N- und P-reduzierte Fütterung: Langsam wachsende Rassen bewähren sich

26 Januar 2023
Nährstoffe
Masthähnchen auf Haus Düsse

Lassen sich Umweltfreundlichkeit und tierwohlorientierte Haltung in der Praxis kombinieren? In einem Versuch auf dem Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft (VBZL) Haus Düsse der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen konnte diese Frage mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden, wenn auch mit einem finanziellen Mehraufwand.

Auch wenn das Thema Tierwohl in den letzten Jahren in aller Munde war und immer noch ist, steht auch die Umweltwirkung von Tierhaltungen, insbesondere deren Emissionen von Stickstoff (N)- und Phosphor (P) weiter im Fokus. Landwirte dürfen darüber hinaus die Wirtschaftlichkeit ihres Unternehmens nicht aus den Augen verlieren.

Umweltwirkung, Tierwohl und Wirtschaftlichkeit vereinen – geht das überhaupt?

Mittlerweile haben sich verschiedene Discounter dafür ausgesprochen, ihr Sortiment auf bestimmte Haltungsformen umzustellen. Aldi beispielsweise will bis 2025 komplett auf Frischfleisch aus der Haltungsform 1 verzichten und bis 2030 das gesamte Frischfleisch-Sortiment auf die Haltungsformen 3 und 4 umstellen. Darüber hinaus gibt es Überlegungen zum Einsatz von so genannten langsam wachsenden Genetiken.

Generell stellt sich die Frage: Welche langsam wachsenden Genetiken haben wir auf dem Markt und wie präsentieren sich diese in den unterschiedlichen Haltungsformen und bei unterschiedlichen Futtervarianten? Wie sind die biologischen Leistungen und die Tiergesundheit dieser Genetiken?

Genau mit diesen Fragen setzte sich das Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft (VBZL) Haus Düsse in einem aktuellen Versuch auseinander. Für den Versuch wurden zwei spiegelbildlich gleiche Mastabteile in jeweils 20 Boxen a 17,5 Quadratmeter aufgeteilt. Eingestallt wurden zwei langsam wachsende Rassen, Ranger Classic und Rustic Gold, die mit Tageszunahmen von unter 55 Gramm pro Tag aufwarten.

Stickstoff- und phosphorreduzierte Fütterung zweier Rassen im Vergleich

Die beiden Rassen wurden unter jeweils zwei Fütterungsstrategien aufgezogen. Fütterungsstrategie 1 orientierte sich an den Vorgaben der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zur N- und P- reduzierten Fütterung. Diese Fütterung wurde als Standard angenommen. In Futterstrategie 2 wurden die N- und P-Konzentrationen im Futter nochmals abgesenkt.

Jede Wiederholung umfasste 216 Broiler. Bis auf die unterschiedliche Fütterungsstrategie wurden die Tiere aller Varianten unter identischen Bedingungen gehalten. Es wurden die Haltungsbedingungen der Initiative Tierwohl angenommen (Besatzdichte von maximal 35 Kilogramm pro Quadratmeter). Jedes Abteil war mit vier Rundtrögen und zwei Tränkelinien a 20 Nippeln ausgestattet. Bei der Einstallung der Tuere wurden die Ställe auf 32 bis33 Grad Celsius aufgeheizt. Ab Tag 26 betrug die Solltemperatur 22 Grad. Das Impfprogramm wurde nach Empfehlung des behandelnden Tierarztes durchgeführt. Das Futter wurde den Broilern ad libitum angeboten. Die Befüllung der Futtertröge erfolgte manuell, um den exakten Futterverbrauch zu ermitteln. Die Mastdauer betrug 47 Tage (ohne Schlachttag).

Einbußen bei den biologischen Leistungen

Die biologischen Leistungen der Tiere wurden in einem von Juni bis August andauernden Durchgang erfasst. In Bezug auf die unterschiedlichen Futterstrategien hat sich gezeigt, dass beide Rassen bei einer unter N- und P-reduzierten Fütterung Leistungseinbußen zeigen und dass es signifikante Unterschiede bei den Rassen gibt. Tiere der Rasse Rustic Gold wiesen signifikant geringere Tageszunahmen auf als Tiere der Rasse Ranger Classic. Allerdings spiegelt sich dieser Unterschied weder im Lebendgewicht noch in der Futterverwertung wider.

