Nachdem das Papier der ZKL zu einer Mehrwertsteuererhöhung beim Fleisch zur Finanzierung von Tierwohl bekannt wurde, ging es bei einem Treffen im Kanzleramt darum, Olaf Scholz das Konzept schmackhaft zu machen. Beschlüsse gab es noch keine.
Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) ist ein buntes Gremium. Ihm gehören Vertreter der Landwirte genauso an wie Naturschützer, Verbraucherschützer und Wissenschaftler. Nun kursiert die Idee der ZKL, zur Finanzierung des Tierwohls die Mehrwertsteuer auf Fleisch anzuheben, von 7 auf 19 Prozent. Möglicherweise in Stufen und möglicherweise mit einer gleichzeitigen Absenkung der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse.
Vertreter der ZKL trafen sich jetzt mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Beteiligten lobten die Atmosphäre. Der Kanzler habe sich nicht nur die Vorschläge angehört, sondern die Machbarkeit abgefragt, etwa in Sachen Europarecht.
Langfristige Sicherheit für Landwirte nötig
„Es war für uns und sichtlich für den Kanzler wichtig zu sehen, dass alle Beteiligten an einem Strang gezogen haben“, sagt Professor Kai Niebert, Deutscher Naturschutzring, der im ZKL die Tierhaltungsfrage moderiert hat. „Alle haben deutlich gemacht, es braucht dringend einen Umbau der Tierhaltung. Es braucht langfristige Sicherheiten für die Landwirte. Es braucht tatsächlich die Genehmigung für die Umbauten. Und es braucht die schrittweise Anhebung der Mehrwertsteuer.“
Manch einer mag darob irritiert sein, denn in einer Pressemitteilung des Deutschen Bauernverbandes, DBV, hatte das am Vortag des Treffens im Bundeskanzleramt noch anders geklungen. Dort wird DBV-Präsident Joachim Rukwied zitiert: „Eine Mehrwertsteuererhöhung auf den Regelsatz oder einen Tierwohlcent lehnen wir ab. Das Geld für den Tierwohlumbau muss aus dem Bundeshaushalt kommen.“
Der Beschluss des ZKL wurde unter anderem von DBV-Geschäftsführer Bernhard Krüsken unterzeichnet. Prof. Kai Niebert dazu: „Es gilt das geschriebene Wort. Und zwar in dem von mir beschriebenen Dreisatz aus Sicherheit für die Betriebe, Genehmigungen und Refinanzierung. Das hat auch noch einmal Holger Hennies gegenüber dem Bundeskanzler bestätigt.“
Raiffeisenverband äußert sich positiv
Gut fand das Treffen auch der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), Franz-Josef Holzenkamp. "Höhere Standards im Binnenmarkt müssen refinanziert werden, wenn Nahrungsmittel weiterhin in Deutschland produziert werden sollen", so Holzenkamp. "Der gangbarste und bürokratieärmste Weg ist eine Mehrwertsteuer-Erhöhung auf Fleisch, die zunächst überschaubar angepasst werden müsste. Damit sollten auch die Pläne zu einem so genannten „Tierwohlcent“ vom Tisch sein.“
Auch ZKL-Mitglied Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, zieht eine positive Bilanz des Termins mit Scholz: „Die Transformation der Landwirtschaft hätte schon lange beginnen können und müssen. Ich bin froh, dass jetzt der Wille auf Regierungsseite erkennbar wird, die Ratschläge der ZKL anzunehmen.“
Ökobranche will Ausgleich für Nachteile
Auch die Ökobranche zieht bei der Mehrwertsteuerlösung beim Umbau der Tierhaltung mit. Zwar sei die Finanzierung des Umbaus über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf tierische Produkte nicht der ideale Weg, räumte das Vorstandsmitglied Landwirtschaft im Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Hubert Heigl ein. Aufgrund des geringen Verwaltungsaufwands sei diese Option jedoch am ehesten umsetzbar. Gleichzeitig müssten die damit verbundenen Nachteile für Biobetriebe ausgeglichen werden.
Auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir zeigte sich offen für die Idee mit der Mehrwertsteuer. Zumal seiner Aussage nach die Reduktion der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse damit einherginge.
Ganz unkompliziert ist es jetzt noch nicht: Es braucht einen sozialen Ausgleich und eine Berücksichtigung der Situation der landwirtschaftlichen Betriebe und deren Stand in Sachen Tierwohl. Der Ball liegt jetzt beim Bundesfinanzminister.
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