In einem dreijährigen Projekt wurde eine neue Rasse gezüchtet: die Robustpute. Die Tiere sind einfach zu halten und ideal für kleinere Betriebe und Direktvermarkter, um sich dadurch ein weiteres Standbein aufzubauen.
Puten wieder zurück auf die Höfe
Gerade einmal vier Jahre ist es her, dass Christine Bremer und ihr Mann Rouven die ehemalige Hof-stelle in der Gemeinde Suhlendorf östlich von Uelzen gekauft haben. Hof Heidegeflügel nennt sich ihr Betrieb heute. „Für unser Züchtungsprojekt brauchten wir einen geeigneten Platz“, sagt Christine Bremer. „Dabei hätte ich es nie für möglich gehalten, dass sich außer mir noch jemand für die alternative Putenzucht interessiert.“ Vor einigen Jahren hatte Christine Bremer die Idee, alte, große Rasseputen, die Cröllwitzer Pute und die Ronquières Pute, mit kleinwüchsigen Mastputen zu kreuzen, um so vitale Tiere mit einem ausreichenden Fleischansatz zu erhalten. 2019 startete dann das von der EU und dem Land Niedersachsen finanzierte Projekt „Robustpute“.
„Als ich ein Kind war, hat mir unser Nachbar immer erzählt, dass eigentlich alle Tiere draußen gehalten werden können – bis auf die Pute“, sagt Christine Bremer. „Die falle angeblich tot um, sobald sie rauskommt.“ Mit ihren neu gekreuzten Robustputen konnte sie nun das Gegenteil beweisen.
Unempfindlich und leicht zu halten
Die ausgewachsenen Robustputen haben ein dickes Federkleid und können auch bei Minusgraden draußen bleiben. Zwar dürfen die Küken die ersten sechs Wochen nach dem Schlupf noch nicht ins Freie, danach brauchen sie jedoch lediglich einen Schutz, um sich vor Regen, Habichten und Füchsen in Sicherheit zu bringen. Auf der Weide von Christine Bremer stehen daher sehr einfache, selbstentwickelte und -gebaute Unterstände. „Die Puten brauchen kein Hightech. Unser Ziel war es, die Putenhaltung möglichst zu vereinfachen, damit auch Hobbyhalter und kleinere Betriebe wieder problemlos Puten halten können.“ Geeignete Ställe müssen jedoch vorgehalten werden, um die Tiere bei Auftreten der Geflügelpest auch aufstallen zu können.
Ammenhaltung
Um den Arbeitsaufwand für die Tierhalterinnen und Tierhalter möglichst gering zu halten, wird auf dem Hof Heidegeflügel die sogenannte Ammenhaltung erforscht und praktiziert. „Die Rasseputen haben eine großartige Mütterlichkeit“, sagt Christine Bremer. Bis zu 20 Robustputen-Küken werden daher nach dem Schlupf zu einer Henne gesetzt, die ihre kleinen Artgenossen meist schnell adoptiert. „Die Ammen passen 24 Stunden am Tag auf die Küken auf. Die haben ein Know-how, was wir Menschen uns erst mühsam aneignen müssen. Sie sind quasi eine kostenlose Aufzuchthilfe.“
Ein Ziel von Christine Bremers Zuchtprojekt war es, die Tierart Pute in der Wahrnehmung der Menschen wieder in Erscheinung treten zu lassen. „Viele Menschen haben schon einmal Pute gegessen, aber die wenigsten haben schon mal eine gesehen“, sagt Christine Bremer. „Die Puten haben keine Lobby in der Öffentlichkeit. Anders als zum Beispiel Legehennen, die gerade durch die Mobilstallhaltung sehr sichtbar geworden sind.“
Wahnsinnsnachfrage dank NDR-Reportage
Zu mehr Sichtbarkeit der Robustpute hat in den letzten Monaten vor allem die NDR-Reportagereihe „Hofgeschichten“ geführt. Seit Oktober letzten Jahres kommt dafür wöchentlich ein Filmteam auf den Hof Heidegeflügel und begleitet Christine Bremer bei ihrer alltäglichen Arbeit mit den Tieren. Neben Robustputen leben auf ihrem Hof auch noch etwa 2.500 Hühner und Hähne verschiedener Rassen. So zum Beispiel Grünleger, Marans oder Zweinutzungshühner.
Die Nachfrage nach Robustputen, Junghennen und Bruteiern ist vor allem durch die NDR-Hofgeschichten in den vergangenen Wochen stark gestiegen. Abnehmer sind sowohl Privatpersonen als auch landwirtschaftliche Betriebe und die Anzahl der nachgefragten Tiere reicht von nur zwei Hennen bis hin zu mehreren hundert Tieren.
„Diese Wahnsinnsnachfrage können wir aktuell gar nicht bedienen“, sagt Christine Bremer. „Aber zum Glück ist die Brutsaison ja schon gestartet und die ersten Küken sind bereits geschlüpft.“
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