Auch Geflügelhalter sind heute gefordert, längerfristig auf Erneuerbare Energien zu setzen. Fossile Energien sollen überflüssig werden, teuer sind sie heute schon. Welche Alternativen eignen sich etwa für den Hähnchenmaststall? Es könnten Holzhackschnitzel sein.
Wärmequellen für den Stall: Die Qual der Wahl
Gerold Tammen ist Energieberater der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Sein Kalender ist mehr als voll. Die herkömmlichen Energiequellen zum Beheizen von Ställen - Gas und Öl – sind teuer geworden. Und der Umbau hin zu Erneuerbaren Energien soll schneller vorangehen. Viele Tierhalterinnen und Tierhalter beschäftigen sich also mit dem Thema.
Für Landwirtschaft kann Biomasse interessant sein
Auf dem Fachforum Schwein und Geflügel der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Lingen gab Gerold Tammen Tipps für die Suche nach der passenden Alternative zu Öl oder Gas. Für ihn liegt der Fokus für die Landwirtschaft auf Biomasse – weil sie oft in Form von Holz zur Verfügung steht, ohnehin anfällt bzw. Anbaufläche da ist. Landwirtschaftliche Wohnhäuser können in die Überlegungen zur künftigen Energieversorgung miteinbezogen werden.
Die Preise für Brennholz oder Hackschnitzel schwanken hierzulande stark. Regional gibt es je nach Verfügbarkeit deutliche Unterschiede. Auffällig ist, dass die Preise für Holzpellets sich zumindest seit Beginn der Ukraine-Krise sehr eng am Gas- oder Ölpreis orientieren: „Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt“, so Gerold Tammen.
Auf der anderen Seite hat sich der Preis für Hackschnitzel als erstaunlich unabhängig von der Entwicklung bei Öl oder Gas erwiesen. Grundsätzlich, so Tammen, kann man jedoch kaum eine Prognose zu den künftigen Preisen abgeben. Fakt ist aber, dass die fossilen Energien langfristig teurer werden. Allein die künftige CO2-Bepreisung nach dem Verursacherprinzip wird dafür sorgen. Fossile Energieträger werden nach Einschätzung von Gerold Tammen jedoch in den nächsten Jahren noch nicht ganz verschwinden.
Die eigenen Verbräuche im Betrieb kennen
Wie sollen die Tierhalterin oder der Tierhalter nun vorgehen bei der Suche nach ihrer künftigen Wärmequelle? Unverzichtbar ist, dass man seine Verbräuche im Betrieb genau kennt – in Kilowattstunden oder in Litern. Je genauer aufgeschlüsselt nach Verbrauchsstellen, umso besser. Da die Preise von Anbieter zu Anbieter stark variieren können, muss man auch wissen, wieviel man am Ende bezahlt, wie hoch die Energiekosten sind. Wer keine langfristigen Verträge hat, sollte vergleichen und den Markt im Blick behalten.
Was für private Haushalte inzwischen Selbstverständlichkeit ist, gilt auch für den Betrieb: Energiesparen, da, wo es geht. Wohlfühltemperaturen müssen gerade für junge Tiere sein, aber in dem ein oder anderen Stall gibt es noch Potenzial.
Wer heute seine Heizung oder sein BHKW mit Erdgas betreibt, sollte eine Umstellung auf Flüssiggas prüfen. Das ist vielfach problemlos und ohne große Investitionen möglich und kann ggf. Geld sparen. Der Vorteil von Flüssiggas: Es ist von der CO2-Bepreisung mäßiger betroffen.
Die Eigenerzeugung von Energie, etwa in Form von Photovoltaikanlagen, ist nach wie vor interessant. Eine Möglichkeit ist, zunächst die Grundlast des Betriebes über eigenerzeugte Erneuerbare Energien abzudecken und für die Spitzenlasten dann weiter auf fossile Träger zurückzugreifen.
Wirtschaftlichkeit von Heizsystemen
Beispielrechnung Brennstoffkosten für 100.000 kWh
Brennstoff | Gas (Netz) (Brennwertgerät) |
Holz-Hackschnitzel |
Investitionskosten, € | 16.000 | 75.000 |
Nutzungsdauer, Jahre | 20 | 15 |
Wirkungsgrad Kessel, % | 98 | 92 |
Energiebedarf, kWh/Jahr | 102.041 | 108.696 |
Brennwert, kWh/m³ | 11 | 780 |
Nötige Brennstoffmenge, m³ | 9.276 |
139 |
Brennstoffpreis | 0,16 €/kWh | 30 €/m³ |
Brennstoffkosten, € | 16.327 | 4.181 |
Brennstoffkosten je kWh, € | 0,16 | 0,04 |
Quelle: Gerold Tammen, LWK
Neutrale Beratung im Vorfeld sinnvoll
Wer größere Investitionen plant, sollte sich auf jeden Fall im Vorfeld neutral beraten lassen und Möglichkeiten vergleichen: „Die Entscheidung müssen Sie selbst treffen! Wägen Sie sorgfältig ab, Sie legen sich beim Thema Energie für sehr viele Jahre fest“, mahnte der Berater.
