Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir plant einen 5-Stufenplan für die Kennzeichnung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Doch ist dieser Weg der richtige? Und verschafft er dem Verbraucher mehr Klarheit beim Kauf von tierischen Lebensmitteln? Dr. Caspar von der Crone, geschäftsführender Vorstand der IG Bio-Initiative mit einer kritischen Betrachtung:
Kennzeichnung 1-2-3-4-5, wo geht die Reise hin?
In der Öffentlichkeit werden die Themen Herkunftssicherung und Rückverfolgung derzeit regelmäßig diskutiert. Hinzu kommen die Themen Qualitätssicherung und Tierwohl. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir möchte für diese Vorgaben gern einen 5-Stufenplan für eine Haltungskennzeichnung auf den Weg bringen, nach dem Lebensmittel tierischen Ursprungs gekennzeichnet werden sollen. Dies soll zunächst bei Schweinen erfolgen und schrittweise auch bei den anderen Tierarten eingeführt werden. Außerdem ist laut Koalitionsvertrag eine Haltungs- und Herkunftskennzeichnung für Fleisch geplant. Darüber wird bereits in den Koalitionsfraktionen beraten.“
Bio ist nicht gleich Bio
Zunächst geht es um das Tierwohl. Bei dem geplanten 5-Stufenplan von Cem Özdemir steht die 1 als unterste Stufe für die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben. Die 5 als höchste Stufe kennzeichnet Bioprodukte. Dazwischen gibt es Abstufungen für mehr Platz und Auslauf. Das sieht Dr. von der Crone, geschäftsführender Vorstand der IG Bio-Initiative, auch aus Sicht der Bioproduktion kritisch. Bio per se in die höchste Stufe mit Anforderungen der EU-Ökoverordnung einzugliedern ist nicht zielführend und diskriminiert Standards im ökologischen Bereich, die weitaus höhere Vorgaben als die gesetzlichen Standards umfassen. Das gilt ebenso für den Bereich Tierschutz, auch hier sind die Kriterien weitaus höher.
Initiative Tierwohl bereits etabliert
Für seinen Vorschlag muss der Bundeslandwirtschaftsminister einiges an Kritik einstecken, und zwar sowohl von Seiten der Verbände als auch von Tierschutz- und Verbraucherseite. Denn es gibt bereits andere Ansätze, die teilweise schon seit längerem erfolgreich eingeführt sind und inzwischen vom Verbraucher gelernt wurden: So verfolgt beispielsweise die Initiative Tierwohl (ITW) ähnliche Grundsätze wie die Bundesregierung, unterteilt jedoch nur in vier Stufen: Stufe 1 als niedrigste Stufe kennzeichnet die Stallhaltung, mit Stufe 4 wird die Premium-Kategorie ausgewiesen. So können Verbraucher nachvollziehen, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten wurden und entscheiden, welches Produkt ihre beste Wahl ist. Wirtschaftsbeteiligte sowie der Lebensmitteleinzelhandel haben in die ITW bereits sehr viel Geld investiert; das System ist am Markt bereits etabliert. Es gibt also gute Argumente dafür, die ITW-Vorgaben als Grundlage für eine Haltungskennzeichnung (und mehr Tierwohl) beizubehalten und weiter zu etablieren.
KAT als Vorbild
Für Eier gibt es seit vielen Jahren die klare Kennzeichnung mit den Nummern 0 bis 3, die zudem in den EU-Vermarktungsnormen gesetzlich fixiert ist. Die 0 steht hier für Bio, die 1 für Freiland, die 2 für Bodenhaltung und die 3 für Käfighaltung. Verbraucher wissen dies und vollziehen die Vorgaben über die Kennzeichnung auf dem Ei seit langem nach. Allerdings handelt es sich bei der Eierkennzeichnung um eine herkunftsbasierte Rückverfolgung, während die Kennzeichnungen der Bundesregierung und der ITW für mehr Tierwohl stehen. Nach Auffassung der Bio-Initiative wäre es so einfach, das ITW-Kennzeichnungssystem den Anforderungen der Eierkennzeichnung anzupassen, um Tierwohl und Herkunftssicherung zu vereinbaren, wie es auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.
Dennoch gibt es nach unseren Informationen Befürworter, welche die ITW-Kennzeichnung auch für Eier einführen wollen. Die 0 für Bio wäre dann die 4. Der Verbraucher würde mit ein solchen Kennzeichnung nach unserer Ansicht zusätzlich verwirrt und es entstünde sehr viel Erklärungsbedarf. Wir haben darüber hinaus unsere Zweifel, dass die EU-Gesetzgebung an ein solches System angepasst würde und wenn dies geschieht, würde sich eine Novellierung der EU-Vermarktungsnormen über Jahre hinziehen. Ist also der Weg, der mit der 1-2-3-4-5- Kennzeichnung der beschritten wird, wirklich der richtige?
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