflügelsegment auf Stufe 3 umstellen wollen.
„Lose Ware“-Markt wird vielfach aus dem Ausland bedient
Der Hähnchenfleischmarkt in Deutschland teilt sich in den LEH-Absatz und das Segment „lose Ware“, das in den Convenience-Bereich geht oder in die Gastronomie oder den Export. Das mengenmäßige Verhältnis liegt bei etwa 40:60 Prozent. „Die 60 Prozent lose Ware werden schon heute vielfach aus dem Ausland bedient, aus Polen, aktuell bekanntlich auch der Ukraine. ITW-Audits werden auch in Italien oder Polen durchgeführt, sprich, das ITW-Label ist nicht nur deutscher Produktion vorbehalten.
Nicht am Markt vorbei produzieren
In der Diskussion um die Zukunft der Tierhaltung hierzulande geht es aktuell auch um die Forderung an die Politik, den Umbau der Tierhaltung hin zu noch mehr Tierwohl, zu noch höheren Haltungsstufen zu finanzieren, bzw. später die höheren Produktionskosten über einen „Tierwohlcent“ zu finanzieren. Theile Funke sieht in diesem Ansatz die Gefahr, dass ein solches Anreizsystem Signale in die falsche Richtung gebe: „Es könnten mehr Betriebe umsteigen, als der Markt eigentlich hergibt. Man kann auf Dauer nicht am Markt vorbei produzieren“, warnt er. Sonst würde irgendwann die Situation entstehen, dass deutsche Hähnchenmäster nur noch für die -mengenmäßig sehr begrenzten- Nischen, Haltungsstufen 3 und 4, produzieren, der Hauptmarkt ITW-Ware (Haltungsstufe 2) aber aus dem Ausland bedient werde.
Grundsätzliche gute Marktaussichten für Hähnchenfleisch
Den Hähnchenfleischmarkt hierzulande stuft er grundsätzlich positiv sein, die Verzehrmengen sind stabil bzw. leicht steigend. Sein Rat an Mäster: Wenn man noch neu bauen kann oder will, sollte man variabel bauen, so dass man ggf. umswitchen kann auf andere Haltungsstufen oder sogar auf Bio, also auf das, was der Markt aktuell verlangt. „Dann dürfte man gut aufgestellt sein für die nächsten Jahre.“
Expertenseminar bei Big Dutchman gut besucht
Theile Funke referierte auf einem Expertenseminar „Zukunftsfähige Geflügelhaltung“, das der Stalleinrichter Big Dutchman zusammen mit Kooperationspartnern der Branche am Firmensitz in Vechta (Niedersachsen) ausgerichtet hatte. Über 100 Teilnehmende bekamen neueste Informationen zu alternativen Heizsystemen, Einstreuqualität oder zu Märkten für Hähnchenfleisch und Geflügelmist.
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