Unterschiede lassen sich vor allem zwischen den beiden Futtervarianten absichern. So fraßen die Tiere der Fütterungsvariante 1 rund 60 Gramm Futter mehr (4,22 Kilogramm pro Tier zu 4,16 Kilogramm pro Tier). Allerdings wiesen die Tiere dieser Futtervariante auch signifikant höhere Lebendgewichte auf.

Auffällig sind die signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Verluste. Tiere der Rasse Rustic Gold wiesen mit 3,93 Prozent Verlusten insgesamt 2,8 Prozentpunkte mehr Verluste auf als die Tiere der Rasse Ranger Classic. Der überwiegende Teil der Verluste ist dabei auf Herz-Kreislauf-Versagen am Ende der Mast zurückzuführen. Dieses könnte im Zusammenhang mit den hohen Temperaturen von ca. 35°C Außentemperatur zusammenhängen.

Ranger Classic-Tiere mit geringerem Schlachtgewicht bei Absenkung der Nährstoffgehalte im Futter

Am Ende der Mast wurden je Versuchsvariante und Rasse jeweils zehn Tiere pro Box (5 männliche und 5 weibliche Tiere) ausgewählt und einzeln verwogen. Diese Tiere wurden nach der Schlachtung teilstückzerlegt.

Betrachtet man die Lebendgewichte der Fokustiere, wiesen die männlichen Tiere der Rasse Ranger Classic mit Fütterung nach DLG Standard die höchsten Mastendgewichte auf. Zwischen den männlichen Tieren der Rasse Rustic Gold beider Fütterungsvarianten und auch den männlichen Tieren der Rasse Ranger Classic mit Fütterung 2 zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Auch zwischen den weiblichen Tieren der Rasse Ranger Classic und den weiblichen Tieren der Rasse Rustic Gold waren keine Unterschiede zu sehen. Die signifikant geringsten Lebendgewichte wies der weibliche Ranger Classic unter Fütterungsvariante 2 auf. Beim Fokus auf die Schlachtgewichte zeigt sich, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wohl aber zwischen den Rassen gab. Während sich das Schlachtgewicht bei Fütterungsvariante 1 nicht zwischen den Rassen unterschied, zeigten Tiere der Rasse Ranger Classic ein signifikant verringertes Schlachtgewicht unter Fütterungsvariante 2. Tiere der Rasse Rustic Gold zeigten keine Reaktion im Schlachtgewicht auf die Absenkung der Nährstoffgehalte im Futter.

Höherer Brustfleischanteil bei Rustic Gold

Sowohl beim Gewicht des Teilstücks Brust als auch beim prozentualen Anteil der Brust am Schlachtkörper zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Rassen und den Futtervarianten. Die Tiere der Rasse Rustic Gold hatten signifikant schwerere Brüste und wiesen somit einen signifikant höheren Brustfleischanteil am Schlachtkörper auf. Tiere der Fütterungsvariante 2 zeigten eine signifikante Reduktion von im Mittel 0,92 Prozentpunkten im Brustfleischanteil, unabhängig von der Rasse.

Ein Blick auf die Ausschlachtung zeigt ebenfalls höhere Werte für Tiere der Rasse Rustic Gold als Tiere der Rasse Ranger Classic. Während Tiere der Rasse Rustic Gold unter beiden Fütterungsvarianten gleiche Ausschlachtungswerte zeigten, wiesen Tiere der Rasse Ranger Classic unter Futtervariante 2 eine reduzierte Ausschlachtung auf.

Keine Unterschiede bei den Futterkosten

Eine Betrachtung der Futterkosten zeigt, dass es keine signifikanten Unterschiede der Futterkosten zwischen den beiden Rassen gab. Allerdings zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den beiden Fütterungsvarianten. Die Fütterungsvariante 2 führte zu signifikant höheren Futterkosten je Kilogramm Zuwachs. Hier lagen die Futterkosten bei 0,92 Euro im Vergleich zu 0,89 Euro bei Variante 1. Erklären lässt sich das durch den Zusatz von Aminosäuren, welche zur Versuchsdurchführung relativ teuer waren: Um den Proteingehalt in der Fütterungsvariante 2 zu senken, wurde Soja aus der Ration genommen. Da für das Tier allerdings der Bedarf an verdaulichem Protein weiterhin gedeckt werden muss, wurde Soja durch freie AS ersetzt, was zu einer Steigerung der Futterkosten pro Tonne führte.

