Die Preise für Masthähnchen stehen seit Wochen unter starkem Druck. Die flämische Deinze-Notierung fiel seit Mitte Oktober um bis zu 10 Cent pro Kilogramm von 1,24 auf 1,14 Euro pro Kilogramm ohne Mehrwertsteuer. Die Barneveld-Notierung für Freilandhähnchen sank im gleichen Zeitraum sogar um 11 Cent von 1,15 auf 1,04 Euro ohne Mehrwertsteuer. Dies drückt auf die Erträge der konventionellen Masthähnchenhalter. Als Ursache führen die Schlachthöfe den Verdrängungswettbewerb mit kriegsbedingt zollfreien Importen von billigem ukrainischem Geflügelfleisch in die EU an.
Unter anderem aufgrund des stark gesunkenen Getreidepreises kann die Ukraine nun Hühnerfleisch auf dem europäischen Markt "abladen", das sie vor dem Krieg hauptsächlich in Nicht-EU-Länder exportiert hat. Die Niederlande wollen in Sachen Umwelt- und Tierschutz eine Vorreiterrolle einnehmen, sind aber gleichzeitig der mit Abstand größte Importeur von zollfreiem ukrainischem Hühnerfleisch, das nicht den Standards in unserem Nachbarland entspricht. Doch die Niederlande und Europa verschließen die Augen davor. Das ist Heuchelei vom Feinsten, meint die flämische Interessenvertretung Landsbond Pluimvee.
Ukraine zweitgrößter Exporteur
Die monatlichen zollfreien Hühnerfleischimporte der EU aus der Ukraine belaufen sich auf durchschnittlich 20.000 Tonnen. Die Ukraine ist nach Brasilien der zweitgrößte Exporteur von Hühnerfleisch in die EU. Mehrere Organisationen, darunter die AVEC, prangern diese Situation an und behaupten, dass die EU-Umwelt- und Tierschutznormen nicht eingehalten werden müssen und kein fairer Wettbewerb herrscht. Auch der Landsbond Pluimvee hat sich mehrfach an belgische EU-Mandatsträger gewandt und auf diese marktverzerrende Maßnahme hingewiesen, die am Ziel vorbeigeht. Denn es ist vor allem ein großes Unternehmen in der Ukraine (MPH), das von dieser Situation profitiert, die nicht dem ursprünglichen Zweck der Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung dient.
Bemerkenswert ist, dass rund 60 Prozent dieser zollfreien Einfuhren über niederländische Unternehmen erfolgen, was den Hähnchensektor in den Niederlanden und Belgien stark unter Druck setzt. Diese 10.000 bis 15.000 Tonnen pro Monat, die über diesen Kanal eingeführt werden, entsprechen etwa 20 Millionen Masthähnchen und sind, umgerechnet auf eine Woche, mit der gesamten belgischen Wochenproduktion vergleichbar. Dabei werden vor allem Hühnerbrüste importiert - das wertvollste Stück - was den Druck noch erhöht.
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