Spricht man über mehr Tierwohl bei Mastgeflügel, geht es sehr oft um mehr Struktur im – sonst eher eintönigen - Stall und um mehr Beschäftigung für die Tiere. Die TiHo Hannover erprobte mit der Landwirtschaftskammer Niedersachse auf Betrieben Sandbadestellen, Körnerautomaten und eine automatische Rohrförderung zum Verteilen verschiedener Materialien.
Badevergnügen auch im Masthähnchenstall
Arnd von Hugo, Hähnchenmäster aus der Nähe von Hannover (Niedersachsen) brachte es auf den Punkt: „Der gesellschaftliche Druck auf die Tierhaltung hat stark zugenommen. Wir als Betriebe müssen uns auch mit dem Thema Tierwohl befassen.“ Für ihn stellt sich – wie bei vielen Berufskolleginnen und Berufskollegen sicher auch – dabei aber die Frage, wer mehr Tierwohl bezahlt. Auch bei Hähnchenfleisch gibt es Importdruck, bei günstigen frischen Hähnchenfilets findet man durchaus die Herkunft Polen auf der Packung.
Arnd von Hugo lobte aber die Initiative Tierwohl (ITW): „ITW ist das einzige System in Richtung Tierwohl, das gut und in größerem Maße funktioniert.“
Der studierte Landwirt ist – in einer typischen Ackerbauregion - 2012 mit zwei Ställen in die Hähnchenmast eingestiegen. Er war beteiligt an einem Projekt, bei dem auf Praxisbetrieben verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten für Masthähnchen getestet wurden. Federführung bei dem MuD-Projekt (Modell- und Demonstrationsvorhaben Tierschutz) hatte die Tierärztliche Hochschule (TiHo) Hannover mit Dr. Birgit Spindler.
Automatische Rohrkettenförderanlage im Test
Arnd von Hugo hat im Projekt in einem seiner Ställe eine automatische Rohrkettenförderanlage an der Stalldecke installiert. Mittels acht pneumatischer Ventile können so Materialien breitwürfig im Stall verteilt werden. Von Hugo arbeitet mit zwei Vorratsbehältern für zwei unterschiedliche Materialien. Diese können gemischt werden – was etwa Sinn macht, wenn ein Material sehr leicht ist. Sonst droht Verstopfungsgefahr! Die Förderanlage hat der Landwirt selbst eingebaut. Nachgerüstet hat er ein Rührwerk.
Arnd von Hugo testete verschiedene Materialien. Heute setzt er Getreide vom eigenen Feld ein. Gut förderbar ist auch Strohgranulat oder Häckselstroh. „Das Häckselstroh muss allerdings sehr kurz sein,“ so sein Hinweis. Bei Hobelspänen oder Gesteinsmehl empfiehlt sich eine Mischung mit anderen Materialien. Bei Gesteinsmehl kommt es sonst zu starker Staubentwicklung. Gute Erfahrungen machte von Hugo mit Fenchelsamen. Sie hatten seiner Einschätzung nach eine positive Wirkung auf die Luftqualität im Stall.
Arnd von Hugo stellte seine Erfahrungen auf dem „Fachforum Schwein und Mastgeflügel“ der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Lingen vor. Dr. Birgit Spindler von der TiHo Hannover berichtete dort über zwei andere Beschäftigungs-Tools, die im Rahmen des MuD-Projekts getestet wurden.
Masthähnchen nahmen Staubbäder gut an
Zum Einen waren das separate Staubbäder im Stall, wie man sie aus der Legehennenhaltung kennt. Ein Betrieb stellte sechs solcher Staubbäder – je 1,12 m² groß und 10 cm hoch – in seinen Hähnchenstall. Er nutze dafür Rahmen von Europaletten. Von Hand befüllte er diese Staubbäder mit drei verschiedenen Materialien:
- Dinkelspelzenpellets, die auch als Einstreu im Stall benutzt wurden
- Sägemehl
- Urgesteinsmehl (Cumbasil)
Die Staubbäder wurden regelmäßig durchgeharkt und am 21. Masttag wurde außerdem neues Material eingebracht. Über den Staubbädern waren Kameras installiert, so dass das Staubbadeverhalten analysiert werden konnte.
Laut Dr. Birgit Spindler wurden alle drei Materialien gut angenommen von den Tieren. Im Schnitt hielten sich immer rund 20 Tiere in einem Staubbad auf. Am attraktivsten war jedoch das Sägemehl. Nach dem Neubefüllen wurden die Staubbäder zudem wieder mehr genutzt.
Körnerautomaten aus der Hennenhaltung
Ein weiterer Betrieb des Projektes stellte in seinem Masthähnchenstall Körnerautomaten mit einer Pickscheibe auf – auch dies eine Vorrichtung eigentlich für Legehennen. Dabei werden beim Bewegen einer Pickscheibe zum Beispiel Weizenkörner aus einem darüber befindlichen Vorratsbehälter ausdosiert. Auch hier wurde per Video erfasst, wie die Automaten genutzt werden.
Das Fazit von Dr. Birgit Spindler: Die Pickscheiben waren während der gesamten Mastdauer interessant für die Tiere, die Automaten lassen sich unkompliziert aufbauen und reinigen. Bei manueller Befüllung muss ein- bis zweimal je Durchgang nachgefüllt werden. Die Zufuhr lässt sich jedoch auch automatisieren. Als besonders geeignetes Material erwies sich Weizen. Möglich sind jedoch auch zum Beispiel Erbsen oder Sonnenblumenkerne. Das Material sollte jedoch nicht zu viel „Beimischungen“ enthalten, sonst besteht auch hier Verstopfungsgefahr.
Im Masthähnchenstall muss man im Blick behalten, wie hoch die Pickscheiben hängen. Die Höhe muss ggf. an die wachsenden Tiere angepasst werden. Nach Beurteilung der Wissenschaftlerin sind die Automaten gut geeignet, das typische Pickverhalten zu fördern und damit für Beschäftigung bei den Tieren zu sorgen.
MuD-Projekte haben den Ansatz, Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die breite Praxis zu bringen und so mehr Tierwohl in den Ställen umzusetzen.
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