Durch die höheren Futterkosten ergibt sich demnach auch ein signifikanter Unterschied im Erlös je Tier und auch im Überschuss: Er war bei Fütterungsvariante 2 um 10 Cent je Tier geringer.

Umweltwirkung nicht abhängig von der Rasse

Die Bilanzierung der Futterrationen ergab keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Rassen. Das bedeutet: Der Einfluss auf die Umweltwirkung ist nicht abhängig von der Rasse. Allerdings zeigten sich Unterschiede zwischen den beiden Futterstrategien. Werden die Tiere unter den regulär vorgeschrieben N- und P- Vorgaben gefüttert, können die N- und P-Ausscheidungen deutlich reduziert werden. Bei der N-Ausscheidung zeigten sich im Mittel Unterschiede von 6 bis 8 Gramm pro Tier. Bei den P-Ausscheidungswerten kann durch eine N- und P-reduzierte Fütterung eine Absenkung um knapp 2 Prozent erreicht werden. Anhand dieser Beispielsrechnung wird deutlich, dass eine N- und P-reduzierte Fütterung in Bezug auf die Ausscheidungswerte der Tiere durchaus sinnvoll ist um einhergehende Nährstoffausscheidungen und die damit einhergehenden Emissionen möglichst gering zu halten.

Masthähnchen in einem Versuchsabteil auf Haus Düsse

Langsam wachsende Rassen sind eine Alternative

Die Haltung von langsam wachsenden Broilern hat sich als umsetzbare Alternative dargestellt, gerade in Bezug auf die Anforderungen der Branche in den kommenden Jahren (u.a. European Chicken Commitment). Generell konnten keine großen Unterschiede zwischen den zwei unterschiedlichen Rassen festgestellt werden. Mit Endgewichten von knapp 2,6 kg und einer Futterverwertung von 1:1,65 wiesen beiden Rassen akzeptable Mastleistungen auf. Allerdings liegen sie damit in Bezug auf Ressourcennutzung und Effizienz hinter den konventionellen Rassen zurück, die das gleiche Gewicht bei einer Mastdauer von nur rund 38 Tagen erreichen und damit eine Futterverwertung von 1:1,45 aufweisen.

In Folgeversuchen soll die Mastleistung beider Rassen bei verschiedenen Besatzdichten getestet werden. Unter anderem auch der (zu) hohe Ausfall der Rustic Gold soll noch einmal kritisch überprüft werden.

In Bezug auf die unterschiedlichen Futterstrategien hat sich gezeigt, dass beide Rassen Leistungseinbußen aufweisen. Im Schlachtkörper, vor allem im Brustfleischanteil, zeigten Tiere der Rasse Ranger Classic bei Fütterungsvariante 2 auch Leistungseinbußen im Wachstum, was eventuell in ihren grundsätzlich höheren Tageszunahmen gegenüber Tieren der Rasse Rustic Gold und dem damit einhergehenden höheren Bedarf an Aminosäuren begründet liegen könnte.

Eine Fütterung der langsam wachsenden Genetiken nach dem Standard der DLG zur N- und P reduzierten Fütterung hat sich hingegen bewährt. Eine weitere Reduktion der N- und P-Konzentration im Futter muss in Bezug auf die Vorgaben zur Düngeverordnung und der TA- Luft in Betracht gezogen werden. Über eine Zulage weiterer freier Aminosäuren kann der beobachtete Leistungseinbruch mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden. Hinsichtlich der P-Absenkung ist mit Blick auf eine ausreichende Versorgung mit verdaulichem Phosphor auf eine ausreichend hohe Phytasedosierung zu achten (Richtwert 1500 FTU/kg Futter).

Nächste Versuche: N- und P-reduzierte Fütterung bei konventionellen Broilern

In Folgeversuchen soll nun die N- und P-reduzierte Fütterung bei konventionellen Broilern getestet werden. Auch stehen Überlegungen an, die unter N- und P reduzierte Fütterung durch eine Zulage weiter Aminosäuren so auszubauen, dass keine Leistungseinbußen entstehen. Um diese Schnittstelle zwischen optimaler Leistung und minimaler N- und P-Ausscheidung zu treffen, sind weitere Untersuchungen notwendig.

Pia Niewind, Dr. Jochen Krieg, Josef Stegemann (Landwirtschaftskammer NRW), Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt
Bild: Pia Niewind

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