Die von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir angedachten Änderungen für die Putenhaltung – zum Beispiel eine Besatzdichte von 40 Kilogramm pro Quadratmeter Stallfläche - könnten dazu führen, dass viele Putenhalter ihre Ställe bald leer stehenlassen und dem Land Niedersachsen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor verloren ginge. Unter anderem aus diesem Grund engagiert sich Landwirt Christoph Klomburg dafür, dass der Bundeslandwirtschaftsminister mit seinen Plänen nicht durchkommt.
„Wenn Özdemirs Pläne greifen, lohnt sich das Einstallen für uns nicht mehr!“
Mehr Tierschutz für Mastputen: Das will das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter Landwirtschaftsminister Cem Özdemir erreichen und begründet seinen Vorstoß zur Schaffung wesentlicher Mindestanforderungen an die Haltung dieser Tiere damit, dass für Mastputen weder auf EU-Ebene noch national Regelungen zum Tierschutz existieren. „Es wird so dargestellt, als agierten deutsche Putenhalter in einem rechtsfreien Raum“, ärgert sich Christoph Klomburg, Vorsitzender des Landvolkes Mittelweser. Das sei absoluter Nonsens, sagt der Landwirt aus Syke. Es gebe eine freiwillige Vereinbarung der deutschen Putenhalter, die einen Tierbesatz von maximal 58 Kilogramm Lebendgewicht pro Quadratmeter nutzbarer Stallfläche vorsieht. „An dieser Vereinbarung hängen all unsere Genehmigungen, außerdem ist das die Basis für Kontrollen des Veterinäramtes“, erläutert Christoph Klomburg den verbindlichen Charakter dieser Vereinbarung. „Da hält sich jeder dran.“
Özdemir greift Zahlen aus der Luft!
Zum Vergleich: Innerhalb der Europäischen Union sind Besatzdichten von bis zu 70 Kilogramm pro Quadratmeter Stallfläche die Regel, zum Teil ist sogar ein Vorgriff erlaubt, welcher die Zahl zusätzlich erhöht. „Die Tierwohl-Ställe in Deutschland haben nur noch einen Besatz von 53 Kilogramm Lebendgewicht pro Quadratmeter nutzbarer Stallfläche. Diese fünf Kilogramm weniger werden mit vier Cent pro Kilogramm Gewicht entschädigt“, sagt der Vorsitzende des Landvolk Mittelweser.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir möchte diese Grenze noch weiter nach unten setzen – auf 40 Kilogramm. Woher er diese Zahl hat? „Die ist komplett aus der Luft gegriffen, es gibt keine sinnvolle Herleitung dieser Zahl!“, urteilt Christoph Klomburg. Würde der Vorschlag Özdemirs zum Gesetz werden, dann greife das Ordnungsrecht ein und das gut funktionierende System der Initiative Tierwohl würde ausgehebelt, die Wettbewerbsfähigkeit der Putenhalter werde ohne Not zerstört: „Dann lohnt es sich für uns nicht mehr einzustallen. Wir müssten dann nochmal rund 15 Cent pro Kilogramm mehr bekommen – das muss uns keiner bezahlen, nur weil es gesetzliche Vorgabe ist. In den wichtigsten Geflügelländern in der Europäischen Union gibt es kein relevantes Land, das der Pute besseren Tierschutz oder Tierwohl bieten kann als Deutschland. Wird die Putenhaltung wie geplant ins Ausland verdrängt, hat Herr Özdemir der Pute einen Bärendienst erwiesen, da der Verbrauch in Deutschland ja trotzdem bleibt!“, ärgert sich Klomburg.
„Wir tun viel für unsere Tiere!“
Dass der Bundeslandwirtschaftsminister in einer Pressemitteilung alle Putenhalter verunglimpft und es pauschal so hinstellt, als seien in Putenställen Federpicken, Kannibalismus und kranke Tiere die Regel, ärgert den Putenhalter überdies. „Wir tun viel für unsere Tiere, haben unsere Bestände reduziert und viel Beschäftigungsmaterial in den Ställen.“
Da die Putenhaltung in Niedersachsen mit ihren Ställen, Brütereien und Futtermittelfirmen auch einen erheblichen Wirtschaftsfaktor darstellt, hat Christoph Klomburg gemeinsam mit der Spitze des Landvolk Niedersachsen bereits Kontakt zu Ministerpräsident Stephan Weil aufgenommen. „Denn in der Putenhaltung findet eine ungeheure Wertschöpfung vor Ort statt“, sagt Christoph Klomburg. „Wenn der Mist der Puten irgendwann mehr wert ist als das Tier, das oben draufsteht, entbehrt unsere Arbeit jeglicher Sinnhaftigkeit“, konstatiert er.
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