Für die Anwendung im Hochtemperaturbereich eignen sich als Biomasse Halmgut, Brennholz, Hackgut aus Kronen-, Durchforstungs- und Kalamitätsholz oder auch Hackgut aus Kurzumtriebsplantagen. Rinde und Holzpellets fallen als Reststoffe aus der Holzindustrie an.
Holzvergaserkessel sind sehr arbeitsaufwändig im Handling und von daher für die allermeisten Betriebe nur bedingt geeignet, so Gerold Tammen. Oft wird der Berater nach der Verfügbarkeit von Holz auf längere Sicht gefragt. Er sieht hier keine Engpässe. In Niedersachsen hat zum Beispiel eine Umfrage ergeben, dass vom vorhandenen Energieholzpotenzial bislang nur 60 % genutzt werden.
Moderne Holzheizkessel können heute Öl- oder Gaskessel auf gleichwertigem Niveau ersetzen. Als ein Qualitätsmaßstab gilt der Mindestwirkungsgrad. Für eine Förderung ist ein Mindestwirkungsgrad von 89 % gefordert, dies sollte auch Richtschnur bei einem Kauf sein. Auf Qualität achten muss man auch beim Brennstoff selbst. Sonst kann es Probleme mit Schlackenbildung im Kessel oder Störungen geben. Sehr wichtig: In den Kessel darf nur Material kommen, für das er vorgesehen ist!
Ob die Anlage von Kurzumtriebsplantagen (KUP) interessant sein kann für die eigene Hackschnitzelheizung, muss man betriebsindividuell durchrechnen. Es muss vom Standort passen, die Fläche ist lange belegt und muss zu Beginn arbeitsintensiv gepflegt werden. Gerold Tammen nannte als Kalkulationsgröße etwa 55-60 MWh/ha und Jahr.
Wirtschaftlichkeit von Heizsystemen
Beispielrechnung für 100.000 kWh
Brennstoff | Gas (Netz) (Brennwertgerät) |
Holz-Hackschnitzel |
Brennstoffkosten, € | 16.327 | 4.181 |
Unterhalt, Geb., Versicherung, € | 480 | 1.125 |
Strom (0,30 €/kWh), € | 69 | 938 |
Lohn (25 €/Akh), € | - | 675 |
Nutzungskosten Lager | - | 956 |
Variable Kosten ges., € | 16.876 | 7.875 |
Abschreibung, € | 800 | 5.000 |
Zinsanspruch (4,25 %), € | 404 | 1.864 |
Festkosten gesamt, € | 1.204 | 6.864 |
Gesamtkosten, € | 18.079 | 14.738 |
Kosten je kWh Wärme, € | 0,18 | 0,15 |
Quelle: Gerold Tammen, LWK
Immer betriebsindividuell kalkulieren
In den beiden Tabellen ist eine Beispielkalkulation für eine Holzhackschnitzel-Heizung aufgeführt. Achtung: Hier handelt es sich um Schätzpreise bei den Anlagen- als auch bei den Brennstoffpreisen! Der Berater betonte, dass es eine sehr breite Preisspanne auf dem Markt gibt. Hier heißt es vergleichen vor einem Kauf! Das gilt nicht nur für die Anlage selbst, sondern mehr noch für die Installation. Grundsätzlich sind die Anlagen teuer in der Anschaffung und haben eher hohe Betriebskosten. Wenn Heizkessel und Materialbunker in Altgebäuden untergebracht werden können und der Brennstoff günstig ist, amortisieren sich die Anlagen aber rasch. Schadstoff-Grenzwerte werden von heutigen Anlagen in der Regel eingehalten.
Aktuell gibt es zwei Fördermöglichkeiten für den Einbau einer Holzhackschnitzelheizung. Für Geflügelbetriebe interessant ist die BAFA-Förderung für Prozesswärmeerzeugung aus Erneuerbaren Energien. Grundsätzlich riet Gerold Tammen, die Entscheidung für ein Heizsystem nicht allein von einer Fördermöglichkeit abhängig zu machen. Es müsse gesamtbetrieblich passen.
Für Betriebe mit entsprechenden Voraussetzungen kann eine Holzhackschnitzel-Heizung die passende Alternative zu Öl oder Gas sein - als ein Baustein für mehr Autarkie.
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